Auf der europäischen SNI-User-Konferenz

Web-Vater legt Wunschliste vor

26.09.1997

Ganz oben auf der persönlichen Wunschliste des Web-Erfinders steht eine überarbeitete Mensch-Maschine-Schnittstelle. Zu den Merkmalen eines konsistenten Interface zählt Berners-Lee vor allem aussagekräftige Objektbezeichnungen statt der heutigen langen Dateinamen. Jedes Web-Objekt solle bei seiner Entstehung mit Informationen über Zugehörigkeit, Zugriffsberechtigungen sowie Art und Dauer der Speicherung ausgestattet werden, die es dann wie ein Etikett mit sich führe. Name-Services, die diese Anforderung erfüllten, seien technisch kein Problem.

Was das Netz der Netze nach Ansicht seines Vorkämpfers noch nicht ermöglicht, aber unbedingt unterstützen sollte, ist "Interkreativität", also die gemeinsame Arbeit an ein und demselben Vorhaben. "Was bedeutet Kreativität im Web heute?", fragte Berners-Lee das Auditorium, "eine Booklist, eine E-Mail?" Das WWW eigne sich hervorragend zur Kooperation. Aber dazu müsse es Möglichkeiten bieten, Informationen auf komfortable Art und Weise zu bearbeiten.

Allerdings gibt es auch nichttechnische Hindernisse für den vorbehaltslosen Wissensaustausch. "Wir wissen nie, wer sich mit uns im Raum befindet", beschreibt der W3-Chef und Hypertext-Erfinder das Unbehagen vieler Web-User. Im Interesse des freien Informationsflusses, aber auch des Warenhandels müsse das Internet ein "web of trust" werden - ein Netz des Vertrauens. Dazu gehört die eindeutige Identifikation des Teilnehmers.

Die Herausforderung an die Web-Gestalter besteht darin, die über eine Person gespeicherten Informationen individuell zu verwenden, sie also je nach Bedarf und Zustimmung entweder weiterzugeben oder zurückzuhalten. Ein Netz von Smartcards, Softwareschlüsseln, Signaturen sowie gesicherte Zahlungsprotokolle sollen die Authentizität und Vertraulichkeit der übermittelten Informationen ermöglichen. Nur unter diesen Voraussetzungen werde der Web-Benutzer, so Berners-Lee, genug von sich preisgeben, um beispielsweise Agenten auf die Suche nach geeigneten Informationen oder Warenangeboten zu schicken.

Essentiell für die künftige Benutzung des Web ist für Berners-Lee auch ein Konzept für die Wahrung des geistigen Eigentums. Dabei schweben ihm Mechanismen vor, die dem Benutzer mitteilen, wem diese abgezapften Informationen gehören.