Welche Altersversorgung ist die beste?

24.03.2006
Von Ilona Hörath 
Firmen bieten unterschiedliche Modelle der betrieblichen Altersversorgung an. Ob die Direktversicherung oder ein Pensionsfonds die bessere Wahl ist, hängt von der Lebenssituation des Mitarbeiters ab.

Wer sich allein darauf verlässt, dass die gesetzliche Rente für den Ruhestand ausreicht, wird enttäuscht werden. Private Vorsorge lautet die Parole - oder Absicherung durch die dritte Säule im Versorgungssystem, die der Gesetzgeber ebenfalls steuerlich begünstigt: die betriebliche Altersvorsorge. Sie soll die klaffende Lücke zwischen gesetzlicher Rente und Privatvorsorge schließen.

Hier lesen Sie …

Modelle der Vorsorge

• Direktzusage: Der Arbeitgeber zahlt im Versorgungsfall (Invalidität, Tod, Rente) die vorher vereinbarte Leistung.

• Direktversicherung: Der Arbeitgeber schließt eine Rentenversicherung für seine Arbeitnehmer ab.

• Unterstützungskasse/Pensionskasse/ Pensionsfonds: Versicherungsähnliches Vehikel zur Umsetzung der BAV mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen wie Steuer, Kapitalanlage, Flexibilität in der Beitragsgestaltung etc.. Im Rahmen der Entgeltumwandlung können Arbeitnehmer aus ihrem Bruttogehalt bis zu den jeweiligen Höchstgrenzen Beiträge in diese vom Arbeitgeber bereitgestellten Möglichkeiten leisten. Diese Leistung geht selbst bei Jobwechsel oder Firmeninsolvenz nicht verloren.

Die Vor- und Nachteile der einzelnen Vorsorgemodelle listet der BVUK-Verband (Betriebliche Versorgungswerke für Unternehmen und Kommunen) unter www.bvuk.de auf.

In der New Economy galten Aktienoptionen oft als das probate Mittel der Wahl. Je tiefer die Aktienkurse fielen, desto mehr gewannen wieder sicherheitsorientierte Vergütungselemente wie die klassische betriebliche Altersversorgung an Reiz. "Viele unserer eher jüngeren Mitarbeiter wissen, dass sie etwas für ihre Altersvorsorge tun müssen. Während ältere Arbeitnehmer gut informiert sind, fordern jüngere mehr Information über die Modelle der Vorsorge", so Nicole Mamier, Personalchefin des SAP-Dienstleisters Realtech AG aus Walldorf.

Norbert Mauer, Finanzvorstand der 1&1 Internet AG in Montabaur, stellt fest: "Der Trend geht zu flexiblen Modellen, die auch nach dem Wechsel des Arbeitgebers problemlos weiterzuführen sind." Immer wichtiger werde auch die Flexibilität in der Höhe der Beiträge oder die Möglichkeit, den Vertrag auszusetzen oder ruhen zu lassen. "Die Arbeitssituation für viele Menschen ist nicht mehr so planbar und kalkulierbar wie früher", begründet Mauer.

Abhängig von den Vergütungsphilosophien der Betriebe gilt: "Je größer das Unternehmen, desto eher bieten sie eine betriebliche Altersvorsorge (BAV) an", weiß Reiner Schwinger, Vorstand bei der Unternehmensberatung Rauser Towers Perrin in Frankfurt am Main. "Die BAV ist als Teil der Gesamtvergütung auch Mittel der Mitarbeiterbindung", so Schwinger. "Wenn ein Unternehmen eine Gehaltsumwandlung im Rahmen einer BAV anbietet, sollte man diese annehmen. Eine solche kollektive Absicherung ist für den Einzelnen immer günstiger."

Vorteile der Betriebsrente

Die Vorsorgemaßnahmen kann ein Unternehmen unterschiedlich gestalten. "Mit etwa 70 Prozent ist die Direktzusage die häufigste Form der unmittelbaren Pensionszusagen des Arbeitgebers", sagt Schwinger. Im Rentenalter oder bei Invalidität zahlt der Arbeitgeber die vorher vereinbarte Leistung, zum Beispiel eine Betriebsrente, im Todesfall geht diese an die Hinterbliebenen. Das Geld fließt in diesem so genannten Versorgungsfall aus Pensionsrückstellungen, die der Arbeitgeber steuerlich geltend machen kann. Ein Beispiel für eine solche Zusage: Ein Softwareentwickler erhält 30 Prozent seiner letzten Bezüge als monatliche Rente. Geeignet ist diese Altersvorsorge aber nicht für jeden, wie Schwinger warnt: "Jobhopper tun sich schwer mit der Direktzusage. Die Leistung verfällt, wenn Arbeitnehmer kürzer als die gesetzlich vorgeschriebene Mindestdauer von fünf Jahren im Betrieb tätig sind."

