ERP-Software Business One

Welche Zukunft hat das Stiefkind im SAP-Portfolio?

05.10.2009
Von Markus Reppner und
Bernd Seidel ist freier Journalist und Coach in München.

Riesiges Marktpotenzial - SAP greift nicht richtig zu

Wie oft Business One derzeit installiert ist, dazu macht SAP keine Angaben. Wie es von offizieller Seite heißt, veröffentlichen die Walldorfer nach der aktuellen "Coporate Policy" Kundenzahlen gesamthaft nur nach Marksegment, um Doppelzählungen zu vermeiden, da etliche Kunden auch andere Lösungen nutzen. Auf der Homepage des Unternehmens ist allerdings zu lesen, dass im Juli letzten Jahres das 20.000. Unternehmen Business One eingeführt hat. Analysten schätzen die Installationszahlen aktuell auf etwa 23.000. "Das ist ein achtbarer Erfolg, der die weltweite Präsenz unterstreicht", sagt Gartner Analyst Hestermann. Im Vergleich zu den härtesten Mitbewerbern reicht das in diesem Marktsegment aber nicht für die Marktdominanz, die das Unternehmen in anderen Segmenten erreicht hat. Im Vergleich zu den härtesten Mitbewerbern ist das in diesem Marktsegment nicht gerade berauschend. Microsoft zählt mit Dynamics NAV alleine in Deutschland 13.500 Unternehmen zu seinen Kunden. Weltweit liegt die Navision-Lösung bei 70.000. Beim Konkurrenten Sage gehen die Installationszahlen in die Hunderttausende.

Die Walldorfer müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, Business One nicht richtig auf die Straße zu bekommen. Das fehlende Marktpotenzial kann nicht der Grund sein. Laut Gartner haben einige Millionen Unternehmen weltweit den Bedarf, für den die Lösung prinzipiell in Frage kommt. Der Markt ist sehr zersplittert und hält viele reife Lösungen bereit. SAP hat es bislang nicht geschafft, sich hier klar zu positionieren. "Im Marketing gibt es nach wie vor große Herausforderungen", gesteht SAP-Mann Neumeyer ein. "Wir müssen noch deutlicher machen, dass SAP auch ein Anbieter für den unteren Mittelstand ist. Bei der Bekanntheit müssen wir noch kräftig zulegen und die Stärken von Business One besser kommunizieren." Schwierig sei auch, dass SAP im Mittelstand das Image "zu teuer" und "zu komplex" anhängt. Nach Überzeugung des SAP-Managers trifft dies auf Business One nicht zu. Im Durchschnitt dauere die Installation der ERP-Lösung zwölf bis 14 Manntage.

Kundenauftrag in SAP Business One 8.8.
Kundenauftrag in SAP Business One 8.8.

Aus Sicht unabhängiger Experten hat SAP Business One nur wenig zu bieten, was die Konkurrenz nicht hat. Die Lösung basiert im Wesentlichen auf Microsoft-Technik, unterstützt Linux nicht und lässt sich nicht auf einer Open-Source-Datenbank aufsetzen. "Die Lösung hat kaum Alleinstellungsmerkmale und drängt sich daher nicht unbedingt auf", sagt Gartner-Analyst Hestermann. Das gilt gerade auch für kleinere Konzernniederlassungen in abgelegenen Gebieten, für die Business One ebenfalls gedacht ist. Das Argument, die Lösung biete sich als lokales Klein-ERP dort an, wo wegen fehlender Breitbandnetze eine Web-Anbindung an die zentralen Applikationen des Mutterhauses schwierig ist, zieht nur bedingt, da der Netzausbau weltweit immer weiter voranschreitet.

Nur die zweite Geige

Die Probleme der Vermarktung von Business One liegen tief - sie sind hausgemacht. "Ich habe nicht den Eindruck, dass Business One bei SAP die höchste Priorität genießt", kommentiert Frank Naujoks, Director Research und Market Intelligence bei Intelligent Systems Solutions (i2s). "Sicher gibt es im Konzern Leute, die das Mittelstandsgeschäft ernst nehmen und es auch verstanden haben." Aber letztendlich spiele es im Walldorfer Gesamtorchester nur die zweite Geige. Das betreffe insbesondere jenes Segment, das Business One abdecken soll. Das Geschäft mit kleineren Unternehmen ist ein völlig anderes als das mit Dax-notierten Organisationen. Auch nach sechs Jahren ist das noch Neuland für die SAP. Das gelte, so Naujoks, auch für den Vertriebsweg, der ausschließlich über zertifizierte Partner führt. Und der Aufbau dieses Partnernetzes laufe schleppend: "Die Suche nach Systemhäusern, die sich im unteren Marktsegment auskennen und das Geschäft verstehen, ist schwierig. Es gibt einfach zu wenige davon."