Rieseninstallation von Banyan-Network-Servern, ProNet (Token-Ring) und PCs

Weltbank: Nach Wildwuchs Backbone-Netz eingezogen

30.05.1986

Die Weltbank in Washington unterscheidet sich in ihrer Struktur und in ihren Aufgaben in vielerlei Hinsicht von den uns bekannten Geschäftsbanken. 1945 gegründet, gehört zu den Hauptaufgaben dieser internationalen Organisation vor allem, den Entwicklungsländern der dritten Welt mit finanziellen Leistungen bei deren wirtschaftlicher Aufbauarbeit zu helfen. Die Mittel dafür werden von den finanziell starken Industrienationen aufgebracht. Insgesamt gehören der Weltbank 146 Mitgliedsstaaten an; die jährlichen Ausleihungen belaufen sich auf derzeit mehr als 15 Milliarden US-Dollar. Ein Vernetzungsvorhaben von ungewöhnlichen Dimensionen und mit einem Investitionsvolumen von mehreren Millionen Dollar steht kurz vor seiner Vollendung: PC-Networking in der Weltbank, einem Unternehmen mit mehr als 6000 Mitarbeitern allein schon in der Zentrale in Washington. Das Projekt mußte zum einen kurzfristig in die vorhandene Infrastruktur des "Hauses" eingebunden werden, durfte aber zum anderen den normalen Geschäftsbetrieb in keiner Weise behindern. Das Riesenprojekt und insbesondere die Gründe für die Systementscheidung, die auf Banyan-Network-Server, ProNet (Token-Ring) und PCs fielen, werden im folgenden von Willi Stahlmann* näher beleuchtet. Eine Institution von der Größenordnung der Weltbank war zur Bewältigung der immensen Arbeits- und Papierflut auch schon in der Vergangenheit auf die Zuhilfenahme von Mitteln der Datenverarbeitung angewiesen. So begann bereits Mitte der 70er Jahre die elektronische Datenverarbeitung ihren immer stärker - aber unkontrollierter - werdenden Einzug in die Büroräume der Bank. Im Laufe dieser Zeit fanden die Installationen von mehreren Großrechnersystemen, darunter Burroughs, IBM und Digital Equipment Corp. (DEC), statt.

Dieses rasche und dabei unkontrollierte Wachstum von Rechnersystemen bereitete den Verantwortlichen bei der Weltbank zunehmend Kopfzerbrechen. Die Vielzahl der Datenbanken beinhaltete zwangsläufig eine Menge sich überschneidender Daten; es wurde in immer stärkerem Maße klar, daß es der Institution an einem klaren und durchschaubaren Konzept fehlte. "Es war höchste Zeit, daß hier etwas geschieht", so Mauricio J. Mathov, Senior-Computer-Specialist der Weltbank, der Anfang 1985 mit der Neuorganisation der EDV beauftragt wurde.

Mathov rief kurze Zeit später die sogenannte "Launching-PackageGroup" ins Leben, bestehend aus Spezialisten und Mitarbeitern der verschiedensten Fachabteilungen der Weltbank. Man machte sich unverzüglich daran, den Ist-Zustand zu ermitteln, den Gesamtbedarf festzustellen und nach optimalen Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Aufgrund der gewachsenen Organisationsstruktur stellte sich bald heraus, daß eine Unterteilung der verschiedenen Fachabteilungen des Hauses in Arbeitsgruppen zu je rund 20 Personen, bestehend aus dem Gruppenleiter, der Sekretärin und den Sachbearbeitern, sinnvoll und angebracht erschien. Vieles sprach zu diesem Zeitpunkt schon für eine Lösung im Bereich des PC-Networking. Mehr und mehr zeichnete sich ab, daß es bei der Neukonzipierung der DV auf folgende Schwerpunkte ankommen würde:

- Nutzung eines gemeinsamen Datenbestandes und gemeinsamer Peripheriegeräte innerhalb einer Arbeitsgruppe;

- Kommunikation auf Unternehmensebene sowie mit den Außenstellen;

- IBM-3278-Terminal-Emulation, da allen Mitarbeitern ein Zugriff auf vorhandene Daten des Mainframes ermöglicht werden müßte;

- Möglichkeit der asynchronen Übertragung über V.24 mit asynchroner Terminal-Emulation und File-Transfer;

- höchstmögliche Übertragungsgeschwindigkeit;

- Industriestandard;

- bedienerfreundliche Anwendung.

Bedingt durch die geografische Lage der Weltbank in Washington, hatte die Projektgruppe Lösungsmöglichkeiten für ein weiteres Problemfeld zu finden: Die verschiedenen Abteilungen dieser Institution sind auf 19 Gebäudekomplexe verteilt, und es mußten nicht unerhebliche Entfernungen überbrückt werden; aus Kostengründen sollte auf die teilweise vorhandene Verkabelung zurückgegriffen werden. Es mußte ferner eine Möglichkeit der Anbindung der 76 Außenstellen, die in der ganzen Welt angesiedelt sind, ermöglicht werden.

"Keine besonders leichte Aufgabe für das Team", wie Mauricio J. Mathov später zugab. Die Prämissen waren klar und man machte sich daran, leistungsfähige Anbieter für Netzwerksysteme zu konsultieren und Teststellungen unter gleichen Anforderungen durchzuführen. Warum letztendlich die Wahl auf den Banyan-Network-Server und ProNet (Token-Ring) fiel, erklärt Mathov so: "Wir haben mit Lotus eine Kalkulation der Kosten, bezogen auf eine Workstation, ermittelt. Die Kosten schwankten zwischen 4500 und 15 000 US-Dollar. Diese Angaben zogen wir dann bei unserer zweiten und ausschlaggebenden Bewertung unserer Evaluation-card, hinzu. Der Banyan-Network-Server und ProNet standen an der Spitze."

Mit der Evaluation-Card die Anbieter gewichtet

In der genannten Evaluation-card wurde bei jedem einzelnen Anbieter eine Bewertung zu der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Produkts, diese wiederum gewichtet nach den bankspezifischen Bedürfnissen, abgegeben. Selbstverständlich verschaffte sich das Projektteam vor der endgültigen Entscheidung noch Gewißheit über die Leistungsfähigkeit der designierten Lieferanten, indem die Produktionsstätten aufgesucht wurden und das Management Fragen nach der finanziellen Situation, nach Zukunftsplänen und der Unternehmensphilosophie zu beantworten hatte. Im Mai 1985 wurden dann die notwendigen Lieferverträge unterzeichnet; einem Beginn der Installationen stand nun nichts mehr im Wege. Das Projektteam ist derzeit damit beschäftigt, alle notwendigen Schritte für die Integration der 76 Außenstellen in Übersee einzuleiten.

In der Bundesrepublik Deutschland hat es die Telemation, Gesellschaft für Datenübertragung mbH, Kronberg/Taunus, übernommen, Banyan und ProNet exklusiv zu vertreiben.

*Willi Stahlmann, Telemation, Kronberg/Taunus, Eschborner Straße 4.