IBM verspricht leichteres Arbeiten mit dem Java-Server und integriert weitere Web-Standards

Websphere - die vierte Generation

15.06.2001
WIEN (as)- Mit Version 4 des Java-Applikations-Servers "Websphere" unternimmt IBM eine Neuorganisation seines Portfolios und erweitert die Integrationsmöglichkeiten in Richtung J2EE 1.2 und Web-Services. Hinzu kommen kostenlose Angebote für Entwickler und Partner.

Seit gut einem Jahr vermarktet IBM Teile seiner Middleware-Technologie sowie eine wachsende Zahl von Anwendungsbausteinen unter der Bezeichnung "Websphere-Plattform". Diese soll es Unternehmen ermöglichen, eine flexible und standardisierte Infrastruktur für Web-basierte Geschäftsanwendungen aufzubauen. Herzstück der Architektur ist der Java-Applikations-Server Websphere. Er stellt eine Entwicklungs- und Laufzeitumgebung sowie Dienste für die Steuerung und Verwaltung von Transaktionen bereit und bildet unter anderem die Schnittstelle zu Backend-Systemen, Messaging-Middleware (MQ Series) sowie anderen Servern und Anwendungen.

Zu den wichtigsten Neuerungen in der für diesen Monat angekündigten Version 4 zählt, dass nun erstmals alle Konfigurationen denselben Server-Code verwenden. Wollte bisher ein Anwender aufgrund steigender Anforderungen an die Systeme ein Upgrade von der Lowend- zur Highend-Ausgabe vornehmen, war dies aufgrund von Unterschieden in der Software nicht ohne zusätzlichen Aufwand möglich. Vielmehr mussten unter Umständen Kompatibilitätstests oder gar ein Re-engineering bestehender Anwendungen gemacht werden.

Vereinfachtes Setup

Ebenso galt bisher das Setup früherer Websphere-Versionen als mühsames Unterfangen und konnte laut Aussage der Giga Group durchaus eine Woche Zeit in Anspruch nehmen. Dies bestätigte auch Craig Hayman, Director Websphere Development bei IBM, gegenüber der CW, die mit ihm im Rahmen des Websphere-Launch in Wien sprach. Seiner Ansicht nach seien allerdings nur die "ersten zwei Stunden" problematisch gewesen. Mit Version 4 sei das Portfolio an Websphere-Varianten nun neu geordnet worden und verspreche einen leichteren Einstieg in die Applikations-Server-Technologie.

Möglich machen soll dies vor allem die neue "Advanced Server Edition", welche die bisherige "Standard Edition" ablöst. Sie wurde in ihrem Funktionsumfang im Vergleich zu ihrer Vorgängerin geringfügig reduziert und ist künftig als Cluster-fähige oder als "Single-Server"-Variante erhältlich. Insbesondere Letztere reduziere laut Hayman den Konfigurationsaufwand erheblich. So müsse der Anwender beispielsweise weder Cluster konfigurieren noch den HTTP-Server aufsetzen noch die Konfigurationsdaten extra auf einer Datenbank abspeichern. Werde dann im Laufe der Zeit eine Cluster-Lösung nötig, lasse sich die Entwicklungskonfiguration dank der einheitlichen Code-Basis problemlos migrieren.

Websphere 4 ist laut Hersteller mittlerweile kompatibel zu 35 Software-Plattformen und Unternehmensanwendungen wie SAP R/3, Peoplesoft, IBM Cics, MQ Series oder IMS sowie mit Datenbanken wie DB2, Oracle oder SQL Server. Zu den mit Release 4 erweiterten Connectivity-Features gehören außerdem der Support für Corba und Active-X sowie vor allem die Java 2 Enterprise Edition (J2EE), Version 1.2, und das in ihr enthaltene Komponentenmodell Enterprise Javabeans 1.1 (EJB). Obwohl von zentraler Bedeutung für die Server-seitige Anwendungsentwicklung mit Websphere, hatte sich Big Blue bei der Anpassung seiner Produkte an J2EE im Vergleich zu manchen Wettbewerbern auffallend viel Zeit gelassen. Dies habe laut Hayman jedoch nichts mit Vorbehalten gegenüber den neuen Spezifikationen zu tun, sondern man habe sie lediglich ausreichend testen wollen.

