Neue Qualifizierungsprojekte helfen gegen den Fachkräftemangel

Weiterbildung als Fahrkarte zum Job

11.08.2000
In Zeiten des Personalmangels boomt die Weiterbildungsbranche wie nie zuvor. Während IT-Absolventen bei der Jobsuche wählerisch sein können, müssen Unternehmen auf der Suche nach Mitarbeitern schnell handeln und besinnen sich auf Quereinsteiger mit einer entsprechenden Zusatzqualifikation. Von Gabriele Müller*

Ob angehende oder "abgebrochene" Naturwissenschaftler, Ökonomen oder Ingenieure - sie haben Wissens- und Beschäftigungspotenzial, das für die IT-Branche entdeckt werden will. Genau das hat sich die Frankfurter Netzwerke Schulungen Consulting GmbH (NSC) auf die Fahnen geschrieben. Das Seminarangebot des Frankfurter IT-Dienstleisters deckt die Bereiche Windows NT, Micosoft Office, Unix und Linux ab. Jetzt hat NSC ein Weiterbildungsmodell entwickelt, das dem Arbeitgeber einen "Mitarbeiter nach Wunsch" liefern soll. Vorteil für den Kollegen in spe: Der neue Arbeitsplatz ist (fast) garantiert.

Wie das funktioniert? Jedenfalls anders als gewohnt. Wo sonst Schulungsträger im Verein mit den Arbeitsämtern eifrig die Werbetrommel rühren, um Bewerber für eine Maßnahme zu begeistern, und dann erst das Vermittlungsgeschäft beginnt, geht NSC den umgekehrten Weg. Jochen Sommer, geschäftsführender Gesellschafter von NSC, erläutert: "Wir klären zuerst den Bedarf und die Ansprüche der Unternehmen ab, dann suchen wir die geeigneten Kandidaten aus, um sie nach diesen Anforderungen zu schulen." Was sich für das deutsche Weiterbildungswesen ungewohnt anhört, ist in der Praxis schon bei Kunden von NSC erprobt.

Vertriebsleiter Bernd Dygutsch erklärt die Vorgehensweise so: "Studienabgänger oder -abbrecher mit guten Noten haben gelernt, wie man lernt. Sie sind motiviert, die Chance auf einen Arbeitsplatz in einem wachsenden Wirtschaftszweig zu ergreifen." Wer sich Hoffnung auf einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz macht, muss dennoch erst ein Auswahlverfahren und ein Assessment durchlaufen, das Personalberater Jochen Maigatter aus Maintal entwickelt hat. Er will mit NSC den Kunden eine Komplettlösung anbieten. "In einem ersten Schritt stehen wir bei der Bewerberauswahl beratend zur Seite, helfen den Unternehmen dann, eine Vorauswahl zu treffen, und schulen nach den jeweiligen Vorgaben."

Die Teilnehmer werden in einem sechswöchigen Training unter anderem zum Microsoft Certified Systems Engineer (MCSE) qualifiziert. " Die Erfolgsquote ist hoch, rund 80 Prozent bestehen die Abschlussprüfung", wirbt NSC-Geschäftsführer Sommer. Je nach den Anforderungen des Kunden werden weitere Qualifikationen etwa in Rhetorik oder Projekt-Management vermittelt, bevor die Teilnehmer in ein betriebliches Traineeprogramm oder direkt in eine Stellung übernommen werden. Andernfalls müssen sie sich mit dem MCSE-Zertifikat weiterbewerben.

Finanziert wird das Modell - und auch das ist eher ungewöhnlich - vom Auftraggeber, also dem Unternehmen. Eine Qualifizierung von Mitarbeitern, die auf die Bedürfnisse des Auftraggebers zugeschnitten ist, ist auch dann sinnvoll, wenn sich mehrere Firmen zu einem Pool zusammenschließen und Quereinsteiger weiterbilden.

*Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal.