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Trend zu Online-Diensten

Wenig Zukunft für Exchange auf dem eigenen Server

20.05.2008
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.
Unter dem Druck der Konkurrenz verlagert Microsoft sein Geschäft mit Exchange in Richtung Online. Dieser Service wird zwar keine so üppigen Gewinne abwerfen wie der Verkauf von Softwarelizenzen. Anwender können aber damit viel Geld sparen.

Angesichts eines immer größeren Online-Angebots von Mail- und Groupware-Funktionen sieht auch Microsoft einen Trend in Richtung Cloud Computing. Dabei geben Unternehmen ihre eigenen IT-Systeme zugunsten externer Services auf. Senior Vice President Chris Capossela, zuständig für die Office-Produktlinie, geht davon aus, dass Microsoft bis 2013 die Hälfte aller Exchange-Nutzer über seine Rechenzentren bedient.

Auch Großunternehmen wechseln

Als Zielgruppe kommen nicht mehr bloß kleine Unternehmen in Frage, die Microsoft schon seit Längerem mit Diensten wie Office Live erreichen möchte. Vielmehr übernimmt der Hersteller auch die komplette Messaging-Infrastruktur für Großunternehmen. So schloss Microsoft ein Abkommen mit Coca-Cola, das die Migration von 70000 Postfächern auf Online-Exchange vorsieht.

Im Unterschied zu Mitbewerbern, die sich einseitig für das Servicegeschäft aussprächen, so Capossela, wolle Microsoft seinen Kunden neben dem gehosteten Exchange weiterhin das traditionelle Lizenzmodell anbieten. Das käme solchen Firmen entgegen, die aus Sorge um die Datensicherheit den Schwenk in Richtung Cloud Computing noch nicht vollziehen und stattdessen ihre eigenen Server betreiben möchten.

Geringe Margen im Servicegeschäft

Dieser Ansatz entspringt indes nicht nur reiner Kundenfreundlichkeit. Capossela räumt ein, dass sich über das Service-Geschäft nur geringere Einnahmen erwirtschaften lassen als über den Verkauf von Softwarelizenzen. Er möchte daher die Gewinne durch einen besonders effizienten Betrieb der Rechenzentren steigern. Dieses Ziel verfolgen allerdings auch große Konkurrenten wie Google oder Internet-Service-Provider, die zunehmend Anwendungen anbieten. Außerdem sieht Microsoft Wachstumschancen durch die Ablösung von klassischen Mail-Systemen anderer Anbieter. Coca-Cola etwa wechselte von Lotus Notes auf Online-Exchange.

Verteilte Installation, Unterstützung für Mobilgeräte und Spracheingaben sowie umfangreiche Sicherheitsfunktionen machen Exchange für die interne IT zunehmend kompliziert.
Verteilte Installation, Unterstützung für Mobilgeräte und Spracheingaben sowie umfangreiche Sicherheitsfunktionen machen Exchange für die interne IT zunehmend kompliziert.

Im traditionellen Modell, bei dem Unternehmen das Messaging-System auf eigener Hardware installieren, fallen nicht nur Lizenzkosten für Exchange an, sondern zusätzlich noch solche für Windows Server. In der Version 2007 enthält eine Client Access License (CAL) keine Outlook-Lizenz mehr, so dass die Desktop-Software zusätzlich bezahlt werden muss.

Open Source als Konkurrenz

Microsoft kann diese Kosten nicht auf das Servicegeschäft übertragen, weil das Unternehmen dort mit Anbietern konkurriert, die freie Software einsetzen oder wie Google aufgrund enormer Werbeeinkünfte nicht auf Lizenzeinnahmen angewiesen sind. In letzter Zeit konnte etwa Open-Xchange mehrere Verträge mit Hosting-Partnern abschließen, die ihren Kunden E-Mail, Kalender und Aufgabenverwaltung auf Basis der Open-Source-Software anbieten. Auch das von Yahoo gekaufte Zimbra richtet sich besonders an Service-Provider und liegt mit Gebühren von fünf Dollar pro Monat und Nutzer noch deutlich unter dem, was Firmen heute für Online-Exchange ausgeben müssen.

Milliarden für Rechenzentren

Microsoft hat in den letzten Jahren mehrere Milliarden Dollar für den Bau von leistungsfähigen Rechenzentren ausgegeben. Derzeit kommen laut Capossela pro Monat 10 000 neue Server hinzu. Diese entsprächen einer Leistung, die ein populäres soziales Netzwerk wie Facebook benötigt. Neben diesen Investitionen muss Microsoft auch die laufenden Kosten aus den Einnahmen für die Online-Dienste berappen.

Da sich diese Entwicklungen nicht auf E-Mail beschränken, sondern zunehmend auch Collaboration- und klassische Office-Anwendungen sowie Unified Communication betreffen, gehen Beobachter davon aus, dass Microsofts Business Division ihre hohe Profitabilität auf Dauer nicht halten kann. Im zurückliegenden Geschäftsjahr erzielte sie bei einem Umsatz von 16,4 Milliarden Dollar einen Gewinn von 10,8 Milliarden Dollar.