Ebenso gehe IBM mit anderen Neuerungen in der Java-Plattform um. So werde man EJB 2.0 voraussichtlich erst Ende 2001 unterstützen, zumal sich signifikante Veränderungen zu den im April veröffentlichten Spezifikationen abzeichnen. Dieses Vorgehensmuster zeigt sich bei IBM beispielsweise auch bei den mit J2EE 1.3 angekündigten APIs "Java Connectors Architecture" (JCA), die nun schrittweise an die bisherigen Konnektoren angepasst werden, sowie beim API "Java Message Service" (JMS). Bei Letzterem ist laut Hayman aber eine Kopplung mit der hauseigenen Messaging-Middleware "MQ Series" die bessere Lösung, da sich mit JMS keine Nachrichtenqualitäten spezifizieren lassen. "Andere Hersteller beschränken sich darauf, über JMS lediglich Messages zwischen Servern zu verschicken. Wir glauben, dass der eigentliche Sinn von JMS darin besteht, mit jeder beliebigen Plattform und bestehenden Systemen kommunizieren zu können. JMS ist daher in WAS 4 direkt mit dem MQ-Series-Client verbunden."

Web-Services

Bei Web-Services und der Unterstützung quelloffener Standards hingegen beeilt sich Big Blue, das Thema möglichst früh für sich zu besetzen, statt stabile Spezifikationen abzuwarten. So hatte der Hersteller bereits im März die Technologie-Sammlung "Web-Services for Developers" vorgestellt. Diese wurde jetzt weit gehend in WAS 4 integriert, soll aber auch weiterhin als Sammelbecken für neue Beiträge aus der Entwicklergemeinde bestehen bleiben. Big Blue verspricht, dass neben einer verbesserten XML-Unterstützung nun das Web-Services-Programmiermodell fester Bestandteil der Websphere-Plattform ist. Dementsprechend werden die IBM-Entwicklungswerkzeuge Standards wie Universal Description Discovery and Integration (UDDI), das "Simple Object Access Protocol for Java" (Soap4J) sowie die Web Services Description Language (WSDL) unterstützen. Allerdings sind die entsprechenden Releases der Java-IDE "Visual Age for Java" sowie der Web-Entwicklungsumgebung "Websphere Studio" erst im Juli erhältlich. Sie werden sich laut IBM nahtlos in WAS 4 integrieren lassen und neben Konnektoren, Möglichkeiten zur Personalisierung, zur Anbindung an Portale und dem mobilen Internet auch XML, Web-Services und J2EE unterstützen.

Da der dauerhafte Erfolg und die Verbreitung von Java-Applikations-Servern vor allem von der Unterstützung durch die Entwicklergemeinschaft und ISVs abhängen, bemühen sich derzeit die Anbieter, die immer noch zu kleine Zahl an Java- Programmierern durch Services und spezielle Angebote enger an sich zu binden. Ganz in dieser Linie kündigte IBM mit "Websphere Application Server Developer Version" eine kostenlose Runtime-Ausgabe der Advanced Edition des Servers für Entwickler an. Sie enthält keine Tools, wird von diesen aber unterstützt und soll im Juli als Download über die Websphere Developer Domain erhältlich sein.

Neue Entwicklungsplattform

Des Weiteren wurde ebenfalls für Juli die kostenlose Beta-Version der "Websphere Studio Workbench" in Aussicht gestellt. Sie ist das Ergebnis zweijähriger Anstrengungen und stellt laut Hersteller eine offene Plattform dar, über die sich eigene und externe Tools zu einer Entwicklungsumgebung koppeln lassen. Sie soll offenbar die Grundlage für eine neue Generation von Programmierwerkzeugen und den Aufbau von Web-Services bilden und verspricht von ihrem Ansatz die Unterstützung des gesamten Softwareentwicklungsprozesses. Teile von ihr sollen künftig als Open-Source zur Verfügung gestellt werden - vermutlich unter der Apache-Lizenz.

Zu den Partnern, die mit ihren Produkten die Workbench unterstützen wollen, zählen derzeit Versata (Rules Engine), Neon und Extricity (Konnektoren), Macromedia und Instantations (Web-Entwicklung), das australische Unternehmen Holosofx (Geschäftsprozessmodellierung), Rational (Requirement-Management, Datenmodellierung, Test), Interwoven (Content-Management), Merant (Konfigurations-Management) sowie Commerce Quest (Geschäftsprozessintegration).