PC-Integration/Neue Wettbewerber: Anwendungsspezifische Computer (ASC)

Wege zum preisgünstigen Rechner: NC oder ASC?

14.02.1997

Um den Vortritt als standardsetzender NC-Hersteller rangeln so prominente Firmen wie: IBM, Sun, Apple, Netscape und last, but not least Oracle. Ihre eingängige Argumentation: Im Zeitalter der globalen Vernetzung seien intelligente, vollausgestattete PCs trotz des ständigen Preisverfalls völlig überdimensioniert und vor allem viel zu teuer - und bilden so nach wie vor ein Hindernis für den Einsatz von Computern als quasi normales Haushaltsgerät, wie es beispielsweise Fernseher und Telefon sind. Derzeit nutzen nur relativ wenige Haushalte privat einen PC, lediglich ein (allerdings wachsender) Bruchteil davon verfügt über einen Netzzugang.

E-Mail, Home-Banking oder der Zugriff auf aktuelle Börsenkurse sind aber auch für Privatleute interessant. Ausschließlich die hohen Kosten und das Gefühl, mit so einem Gerät nicht optimal umgehen zu können, halten viele potentielle User vom Kauf eines Rechners ab. Doch wird der Trend überdeutlich, immer mehr Arbeitsplätze aus dem Büro auszulagern und die Mitarbeiter in Home-Offices zu beschäftigen. Damit dürfte auch die Hemmschwelle für die Nicht-Professionals im Home-Sektor niedriger werden.

Mit Hilfe des Netzcomputers, ein einfacher Rechner ohne Festplatte, der nur am Netz lauffähig ist, sollen auch derartige neue Märkte erschlossen werden. Man will zu einem günstigen Preis einen Computer anbieten, der einfach zu bedienen ist und ausschließlich die Aufgabe erfüllt, Haushalte ans Internet anzubinden (vgl. CW Nr. 2 vom 10. Januar 1997, Seite 17: "Was ein NC sein soll, steht schon fest"). Der NC soll damit einem Personenkreis die Informationsvielfalt dieses Mediums zugänglich machen, der bisher mit dem Computer und/oder dem Internet nicht viel zu tun hatte.

Durch die stark eingeschränkte Funktionalität fällt bei einem solchen Gerät sehr viel Hardware weg, weshalb der Preis deutlich niedriger anzusetzen ist als bei "normalen" PCs. So - das glauben jedenfalls viele - könnte der Netzcomputer auch für Erstanwender interessant werden.

Diese Rechnung muß indes nicht aufgehen: Der NC kann ohne die Daten, die er über das Internet bezieht, nicht arbeiten. Das Gerät funktioniert also nur online. Die Kosten für Privatanwender sind damit schwer kalkulierbar, denn die Online-Zeiten schlagen sich schließlich nicht nur auf die Telefonrechnung nieder, auch der Internet-Zugang muß bezahlt werden. Die Datenübertragungs-Geschwindigkeiten über das Internet sind immer noch zu langsam und damit ein weiteres ernsthaftes Hindernis für den Einsatz des NC. Deshalb hat er nur dort eine Chance, wo er über eine schnelle Standleitung mit seinen Servern verbunden ist: in den Intranets großer Unternehmen. Hier ist der NC ein Ersatz für die bislang eingesetzten "dummen" Terminals.

Sinnvoller für spezielle Computeranwendungen scheint eine andere kostensparende, aber flexiblere Variante: der ASC oder anwendungsspezifisch konfigurierte Computer (des unteren Preissegments). Er besteht idealerweise nur aus der Hardware, die die jeweiligen Applikatio- nen verlangen.

Zum Beispiel benötigt ein ASC, der ausschließlich zur Software-Entwicklung im Bereich Meßtechnik eingesetzt wird, keine Multimedia-Komponenten. Genauso wäre auch ein ASC denkbar, der für Computerschulungen mit interaktiven CD-ROMs eingesetzt wird. Er braucht zwar eine große Speicherkapazität, eine Soundkarte, CD-ROM-Laufwerk und eine anspruchsvolle Grafikkarte, aber keine große Harddisk und auch keine zweite Kommunikations-Schnittstelle.

Auf diese Weise werden Hardwarekosten gespart, ohne die Nachteile einer ständigen Online-Verbindung oder eines Performance-Verlusts hinnehmen zu müssen. Denkbar wären beispielsweise ein Rechner nur zum Schreiben, ein Rechner nur für den Internet-Zugang oder auch ein Rechner nur zum Spielen etc. Jeder Anwender könnte so einen Computer kaufen, der seinen Wünschen und Anforderungen exakt entspricht. Er muß nur das bezahlen, was er auch wirklich braucht. Wie genau jedoch gerade der DV-fremde Homeuser weiß, was er braucht, muß dahingestellt bleiben. Gerade er ist erfahrungsgemäß für klassisches Overselling sehr empfänglich.

Beim NC hat sich bisher erst wenig Nachfrage ergeben. Beim anwendungsspezifischen Computer könnte sich der Markt gegenteilig entwickeln. Darauf hofft zum Beispiel Acer. Zusammen mit Fachhändlern und Endkunden hat dieser Hersteller eine spezielle ASC-Stategie entwickelt. Das Unternehmen versucht vor allem von seiner dezentralen Produktion zu profitieren, die mit 40 Montagestätten weltweit ASCs in hohen Stückzahlen für bestimmte Anwendungen in unterschiedlichen Konfigurationen schnell und vor Ort produzieren kann. Müssen nur noch die Händler und Kunden mitspielen, wenn aus dem Markt klassischer PCs ernsthaft ein größeres Segment herausgeschnitten werden soll mit der Aufschrift: ASC.

Angeklickt

Global agierende Boxenbauer haben einen neuen Markt im Visier. Sie glauben - besser als nur regional agierende Hardware-Anbieter, jeweils vor Ort in hohen Stückzahlen kunden- beziehungsweise anwendungsspezifische Rechner (ASC) anbieten und kurzfristig sowie kostengünstig assemblieren zu können. Voraussetzung: Händler und Kunden spielen mit und kennen ihre Anforderungen ganz genau.

*Dr. Horst Höfflin ist freier Journalist in München