Kolumne

"Wem gehören Technologien?"

19.06.1998

Schon vor einigen Jahrzehnten war IBM, später, in den 80er Jahren AT&T Gegenstand hitziger Monopol-Diskussionen, und heute sind es Microsoft und Intel, denen Mißbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen wird. Verständlich also, daß viele Anwender mit Achselzucken reagieren, wenn die Rede auf die Konsequenzen und Gefahren solcher Monopole kommt. Viele fühlen sich nicht tangiert, weil sie ohnehin auf die Produkte der jeweiligen Marktführer setzen und deren Preisgestaltung mehr oder weniger widerwillig hinnehmen. Auch die Tatsache, daß Monopolisten mitunter Entwicklungsfortschritte kleinerer Konkurrenten durch schiere Marktmacht unterdrücken oder diese Hersteller schlucken, läßt solche DV-Benutzer vergleichsweise kalt. Andere, vor allem viele US-Bürger, fürchten Eingriffe des Staates mehr als die monopolistischen Bestrebungen von Unternehmen.

Allem Überdruß zum Trotz: Die Monopolvorwürfe gegen Microsoft und Intel haben eine neue Qualität. Sie beherrschen ihre Märkte nicht wie früher die IBM oder AT&T durch schiere Größe, sondern durch Produkte, ohne die es den heutigen IT-Markt gar nicht gäbe. Durch Windows beziehungsweise Mikroprozessoren funktionieren Microsoft und Intel wie Transistoren, die mit einem vergleichsweise kleinen Umsatz den gesamten IT-Markt - auf Anbieter- und Anwenderseite - steuern. Hinzu kommt, daß beide Companies nicht für sich allein arbeiten, sondern ihre Produktzyklen und -funktionen aufeinander abstimmen.

Die amerikanische Justiz hat für solche Technologien, die alle Anbieter benötigen, um am Marktgeschehen teilzunehmen, den Begriff "essential facility" geprägt und verlangt, daß diese Produkte allen Marktakteuren zugänglich gemacht werden. Ob sich diese Forderung durchsetzen läßt, sei dahingestellt. In jedem Fall zeigt der Begriff essential facility, der mit "notwendige technische Grundlagen" frei, aber treffend übersetzt ist, ganz deutlich, worum es in der Monopol-Diskussion geht. Bleiben die grundlegenden Technologien allein in der Hand von Microsoft und Intel, hört der IT-Markt als freies Spiel von Angebot und Nachfrage auf zu existieren. Dann wäre es ungefähr so, als wenn diese beiden Unternehmen die einzige Wasserquelle besäßen und den lebenserhaltenden Grundstoff nach eigenem Gutdünken verteilen würden.