Geringer Verwaltungsaufwand

Anders die Direktversicherung. Hier schließt der Arbeitgeber eine Rentenversicherung für seine Arbeitnehmer ab und zahlt die Beiträge ein. Vorteil: Er kann sie als Betriebskosten von der Steuer absetzen, der Mitarbeiter profitiert unter anderem durch Gruppenrabatte. Vor allem kleinere Firmen schätzen die Direktversicherung aufgrund ihres eher geringen Verwaltungsaufwandes. Wie die Hamburger Datenlotsen Informationssysteme GmbH mit knapp 50 Mitarbeitern. Deren Software unterstützt Verwaltungen, Dozenten und Studenten bei der Umstellung von Bachelor- und Master-Studiengängen. Datenlotsen-Geschäftsführer Stephan Sachse gibt zu: "Nur wenige unserer Mitarbeiter haben eine Direktversicherung abgeschlossen, allerdings rechtzeitig vor dem Stichtag, seitdem sie besteuert werden".

Gut verzinste Beiträge

Auch der Münchner IT-Dienstleister Softlab bietet seinen rund 1500 Mitarbeitern eine Direktversicherung an, bei der die Beiträge individuell ausbaubar sind. Die Zuzahlung steigt durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit oder die Hierarchiestufe.

Neben der Direktversicherung offeriert "Datenlotse" Sachse seinen Mitarbeitern das Modell der Unterstützungskasse. Auch hier fließt Geld vom Arbeitgeber, entweder direkt oder durch die so genannte Bruttoentgeltumwandlung. "In der Unterstützungskasse sind die Beiträge mit einem Top-Zins fest verzinst, das leistet die Direktversicherung nicht", so Sachse.

Bei der Bruttoentgeltumwandlung verzichtet etwa ein Programmierer auf einen Teil seines Bruttogehalts - zum Beispiel 300 Euro - , die der Hamburger Chef in die Versorgungskasse einzahlt. "Für uns sinkt der steuerliche Aufwand und unsere Mitarbeiter haben mehr netto in der Kasse, weil sie die 300 Euro nicht versteuern müssen", erläutert Sachse. Noch sind diese Beiträge sozialversicherungs-beitragsfrei. Die aktuelle politische Diskussion kreist jedoch um die Frage, ob es bei dieser Befreiung bleibt. Die Entgeltumwandlung ist eine sichere Bank. "Im Falle des Ausscheidens aus dem Unternehmen oder dessen Insolvenz gehen die eigenen Beiträge nicht verloren", versichert Rauser Towers Perrin-Mann Schwinger.

Freie Wahl im Cafeteria-System

Sachse möchte beide bisherigen Möglichkeiten beibehalten, denkt aber über die Alternative nach, noch ein Beteiligungsmodell aufzusetzen, um Steuern zu sparen und "die Gelder zum Wohle der Mitarbeiter einsetzen zu können".

Softlab offeriert seinen Mitarbeitern sowohl Direktversicherung als auch Unterstützungskasse und probiert zusätzlich das Cafeteria-System aus. "Bei unserer Tochtergesellschaft Nexolab können 70 Mitarbeiter zusätzlich zwischen drei unterschiedlichen Hauptelementen wählen", so Uwe Kloos, Personalleiter der Softlab Group. Ein Beispiel: Im Rahmen eines Einstellungsgesprächs für einen Seniorberater wird zusätzlich zum Zielgehalt eine Nebenleistungspauschale von 5000 Euro jährlich vereinbart, die Softlab zahlt. Ein Senior-Consultant kann nun entscheiden, wie er das Geld anlegen möchte: den Dienstwagen tunen, in die Altersvorsorge investieren, es in eine Weiterbildungsmaßnahme stecken - oder es sich bar auszahlen lassen.

Damit will das Unternehmen einerseits stärker auf individuelle Bedürfnisse eingehen, aber auch seine Nebenleistungen besser kalkulieren können. "Das Cafeteria-System wird positiv aufgenommen, weil man individuelle Lebensakzente setzen kann", so Personaler Kloos. Dass eher Handfestes betrieblichen Zahlungen vorgezogen wird, weiß Mauer von 1&1: "Eine betriebliche Alterversorgung wird weniger wertgeschätzt als unmittelbar spürbare Leistungen wie eine Prämie, eine Gehaltserhöhung oder ein Seminarbesuch."

Neben Unterstützungskasse und Direktversicherung bietet die Walldorfer Realtech auch die Riesterrente und die arbeitnehmerfinanzierte Pensionskasse an. Pensionskassen oder -fonds sind rechtlich selbstständig und räumen dem Mitarbeiter einen Rechtsanspruch auf zugesagte Leistungen ein. Ob das Geld risiko- oder sicherheitsorientiert angelegt wird, darf sich der Mitarbeiter aussuchen.

