140 Bildschirme über Top-Call-System und IBM-Rechner mit Fernschreibnetz verbunden:

Webasto bringt Telex-Übertragung auf Trab

22.11.1985

Günter Pott ist freier EDV- und Wirtschaftsjournalist.

MÜNCHEN - Mit Hilfe des TX/ TTX-Systems von Top Call aus München können im Unternehmen Webasto von insgesamt 140 Bildschirmen aus Fernschreiben verschickt werden. Das im März 1985 installierte Produkt sorgt unter anderem dafür, daß keine Engpässe mehr in der Telex-Nachrichtenübermittlung entstehen.

In der Telex-Abwicklung kam es bei Webasto aus Gauting, einem bekannten Hersteller von Klimaanlagen und Heizungen, ständig zu Verzögerungen. Unwirtschaftliche Wartezeiten sowie durch den Transport der Fernschreiben bedingte Abwesenheit vom Arbeitsplatz mußten in Kauf genommen werden. Dies gab Anlaß zu der Überlegung, die Nachrichtenübermittlung spürbar zu verbessern.

System in zwei Tagen installiert

Der erste Schritt zur Rationalisierung wurde bereits 1983 getan: Webasto schloß an den vorhandenen Fernschreiber einen Konzentrator an, der abgehende Fernschreiben sammeln und automatisch senden sollte. Nachteile: Es erfolgte keine Rückmeldung an die Fachabteilung, keine Fehlermeldung durch das Gerät. Die Weiterverwendung von Texten war ausgeschlossen, Neueingabe war erforderlich. Von einer wirtschaftlichen Gesamtlösung konnte keine Rede sein. Nach wie vor entstanden beim Telexausgang Verzögerungen am Fernschreiber.

Dazu Franz Federmann, Leiter der Organisation bei Webasto: "Unser Volumen konnten wir, ohne den Stau zu vergrößern, nicht erhöhen." Außerdem war es erforderlich die "Zwischenträger" abzuschaffen, das heißt, den Transport der Fernschreibkonzepte vom Sachbearbeiter zur Sekretärin. Schließlich mußte noch die Kapazität des Fernschreibers, welcher oft auf Stunden hinaus belegt war, gelöst werden. Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, begann Federmann mit der Marktuntersuchung und wurde dabei über die Anzeige in einer Fachzeitschrift auf die Firma Top Call, Kommunikationssysteme GmbH, aufmerksam. Dieser Hersteller bot die Telexabwicklung über normale Bildschirme an. Die angestrebte Problemlösung ließ sich mit dem System TX/TTX ohne organisatorischen Umstellungsaufwand verwirklichen. Andere Hersteller schieden aus, da die Investitionskosten um das Zwei- bis Dreifache höher lagen; außerdem verfügten diese Anbieter - im Gegensatz zu Top Call - zum damaligen Zeitpunkt über keine Referenzen. Ein zusätzliches, wesentliches Entscheidungskriterium war die Software. Nachdem die von Top Call angebotene Software geprüft wurde, fiel die endgültige Entscheidung für das TX/TTX-System. Nochmals Federmann als "alter EDV-Hase": "Hardware kann praktisch jeder herstellen, aber funktionsfähige, sichere Software ist oft immer noch das Problem."

Innerhalb von zwei Tagen wurde das Top-Call-System installiert und arbeitete von Inbetriebnahme an ohne Störung und zuverlässig. Nach der Installation im März 85 wurden rund 80 Webasto-Mitarbeiter in kleinen Gruppen geschult. Das Ziel war erreicht: Etwa 140 Bildschirmarbeitsplätze sind bis heute an das System angeschlossen und über jeden Bildschirm werden Fernschreiben erstellt und über den Computer zum Sender weitergeleitet. Der gesamte Ablauf ist jetzt wesentlich schneller, streßfreier und wirtschaftlicher. Jede Texteingabe für abzusetzende Fernschreiben erfolgt direkt am Bildschirm und kann am Bildschirm überprüft und notfalls geändert werden. Syntaxfehler werden von vornherein vermieden. Die Sendezeit ist frei wählbar. Die Befehle werden problemlos am Bildschirmarbeitsplatz über die Tastatur eingegeben. Zusätzlich lassen sich Hardcopies über den Drucker erstellen. Jeder einzelne Mitarbeiter kann die von ihm erstellten Fernschreiben an seinem Bildschirm aufrufen.

Im Hauptwerk Stockdorf werden eingegebene Texte zunächst über Hausleitung zum Computer IBM 3083 übermittelt. Die Übermittlung von den Filialen Gräfelfing und Utting geschieht über Postleitung. Der Rechner prüft, speichert und überträgt die Texte zum Top-Call-System. Dort werden sie zwischengespeichert und in die Telex-Syntax umgewandelt. Es erfolgt die Kontrolle der Sendezeit und zum Schluß die Sendefreigabe.

Das Weiterleiten der Texte an den TX/TTX-Telexsender erfolgt unter CICS. Ist das Fernschreiben im Telexsender eingegangen, wird es unabhängig vom Computer zum Fernschreiber übertragen, gleichgültig, ob der Rechner betriebsbereit ist oder nicht.

Computer liefert Statusmeldungen

Der Telexsender wählt jetzt den Empfänger zum vorgegebenen Absendezeitpunkt vollautomatisch an und setzt das Fernschreiben ab. Kommt keine Verbindung zustande, führt das System nach einem bestimmten Rhythmus Wahlwiederholungen solange durch, bis der Empfänger erreicht wird. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß der Telexsender Daten über den jeweiligen Status der einzelnen Fernschreiben, wie beispielsweise "abgesandt", "nicht abgesandt" oder "Zeitpunkt des nächsten Anwahlversuches", automatisch an den Computer liefert. Auf diese Weise kann jederzeit und an jedem Bildschirmarbeitsplatz festgestellt werden, in welchem Stadium sich die Fernschreiben zum Zeitpunkt der Abfrage befinden.

Was die Sicherheit des Systems betrifft, so ist man bei Webasto vollauf zufrieden. Das Betriebssystem bietet dem Kunden eine hohe Ausfallsicherheit. Außerdem können mehrere Telex- oder Teletex-Amtsleitungen gleichzeitig vom System verwaltet werden. Über das normale Telefonnetz sowie mit Selbstwähl-Modem wird der Zugang zu internationalen Datennetzen und Mailbox-Systemen erreicht. Ob Schreibmaschinen oder Bildschirmsysteme angeschlossen werden sollen ist für das Top-Call-System ohne Bedeutung, da beides - auch gemischt - zum Standard gehört.

Bei Teletex bald gleiche Marschroute

Ein wesentlicher Punkt zum Vorteil und wirtschaftlichen Nutzen des eingesetzten Kommunikationssystems ist, daß im Vergleich zu früheren Verfahren mit fünf Erstellungsplätzen jetzt von 140 Bildschirmarbeitsplätzen Fernschreiben erstellt und gesendet werden können. Hinzu kommt, daß man über eine Standleitung zu den anderen Filialen verfügt und daß sich der gesamte Fernschreibverkehr von den verschiedenen Standorten über nur eine Telexleitung abwickeln läßt. Somit ist Webasto über nur eine Anschlußnummer erreichbar.

Franz Federmann stellt dazu fest: "Jeder Mitarbeiter, der mit diesem System arbeitet, ist zufrieden. Die Zahl der ausgehenden Fernschreiben konnte erhöht und das Briefeschreiben reduziert werden, da jeder Sachbearbeiter seine Texte jetzt selbst eingeben und senden kann." Der Weg über das Diktat mit anschließendem Schreiben, Kontrollieren und Korrigieren entfällt. Ebenso entfallen bei der jetzigen Arbeitsweise Wege- und Wartezeiten. Bei gleichen Texten an mehrere Empfänger ergeben sich ebenfalls Vorteile, da der Text nur einmal erstellt werden muß und sich dann mit verschiedenen Empfänger-Adressen automatisch und durch das System gesteuert mischt.

Für die Zukunft ist geplant, daß auch eingehende Fernschreiben auf den Bildschirm an den Arbeitsplätzen angezeigt werden können. Des weiteren ist vorgesehen, den Teletexverkehr auf die gleiche wirtschaftliche Weise wie den Telexverkehr abzuwickeln. Die dazu notwendigen Programme sollen noch in diesem Jahr freigegeben werden. Und - last but not least - wird man bei Webasto Electronic-Mail im Inhouse-Betrieb einsetzen, wobei das TX/ TTX-System eine wertvolle Unterstützung sein wird.