Analyse

Welcher BPM-Typ sind Sie?

30.08.2011
Von   
Dirk Stähler befasst sich seit vielen Jahren mit der innovativen Gestaltung von Organisationen, Prozessen und IT-Systemen.

Beschreibung und Verteilung der BPM-Kulturen

BPM-Avantgarde

Die BPM-Avantgarde (rund fünf Prozent*) sieht sich als Vorreiter einer ganzheitlichen Herangehensweise. BPM wird ausgiebig sowohl in der fachlichen Breite als auch in der informationstechnischen Tiefe umgesetzt. Das führt dazu, dass im Unternehmen ausgetretene Pfade verlassen und neue innovative Wege beschritten werden. Die BPM-Avantgarde wird allerdings oft im eigenen Unternehmen nicht verstanden. Zur Realisierung werden verschiedene Spezialisten und ausgiebige BPM-Kenntnisse benötigt. Der Nutzen, den Unternehmen durch diesen Ansatz erzielen können, ist sehr hoch. Das Risiko des Scheiterns aber leider ebenfalls.

BPM-Trendsetter

BPM-Trendsetter (rund 30 Prozent*) stoßen fachlich orientierte BPM-Aktivitäten in umfassender Breite an. Eine nachhaltige fachliche und informationstechnische Vertiefung erfolgt selten. Der Nutzen liegt in einem besseren Verständnis der übergreifenden fachlichen Zusammenhänge im Unternehmen. Spezialisten zur Umsetzung werden nur eingeschränkt benötigt. BPM-Trendsetter sind im gesamten Unternehmen sichtbar und haben zu Beginn der Projekte einen hohen Anspruch an die Ergebnisse. Sie geraten durch ihre hohe Sichtbarkeit jedoch schnell unter Druck, wenn die erreichte Transparenz nicht als gewinnbringend erkannt oder sogar abgelehnt wird. Dann werden sie isoliert und enden in einem "Modellierungs-Elfenbeinturm".

BPM-Technokraten

BPM-Technokraten (rund 30 Prozent*) orientieren sich ausschließlich an der IT-basierenden Prozessautomatisierung. Im Vordergrund stehen wechselnde informationstechnische Herausforderungen und deren Lösung. Die Umsetzung erfolgt häufig in Eigenregie durch die IT-Abteilung. Der Nutzen liegt in einer flexiblen punktuellen Adressierung eines IT-Problems. Eine ganzheitliche Betrachtung ist aufgrund des fehlenden fachlichen Überbaus nicht möglich. Im besten Fall werden vergleichbare IT-Fragen in angrenzenden Bereichen gelöst. BPM-Technokraten erkennt man daran, dass sie jede zweite Woche ein neues Framework ausprobieren.

BPM-Pragmatiker

BPM-Pragmatiker (20 Prozent*) orientieren sich an bekannten Problemen im Unternehmen, die mit BPM gelöst werden können. Sie verzichten sowohl auf einen zu technischen Ansatz wie auch auf den Anspruch, die gesamte fachliche Breite einzubeziehen. Ihr Handeln ist flexibel und nicht an unveränderlichen Prinzipien orientiert. Sie streben eine Balance zwischen fachlicher Breite und informationstechnischer Tiefe an. Der Nutzen liegt in der "geräuschlosen" pragmatischen Einführung von BPM. Durchschlagende Verbesserungen gibt es mit diesem Ansatz nicht, weil zu viele interne und externe Personen eingebunden und Kompromisse eingegangen werden müssen. Das BPM-Ergebnis ist in der Regel der kleinste gemeinsame Nenner.

BPM-Experimentalisten

BPM-Experimentalisten (rund zehn Prozent*) haben Spaß am Entdecken und Ausprobieren. Sie sind offen für informationstechnische Neuerungen, verschließen sich aber auch nicht den zugehörigen fachlichen Themen. Weniger wichtig ist ihnen die breite Anwendung und Etablierung von BPM im Unternehmen. Zur Umsetzung genügt ein kleines Team von Fach- und IT-Spezialisten. Der Nutzen liegt in der gemeinsamen fachlichen und informationstechnischen Betrachtung eines kleinen Ausschnitts im Unternehmen und den daraus erzielten (Lern-)Effekten. Der Ansatz eignet sich zum "Ausprobieren" von BPM, führt aber zu keinem breiten Erfolg im Unternehmen.

BPM-Hedonisten

BPM-Hedonisten (rund fünf Prozent*) streben nach einem einfachen und überschaubaren Business-Process-Management ohne "Schmerzen". Der Spaß und die Lust am BPM müssen überwiegen. Deshalb konzentrieren sich Hedonisten in der Regel auf eine überblicksartige Beschreibung eines abgegrenzten Bereichs mit geringer fachlicher Breite und informationstechnischer Tiefe. Umfassende BPM-Kenntnisse sind nicht erforderlich. Eine breite Einführung im Unternehmen erfolgt nicht. Spezialisten werden als Berater für die Umsetzung selten benötigt. BPM-Hedonisten können zwar schnell Ergebnisse vorweisen, aber dafür meistens keinen Nutzen für das Unternehmen.

*Prozente geben den jeweiligen Anteil eines Typs an den Unternehmen in Deutschland an, die sich mit BPM befassen.

BPM-Typen und die Folgen

  • BPM-Avantgarde: Anzustreben, aber in vielen Unternehmen derzeit leider nicht umsetzbar.

  • BPM-Experimentalisten: Guter Einstieg, wenn die Chance besteht, irgendwann einmal Avantgarde zu werden.

  • BPM-Pragmatiker: Besser als nichts, für die meisten Unternehmen realisierbar, bringen leider aber nur überschaubaren Nutzen.

  • BPM-Trendsetter: Wenn sie konsequent vorgehen, gelingt ihnen ein guter Anfang, aber mit hohem Frustrationspotenzial.

  • BPM-Technokraten: Selbst im speziellen Einzelfall eigentlich nicht sinnvoll; deutlich zu kurz in der Reichweite; der Ansatz scheitert auf jeden Fall, wenn man ganzheitliches BPM als Ziel hat.

  • BPM-Hedonisten: Ein untauglicher Versuch.

Bilder und Grafiken: Opitz, Fotolia