Bedürfnisse der Mitarbeiter

"Für die Pensionskasse haben wir uns entschieden, da diese eine hohe Flexibilität auch bei kleineren Einsparbeträgen bietet und eine problemlose Weiterführung bei einem Arbeitgeberwechsel möglich ist", erläutert 1&1-Manager Mauer.

Warum Realtech vier Optionen anbietet, erläutert Personalerin Mamier: "Wir legen großen Wert auf Flexibilität. Mit den unterschiedlichen Optionen kommen wir den unterschiedlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter entgegen."

Bei den Unternehmen zeichnet sich ein Wechsel ab - weg von der Leistungszusage am Ende des Arbeitslebens und hin zu beitragsorientierten Zusagen. Statt der 30 Prozent des letzten Gehalts als Rente zahlt der Arbeitgeber dem Ruheständler eine bestimmte Summe pro Monat oder Jahr. Dazu kommt das Angebot, die Beiträge in eine Pensionskasse einzuzahlen, wo sie je nach Ertragslage des Unternehmens bezuschusst werden können.

Bisher garantieren Unternehmen eine lebenslange Betriebsrente. Wird künftig aber im Rahmen der neuen BAV-Möglichkeiten das Wahlrecht zwischen Rente und Kapital angeboten, hat das Folgen für den Arbeitnehmer. Sofern er sich entscheidet, den Ruhestand mit einer größeren Kapitalsumme zu beginnen, muss er selbst dafür sorgen, dass das Geld bis ans Lebensende reicht - in dem er es clever anlegt.

Neuer Rentenplan bei IBM?

Gewerkschafter gehen allerdings davon aus, dass sich Unternehmen aus der langfristigen Verantwortung für eine lebenslange Rente stehlen und das generelle Risiko der Altersarmut auf die Mitarbeiter verlagern wollen. "Wo die betriebliche Altersvorsorge nur als Kostenfaktor zählt, die es zu minimieren gilt, aber die allgemeine Einkommensentwicklung rückläufig ist, können Arbeitnehmer eine Altersvorsorge aus eigenen Mitteln nicht ausgleichen", so Jürgen Spiegelberg, Bereichsleiter für Beamten- und Sozialpolitik bei Verdi. Im schlimmsten Fall müssten Mitarbeiter erhebliche Einbußen bei ihren betrieblichen Rente hinnehmen.

"Das Risiko von beitragsorientierten Fonds liegt hierbei stärker auf der Mitarbeiterseite und das Unternehmen steht nicht mehr so stark in der finanziellen Verantwortung", meint Schwinger von Rauser Towers Perrin. Von Vorteil sei hingegen die Transparenz und Kalkulierbarkeit sowohl für Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, denn ein Kernproblem der klassischen Rentenzusage ist, dass niemand weiß, wie viel er mit 65 oder später 67 Jahren verdient und ob er überhaupt noch seiner Firma treu geblieben ist.

Bei IBM denkt man gerade darüber nach, die bisherigen Pensionspläne umzustellen. Big Blue begründete dies mit der steigenden Lebenserwartung und der Entwicklung der Finanzmärkte, die die Kosten der BAV ansteigen lasse. "Mit einem Cash-Balance-Plan beherrscht man diese Entwicklung besser und kommt aus der Volatilität heraus", so Unternehmenssprecher Peter Gerdemann.

Der Rentenplan, der bei IBM bis 1993 galt, garantierte eine lebenslange Rente, die zum Beispiel von der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder des Fachgebietes abhängig war. Der derzeitige Rentenplan (Cash-Balance-Plan) sieht hingegen vor, beim Eintritt ins Rentenalter eine Kapitalsumme einmalig oder in Raten auszuzahlen. Nun soll der alte in einen neuen Pensionsplan überführt werden, zu Details schweigt IBM allerdings: "Zu künftigen Regelungen können wir keine Angaben machen, weil die Verhandlungen mit dem Betriebsrat laufen", so Gerdemann.

Weniger Geld im Ruhestand

Bereits erworbene Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung für aktive und ehemalige IBM-Mitarbeiter sollen unangetastet bleiben. Allerdings wird etwa die Hälfte der Belegschaft am Ende ihres Arbeitslebens nach den Plänen der Unternehmensleitung weniger ausbezahlt bekommen. Auch die Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei IBM Deutschland, Brigitte Fussgang, äußert sich nur knapp: "Ich setze mich dafür ein, dass die Mitarbeiter keine Nachteile erleiden und dies ist Gegenstand unserer gegenwärtigen Gespräche mit der Geschäftsführung." (hk)