Von 10 GBit/s- bis 100 GBit/s-Ethernet

Welches Gigabit-Ethernet passt?

22.07.2012
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Warum die Zertifizierung einer Datenverkabelung wichtig ist

Zum Abschluss noch ein Tipp: Eine Ethernet-Infrastruktur für Datenraten von 10-Gbit/s und höher sollte in jedem Fall von Experten durchgemessen und zertifiziert werden. Dies können die Fachleute des Unternehmens vornehmen, das die Infrastruktur installiert. Zwar kostet das Durchmessen und die Zertifizierung der Verkabelung Geld, doch gibt es nach den Erfahrungen von Netzwerk-Experten handfeste Gründe, die dafür sprechen:

Zertifizieren ist preisgünstiger als eine Reparatur: Laut einer Studie der Contigency Planning Group kostet der Ausfall eines Firmennetzes je nach Größe und Branche zwischen 14.500 Dollar und 6,5 Millionen Dollar pro Stunde. Gartner kommt auf durchschnittlich 42.000 Dollar pro Stunde. In 20 Prozent der Fälle ist für eine solche "Downtime" die Netzwerkinfrastruktur verantwortlich. Die Abnahme des Netzes, inklusive der Verkabelung, kostet bei 600 Cat-6-Kupferleitungen dagegen nur 750 Dollar, in Europa etwa denselben Betrag in Euro.

Produktgarantie ist nicht alles: Etliche Nutzer vertrauen auf die Produktgarantie des Herstellers der Verkabelungskomponenten. Das ist riskant. Denn dieser kann - zu Recht - ins Feld führen, dass der Installateur maßgeblich für die Qualität der Verkabelung verantwortlich ist. Ein Durchmessen der Verkabelung nach Abschluss der Installation deckt auf, ob der Installateur sauber gearbeitet hat und ob die Infrastruktur wie gewünscht funktioniert.

Überprüfung auf Leistungsreserven: Ein Check der Verkabelung macht transparent, ob sich diese auch für höhere Datenraten eignet. Tests von Fluke haben beispielsweise ergeben, dass ein Großteil der Cat-6-Kupferverkabelung, die eigentlich nur für 1-Gbit/s ausgelegt war, auch die Anforderungen von 10GBase-T erfüllt und somit 10-GBit/s über kürzere Distanzen unterstützt. In einem Serverraum reicht das unter Umständen aus, ohne dass die Kupferkabel durch Lichtwellenleiter ersetzt werden müssen. Das senkt die Kosten, auch deshalb, weil keine Kabel entsorgt werden müssen.

Sicherheit für den Käufer: Ein aktueller Trend ist, Verkabelungssysteme (Cat 5, 6 und 6A) von preisgünstigen No-Name-Herstellern zu beziehen. Tests in den USA haben ergeben, dass bis zu 40 Prozent dieser Kabel nicht den angegebenen Spezifikationen entsprechen oder erhebliche Qualitätsmängel aufweisen. Wer dennoch auf solche Kabel statt auf die teureren Produkte von Markenherstellern setzen will, sollte unbedingt prüfen lassen, ob die Verkabelungssysteme den Standards entsprechen. Das kann im Nachhinein nicht nur Geld sondern auch viel Ärger sparen.

Fazit

Netzwerkverwalter, die "High-Speed-Ethernet" mit 10, 40 oder 100 GBit/s implementieren wollen, müssen in den meisten Fällen die vorhandene Netzwerkinfrastruktur drastisch umbauen. Meist steht eine neue Verkabelung an; in vielen Fällen reicht auch die vorhandene Netzwerkanalyse- und Network-Monitoring-Ausrüstung nicht mehr für die höheren Datenraten aus. Gleiches gilt für IT-Sicherheitssysteme wie Gateways und Firewalls: Auch sie müssen in der Lage sein, die höheren Datenraten zu verarbeiten.

Was Netzwerkanalysatoren betrifft, sollte der Anwender die Anschaffung von hardwaregestützten Systemen (Appliances) mit großen Massenspeichern (Festplatten) von mehreren TByte Kapazität in Betracht ziehen. Denn bereits bei 40-Gbit/s muss ein solches Gerät an die 300 GByte Daten pro Minute erfassen, speichern und auswerten - und das pro Netzwerk-Port.

Geradezu üppig ist die Zahl der diversen Optionen, die 40 GbE und 100 GbE dem IT-Fachmann auf der Verbindungsebene zur Verfügung stehen: unterschiedliche Typen von Kabelarten und Steckverbindern für die Überbrückung - fast - aller Distanzen, von 3 Metern bis hin zu 40 Kilometern. Für Rechenzentren und kleine Campus-Netze dürften die Versionen für Distanzen von 125 Metern ausreichend sein. Auch in puncto Kosten sind solche Lösungen eine gute Wahl.

Wer mehrere Standorte miteinander verbinden möchte, etwa aus Gründen der Ausfallsicherheit, ist auf die 40- und 100-Gigabit-Ethernet-Varianten mit Reichweiten von 10 oder 40 Kilometern angewiesen - mit den entsprechend höheren Kosten für Single-Mode-Glasfaserleitungen und die entsprechenden Steckverbindungen.

Auf jeden fall sollte vor der Migration auf höhere Bandbreiten eine ausführliche Kostenanalyse durchgeführt werden. So kann es unter Umständen günstiger sein mehrere parallele Datenleitungen mit alter Technologie zu legen statt sofort auf die noch sehr teure neue Netzwerktechnologie zu setzen. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation TecChannel. (sjf)