Wenig Chancen für einen Datenschutz-Kompromiß

23.07.1976

BONN - Der auf Länderbegehren zum Datenschutz angerufene Vermittlungsausschuß hat sich auf einen Kompromißvorschlag geeinigt, der jetzt - so sieht es die Verfassung vor - erneut in den Bundestag gehen wird und anschließend nochmals in den Bundesrat.

Zum Inhalt des Einigungsvorschlages ist am interessantesten, daß der Vermittlungsausschuß an der Gesetzesvorlage der Regierung in bestimmten Punkten festgehalten, gleichwohl jedoch einige Änderungswünsche des Bundesrates berücksichtigt hat.

So soll das Bundesdatenschutzgesetz - wie es die Unionsfraktionen und die von CDU und CSU getragenen Länder gefordert hatten (CW-Nr. 25 vom 18. Juni 1976: "Zehn Änderungen via Bundesrat?") - in den öffentlichen Verwaltungen der Länder nicht gelten, die im Datenschutzbereich entsprechende Landesgesetze haben.

Auch in der Frage der Einbeziehung sogenannter "freier" Daten mußten die Regierungsparteien Zugeständnisse machen. Hierzu hatte der Bundesrat mit den Stimmen der CDU und CSU die Streichung der freien Daten gefordert - der Vermittlungsausschuß ist diesem Änderungsantrag gefolgt. Nunmehr sollen personenbezogene Daten, die aus allgemein zugänglichen Quellen stammen, ebenfalls unter den Datenschutz fallen, sofern bei ihrer Verarbeitung "automatisierte Verfahren" eingesetzt werden. Ein weiterer Erfolg der Opposition: "Sensible Daten über gesundheitliche Verhältnisse, strafbare Handlungen, Ordnungswidrigkeiten sowie religiöse und politische Anschauungen sind zu löschen, wenn ihre Richtigkeit von der speichernden Stelle nicht bewiesen werden kann", wie es im Einigungsvorschlag heißt.

Keine Identifikation freier Daten

Bei der "geschäftsmäßigen Datenverarbeitung nichtöffentlicher Stellen für Dritte" gab es eine weitere Einschränkung für die Weitergabe der sogenannten freien Daten. Zwar wird die listenmäßige Übermittlung einfacher Daten, Namen, Titel, akademischer Grade, Geburtsdatum, Beruf, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung, Anschrift, Rufnummer gestattet, jedoch ist entgegen dem Regierungsentwurf ein weiteres Identifikationsmerkmal zur Bestimmung der Personengruppen einer solchen Liste nicht zulässig.

Nicht gefolgt ist der Vermittlungsausschuß dem Wunsch des Bundesrates, die im Paragraph 30 des Bundesdatenschutzgesetzes geregelte Kontroll- und Aufsichtsfunktion des Staates über die private Wirtschaft abzubauen. Kritik am Paragraph 30 hatte die Opposition nicht nur geäußert, weil sie eine Verkoppelung staatlichen und privaten Wissens befürchtet, was - so der Datenschutz-Experte der CDU, Johannes Gerster - "die Gefahren des allwissenden Staates vergrößere", sondern vor allem,

"weil diese Aufsichtsfunktion dazu zwinge, eine Mammutbehörde zu schaffen, die im Sinne des Datenschutzes wenig effektiv, im übrigen, aber außerordentlich kostenintensiv arbeiten wurde" (Gerster). Vorschlag der CDU: Beschränkung auf eine Anmeldepflicht privater Datenbanken.

Dem ist der Vermittlungsausschuß jedoch nicht gefolgt. Es ist anzunehmen. daß der Paragraph 30 zu einem neuen Stolperstein für das Datenschutzgesetz werden könnte. Denn soweit bis jetzt bekannt wurde, will die Opposition das in der geänderten Form vorliegende Gesetz - wenn schon nicht im Bundestag, wo sie sicher überstimmt werden dürfte - dann zumindest im Bundesrat zu Fall bringen. Noch ist alles offen.