Kolumne

Wenig Konsolidierung im ERP-Markt

12.04.2005

Offensichtlich dauert mal wieder alles länger, als alle geglaubt haben. Spätestens seit dem Einstieg von Microsoft ins ERP-Geschäft für mittelständische Unternehmen und dem SAP-Angebot für die gleiche Zielgruppe mit Business One und All in One dachten sämtliche Marktbeobachter, dass nun unter den vielen, deutschen Nischenanbietern wie Soft M, Bäurer oder der CIS AG das große Sterben beginnen würde.

Aber fast das Gegenteil passiert: Die Großen wie Microsoft und SAP tun sich mit der mittelständischen Klientel schwer. Die Insolvenz des Systemhauses BOG aus Münster, das als größter Navision-Partner Microsofts gilt, unterstreicht diese Schwierigkeiten eindrucksvoll (siehe Seite 14 ). SAP hatte zwar noch keine spektakuläre Partnerpleite zu verkraften, aber auch die Geschäfte des Softwareanbieters mit mittelgroßen und kleineren Anwendern lassen zu wünschen übrig. Vor allem Letztere schrecken vor der großen SAP offenbar zurück.

Die Gründe sind schwer auszumachen und liegen teilweise im "emotionalen" Bereich. Jedenfalls trauen etliche Mittelständler den Großen nicht zu, ihre spezifischen Probleme zu verstehen. Es fehlt am direkten Draht zum Kunden. Der aus Effizienzgründen gewählte indirekte Vertrieb macht die Systemhäuser und Händler vor Ort schlau, aber nicht unbedingt den Anbieter, der auf Studien und Statistiken angewiesen bleibt, um die Bedürfnisse des Mittelstandes zu ermitteln. Weitere Gründe, warum Anwender ihre Nischenanbieter nicht mit fliegenden Fahnen verlassen, sind die teilweise hochmodernen Produkte und das sehr tiefe Branchen- und Prozess-Know-how, das die mittelständischen Softwarehersteller vorzuweisen haben. Dieses Argument sticht offenbar häufig das der langfristigen Überlebensfähigkeit aus, das eher für die Branchengrößen sprechen würde. Vielleicht aber die wichtigste Ursache, warum die großen Softwarekonzerne die nationalen Player noch nicht weitgehend von der Bildfläche getilgt haben, liegt jedoch im fehlenden Veränderungsdruck der Anwender. Sie müssen im Moment keine neue ERP-Software einführen. Jahr-2000- und Euro-Umstellung sind vorbei, die übrigen gesetzlichen Bestimmungen lassen sich auch mit der bestehenden Software einhalten. So erreichen Applikationen in mittelständischen Unternehmen ein Durchschnittsalter von sechs Jahren, bei ERP-Software von acht bis zehn Jahren.

Deshalb ist die große Bereinigung im ERP-Markt vorerst verschoben. Von Aufträgen ihrer Bestandskunden, Wartungs- und Supporteinnahmen können die kleineren Player offenbar noch eine Weile ganz gut leben - solange weder gravierende Technologiesprünge noch Gesetzesänderungen stattfinden, die einen Softwarewechsel nötig machen. Erst dann nämlich würde das Marketing der Großen stärker greifen.