Webmethods sieht Koexistenz mit SAP

18.06.2003
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Webmethods sieht sich mit seiner Suite für Enterprise Application Integration (EAI) "Webmethods 6" für den umkämpften Integrationsmarkt gerüstet. Dabei will der Hersteller auch von seiner Verbreitung im SAP-Umfeld sowie von der Allianz mit dem Data-Warehousing-Spezialisten Informatica profitieren.

Mit Webmethods 6 steht seit kurzem eine Integrationsplattform zur Verfügung, die laut Hersteller die diversen Aspekte der Anwendungsintegration à la EAI abdeckt. Herzstück einer solchen Produktarchitektur bildet der Integration-Server, der die Kommunikation zwischen den angeschlossenen Systemen steuert, Nachrichten verarbeitet und transformiert.

SAP-Anbindung: Webmethods glaubt, dass SAP-Kunden trotz XI auch weiter den Business Connector (BC) und zusätzliche Adapter brauchen. (Quelle: Webmethods)
SAP-Anbindung: Webmethods glaubt, dass SAP-Kunden trotz XI auch weiter den Business Connector (BC) und zusätzliche Adapter brauchen. (Quelle: Webmethods)

Zu ihm gesellt sich ein Integration-Broker, der als Messaging-Komponente beispielsweise zwischen verteilten Unternehmensstandorten zum Einsatz kommt. Darüber hinaus ermöglichen Hersteller wie Seebeyond und Webmethods auch den Einsatz von Java-Geschäftslogik, indem sie Java-Applikations-Server unterstützen. Webmethods integriert hierzu die quelloffene Implementierung "Jboss".

Prozesse "Top down" festlegen

Zudem übernimmt das Tool "Webmethods Modeler" die Abbildung der Geschäftsprozesse. Dabei setzt der Hersteller laut Achim Ramesohl, Managing Director Central Europe, auf einen Top-down-Ansatz, bei dem die Abläufe zunächst unabhängig von ihrer technischen Implementierung und ohne Programmieraufwand von der Fachabteilung mit Hilfe einer eigenen Prozesssprache abgebildet werden. Die Ausgestaltung übernimmt die IT mit Hilfe der grafischen Entwicklungsumgebung "Webmethods Developer", mit der sich laut Unternehmen sowohl Prozesslogik als auch die Benutzeroberflächen automatisch generieren lassen. Dabei werden die Prozesse auch mit den gewünschten Standard- und Technologieadaptern, B-to-B-Standards, Web-Services oder Java-Objekten verknüpft.

In diesem Zusammenhang hat sich Webmethods als Adapterlieferant und Original Equipment Manufacturer (OEM) im SAP-Umfeld etabliert. So nutzen laut Schätzungen der Walldorfer rund 2500 Kunden produktiv den "SAP Business Connector". Dieser ist eine limitierte und kostenlose Version der EAI-Plattform für die Integration der SAP-Umgebung mit anderen Systemen. Allerdings zeichnet sich in Zukunft eine Konkurenzsituation zum ERP-Hersteller ab, da dieser mit dem Integration Broker "Exchange Infrastructure" (XI) und seinem "Netweaver"-Portfolio eigene Ambitionen im EAI-Markt hat und sich zudem für Java und Web-Services stark macht.

Markus Lindemann, Alliance Manager bei Webmethods, sieht in den Aktivitäten der Walldorfer vor allem den Versuch, die Entwicklergemeinde wieder mehr für sich zu interessieren. Zudem vertreibt die SAP derzeit den Business Connector mit XI und ermögliche mit dem eigenen Angebot nur eine asynchrone Kommunikation zwischen den beteiligten Anwendungen. Auch fehle ein umfassendes Adapter-Angebot für nicht-SAP-Systeme sowie für die B-to-B-Integration. Geschäftsführer Ramesohl glaubt deshalb, dass SAP-Kunden vorerst nicht auf den Business Connector verzichten können und manche auch nicht alle Produkte von einem Anbieter beziehen wollen.

Menschen schließen Prozesslücken

Derweil erweitern Webmethods und andere EAI-Spezialisten ihre Plattformen um zusätzliche Integrationslayer und Management-Features. So gibt es üblicherweise Lücken in der Prozessautomation, da beispielsweise innerhalb der Abläufe Kontrollen und zusätzliche Arbeitsschritte durch Mitarbeiter gewünscht werden. Der Hersteller bietet hierzu das Produkt "Webmethods Workflow", das anders als manches Workflow-Produkt die Arbeitsabläufe nicht nur grafisch abbildet, sondern nach eigenen Aussagen zugleich mit den Prozessen technisch integriert.

Zudem hat sich auch Webmethods das Thema Prozess-Monitoring auf die Fahnen geschrieben. So soll das Tool "Webmethods Manager" Anwendern nicht nur beim Aufspüren von Fehlern oder Engpässen in den Abläufen helfen, sondern vor allem auch die Ursachen ermitteln helfen. Dies ist dank der zur Standardisierung eingereichten Schnittstelle "Open Management Interface" möglich, über die sich künftig Monitoring-Daten mit Informationen aus System-Management-Lösungen abgleichen lassen.

Schließlich geht der Hersteller das Thema Business Activity Monitoring an, das auch von Konkurrenten wie Tibco mittlerweile beworben wird. Dieses zielt auf die Optimierung von Prozessen, indem Prozessdaten mit Unternehmensinformationen in einem Data Warehouse echtzeitnah kombiniert und ausgewertet werden. Beim Eintritt eines bestimmten Events sollen sich so unverzüglich Einblicke in die Geschäftsvorgänge ergeben. Bei der technischen Umsetzung in Version 6 der EAI-Suite setzt Webmethods auf die Kooperation mit dem Anbieter Informatica. Dieser stellt hierzu neben seiner Datenintegrationslösung "Powercenter RT" eine Benutzeroberfläche in Form eines grafischen Dashboards bereit.

Obwohl EAI von Unternehmen immer noch zögerlich und lokal umgesetzt wird, EAI-Produkte als teuer und weitgehend proprietär gelten und der Markt seit geraumer Zeit eine Konsolidierung durchläuft, sieht Webmethods-Manager Ramesohl optimistisch in die Zukunft. So seien allein im letzten Jahr 344 EAI-Projekte in den produktiven Betrieb gegangen und mehr als 100 Kunden hätten die aktuelle Version 6 bereits im Einsatz. Projektauslöser hierzulande seien derzeit vor allem die Migration von EDI-Lösungen, die Neuorganisation vorhandener Geschäftsprozesse sowie vereinzelt der Austausch der bisherigen Middleware für die Anwendungsintegration. "Unsere größte Sorge ist, dass Kunden keinen Integrationslayer aufbauen, sondern wieder zu Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zurückkehren."