Konferenz zur Zukunft des Domain-Systems

Weltweite Internet-Gemeinde geht langsam aufeinander zu

31.07.1998

Vertreter von Internet-Organisationen sowie die Industrie erhielten mit dem im Juni veröffentlichten White Paper der US-Regierung die Chance, eine privat geführte Verwaltung für die Internet-Namen einzurichten. Die Regierung der Vereinigten Staaten will sich damit aus ihrer bisherigen Verantwortung für das Internet zurückziehen. Dabei sollen auch internationale Interessen zur Geltung kommen, denn bisher bestimmen weitgehend die USA, wo es im weltumspannenden Netz langgeht. Dem White Paper war Anfang des Jahres ein Green Paper vorausgegangen. Dieses Schreiben löste jedoch weltweit eine Welle der Empörung aus, da die US-Regierung sich eine Vormachtstellung im Internet sichern wollte. Nicht zuletzt durch die Intervention der Europäischen Kommission wurde im überarbeiteten Entwurf (White Paper) die europäische Seite stärker berücksichtigt. Nun muß der private Sektor unter Beweis stellen, ob er in der Lage ist, selbst das Heft in die Hand zu nehmen. Hierzu fanden sich Wirtschaftsverbände aus den Bereichen Internet und anderen Branchen zusammen und gründeten die Ad-hoc-Koalition International Forum on the White Paper (IFWP).

Interims-Board muß das Heft in die Hand nehmen

Der Entwurf der US-Regierung sieht den 30. September 1998 als Stichtag vor, an dem die neue Organisation zur Verwaltung des Internet ihre Arbeit aufnehmen soll. Beobachter halten es allerdings für unrealistisch, daß zu diesem Zeitpunkt die neue Gesellschaft arbeitsfähig sein wird. Es wird nach Expertenmeinung kaum möglich sein, in der verbleibenden Zeit einen internationalen Konsens herzustellen, ein Unternehmen zu gründen, Personal zu beschaffen und dann auch noch eines der Herzstücke des Internet, den A-Root-Server, zu übernehmen. Dieser Server beherbergt die zentrale Datenbank des Domain Name System.

Nach Überzeugung von Michael Schneider, Mitglied des Lenkungsausschusses der IFWP, wird Ende September zumindest ein Interims-Board der neuen Organisation stehen, welches dann in der Lage ist, sich um Detailfragen zu kümmern. Später soll sich der eigentliche Aufsichtsrat der Gesellschaft zusammenfinden.

Zuversichtlich äußerte sich auch Ira Magaziner, seines Zeichens Berater des US-Präsidenten in Internet-Angelegenheiten, über den Ausgang der IFWP-Konferenz. Magaziner sagte: "Ich bin optimistisch über die Fähigkeit der Beteiligten, die neue Organisation zu formen." Für den Fall, daß bis zum 30. September nichts geschehen sein sollte, würde die Clinton-Administration gemeinsam mit anderen Regierungen einen eigenen Plan ausarbeiten.

Unklar ist noch, wer nun Aufsichtsratsmitglied der neuen Organisation wird. Nach den Worten von Michael Schneider wünscht sich niemand eine Beteiligung von Regierungsvertretern. Sehr wahrscheinlich werden aber Wirtschaftsverbände ihr Mitspracherecht im Board einfordern. Ebenso sollte nach Auffassung Schneiders die angemessene Vertretung der europäischen Internet-Service-Provider im Board sichergestellt werden.