Weibliche Logik

26.09.1975

Die Spruchweisheit "Dumm geboren, nichts dazu gelernt und alles wieder vergessen" kann fürderhin nicht mehr angewendet werden, wenn es um die mathematische Begabung von Mädchen und damit ihre Eignung zu EDV-Berufen geht.

In einem neuen Buch "Frauenrolle und Mathematikleistung" (Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf, 1974) beweist Erika Schildkamp-Kündiger, daß Rechnen keineswegs Männersache ist. Schon gar nicht stimme die böswillige Mär, Frauen hätten wegen des geringeren Hirngewichts Kapazitätsmängel im Arbeitsspeicher und infolgedessen Rechenprobleme. Zwar haben Frauen im Durchschnitt etwa 150 Gramm weniger Hirn als Männer, aber keineswegs weniger Grips, so die Autorin,

In langen Testreihen mit 365 weiblichen Teenagern stieß sie allerdings keineswegs auf Mädchen mit besonderer mathematischer Begabung. Wohl aber auf die Erkenntnis, daß Mädchen die Mathematik nicht mögen, weil sie die Mathematik mit der Eigenschaft "männlich" assoziieren. Können müßten sie's eigentlich.

Nur die Gesellschaft is schuld, wenn ihre Frauen zum mathematischen Proletariat zählen. Dumm geboren sind sie nicht. os

Ob das alles sinnvoll ist?

Der Zug ist längst abgefahren!

Bereits 1971 orderte die amerikanische Warenhauskette Sears Roebuck bei Singer 40 000 Kassenterminals und dazugehörige 700 Kleincomputer-Systeme, Wert des Gesamtauftrages: etwa 150 000 Millionen Dollar. Im gleichen Jahr noch zog die Konkurrenz nach. Montgomery Ward zum Beispiel bestellte bei NCR 16 000 Terminals und 280 Kleincomputer für insgesamt 60 Millionen Dollar.

Ende 1975 werden in den USA in Supermärkten bereits 350 000 Point of Sales-Kassen installiert oder bestellt sein und bereits 80 Prozent aller Waren sind, dann von den Herstellern mit maschinenlesbaren UPC-Standard-Symbolen marktiert. In US-Warenhäusern werden Ende 75 etwa 500 000 Datenkassen stehen oder geordert sein, die bereits zu 15 Prozent mit Lesestift ausgestattet sein werden und auch überwiegend für Online-Kreditprüfung eingesetzt werden.

In der Bundesrepublik gibt es einen Markt für rund 50 000 Terminals bei den etwa 400 Kauf- und Warenhäusern, 1200 Verbrauchermärkten, 700 Cash und Carry-Lagern und 4000 großen Supermärkten. Dieser kleine Sektor des "Autotransactions-Potentials" allein hat einen Marktwert von 750 Millionen Mark.

Der Zug ist abgefahren

Die "zweite Revolution im Handel" - die erste war der Tod der Tante-Emma-Läden - hat längst begonnen. Angeblich hat Nixdorf bisher in der Bundesrepublik 1500 POS-Terminals verkauft. Von Anker sollen 2000 installiert oder bestellt sein. Die Zahl bei Singer: 200. Banken plazieren zunehmend Großaufträge für Online-Kassenterminals. Gelegentlich parkt man in vollautomatisierten Garagen mit Bezahlung an Automaten, die auch Scheine akzeptieren und mit Münzen herausgeben.

Wer fragt, was aus den freigesetzten Arbeitnehmern wird? Wer fragt, ob die Einzelpreis-Auszeichnung im Supermarkt nicht beibehalten werden sollte? Wer fragt, wo all die automatisch gespeicherten recht persönlichen Informationen bleiben beziehungsweise wohin sie wandern könnten. Wer fragt, ob Polizei und Steuerfahndung Einblick in die "Autotransaction-Dateien" haben dürfen, die einen nahezu lückenlosen Nachweis über Aufenthalte und Ausgabe liefern könnten. Wer fragt, - wenn die betriebswirtschaftliche Rentabilität jeweils erwiesen ist -, ob die volkswirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Belange berücksichtigt werden?