Mit TCO & Co den Wertbeitrag ermitteln

Welche IT-Investition zahlt sich aus?

02.08.2011
Von Michael Maicher

Keine Methode überzeugt wirklich

Es gibt zahlreiche wertbasierte Methoden für das Projektportfolio-Management auf dem Markt. Allerdings hat sich in der Unternehmenspraxis noch keine wirklich durchgesetzt. Denn alle sind sie entweder exakt und umfassend oder einfach und ungenau. Gerade komplexe Methoden finden nur geringe Akzeptanz in der Praxis, weil die Bewertung von IT-Investitionen und die mathematischen Berechnungsverfahren zu aufwändig sind. Die dafür notwendige Zeit will kaum ein Unternehmen investieren. Einfachere Vorgehensweisen wie die Nutzwertanalyse oder die Scoring-Modelle sind stärker verbreitet, werden aber wegen ihrer Subjektivität und Manipulierbarkeit häufig kritisiert.


Wertorientierte Verfahren zur Bewertung von IT-Investitionen

Ganzheitliche, wertorientierte Ansätze zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von IT-Investitionen setzen auf den Basismethoden und erweiterten Methoden der Investitionsrechnung auf. Dazu gehören insbesondere:

  • Total Cost of Ownership (TCO): Dieses Modell betrachtet bei einer IT-Investition sowohl die heutigen als auch die künftig anfallenden Kosten, um die Kostenstruktur transparent darzustellen. Es erweitert den Analyseumfang um den Kostenanteil, der durch Wartung, Support, Weiterentwicklung und Ablösung entsteht. Es gibt hierfür Ansätze von Gartner und Forrester, die sich nur in Nuancen unterscheiden. Positiv am TCO-Modell ist sein Ziel, die Kostenanalyse zu strukturieren. Indem das Modell die direkten und indirekten Kosten einbezieht, führt es zu einer ganzheitlichen Kostenstrukturanalyse. Nachteilig ist die Beschränkung auf die reinen Kosten einer IT-Infrastruktur. Zum Nutzen, der von einer betriebswirtschaftlichen Sicht her mit einbezogen werden müsste, werden keine Aussage gemacht.

  • Total Economic Impact (TEI): Dieses Verfahren wurde 1997 von der Giga Group konzipiert und von Forrester weiterentwickelt. Es konzentriert sich auf die vier Bausteine Kosten, Nutzen, Flexibilität und Risiko, aus denen der TEI ermittelt wird. Der Vorteil liegt in der ganzheitlichen Betrachtung und pragmatischen Herangehensweise der Risikobewertung. Nachteilig ist, dass für die quantitative Bewertung des Nutzens keine allgemeingültigen Regeln bestehen und die Berechnung der Flexibilität mathematisch sehr komplex ist.

  • Rapid Economic Justification (REJ): 2003 vom Microsoft Business Value Center of Excellence entwickelt, zielt diese Methode darauf ab, den Wert eines Investments auf eine pragmatische Weise dem notwendigen Ressourceneinsatz und den Kosten gegenüberzustellen. Weil diese Methode einem Rollenmodell unterliegt, werden alle Stakeholder eingebunden. Je nach Investitionsvorhaben und Organisationsmodell kann der Einsatz von REJ sehr umfassend sein.

  • Total Value of Opportunity (TVO): Dieser Ansatz von Gartner baut auf der TCO-Methode auf und ergänzt sie durch Berücksichtigung der Dimensionen Nutzenbewertung, Risikobetrachtung und künftige Entwicklungen. Das sehr pragmatische Modell gibt konkrete Empfehlungen und Vorgaben zur Ermittlung von Kennzahlen und zur Vorgehensweise. Zu den Nachteilen gehört, dass die Anforderungen der Investitionsbetrachtung zu kurz kommen sowie die Berechnung der Optionen sehr aufwändig werden kann.

  • Business Value Index (BVI): Diese Methode wurde durch die IT-Organisation von Intel. Sie erweist sich als einfach zu nuten. Die Ermittlung des Business Value umfasst sowohl materielle als auch nicht materielle Kriterien wie Kundenanforderung, Umsatzpotential, strategische Abdeckung und Risiken, die über gewichtete Bewertungen zu einer Kennzahl verdichtet werden. Der finanzielle Wert wird dabei bewusst nicht mit dem Business Value gleichgesetzt. Schließlich gibt es auch Projekte, die finanziell nicht attraktiv sind, trotzdem aber über einen hohen Wert für das Business haben.

  • Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (WiBe): Die WiBe wurde 1992 von der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik im Bundesministerium des Inneren entwickelt und seither kontinuierlich weiterentwickelt. Die WiBe konzentriert sich auf die Bewertung von Kosten und Nutzen einer IT-Maßnahme unter Verwendung eines umfangreichen Kriterienkatalogs. Hierbei werden alle Aspekte des TCO-Ansatzes berücksichtigt. Im Vergleich zu anderen Methoden berücksichtigt die WiBe den Dringlichkeitsaspekt. Andererseits hat sie eine Reihe von Nachteilen. Dazu zählen die fehlende Bewertung von Handlungsoptionen und die wenig ausgeprägte Risikobetrachtung.

  • Cranfield‘s Benefits Management (CBM): Grundannahme dieser Methode ist, dass sich ein Nutzen niemals allein aus der IT ergibt, sondern immer nur durch die gleichzeitige Änderungen von Organisationsstrukturen und Prozessen. Nutzen wird dabei definiert als Vorteil im Sinne eines Stakeholders oder einer Gruppe von Stakeholdern. CBM vernetzt verschiedene relevante Management-Disziplinen zu einem ganzheitlichen IT-Management-Ansatz. Zu den Vorteilen der Methoden gehören der klare Fokus auf Nutzen und Veränderungen sowie der Einsatz von Ursache-Wirkungs-Netzen. Nachteilig ist der umfassende Ansatz, dessen Implementierung sich zu einer komplexen Angelegenheit auswachsen kann.

  • Val-IT: Das Val-IT Framework wurde vom IT Governance Institute (ITGI) ab 2006 entwickelt und kann von der Hompage der Isaca kostenpflichtig heruntergeladen werden. Es ist relativ jung und damit noch nicht weit verbreitet. Da es aber in Anlehnung an CoBIT entwickelt wurde, kann eine weitere Verbreitung sicher angenommen werden. Val-IT verfolgt den Ansatz, Investitionen in einem Portfolio zu managen und so alle Aktivitäten zu verfolgen, die für die Wertschöpfung notwendig sind. Die Methode besteht aus drei Kernprozessen mit zusammen 41 Management-Praktiken. Vorteilhaft ist, dass den einzelnen Praktiken konkrete Verantwortliche zugewiesen werden (Rollenmodell). Es sind aber erst wenige Anwendungsfälle bekannt, zu wenige für eine detaillierte Beurteilung.