Investmentbank über wichtige Trends der nächsten Jahre

Web-Services werden die IT von Merrill Lynch massiv verändern

15.03.2002
FRAMINGHAM (CW) - Bei der Investmenbank Merril Lynch stehen Web-Services, Open-Source-Software und Offshore-Programmierung künftig hoch im Kurs. John McKinley, Chief Technology Officer und Leiter der kürzlich fusionierten Abteilungen für Global Technology und Services, sprach mit der CW-Schwester "Computerworld" über seine Pläne.

CW: Welche Bedeutung spielen XML-basierende Web-Services für Sie?

McKinley: Web-Services werden in den kommenden zwei Jahrzehnten unsere gesamte IT-Architektur fundamental verändern und eine ihrer tragenden Säulen bilden. Ich glaube, die Industrie hat sich derart weiterentwickelt, dass sie nun das Versprechen einer Wiederverwendung von Softwarekomponenten und -diensten innerhalb und zwischen Unternehmen einlösen kann. Es sind aber noch nicht alle Bausteine hierfür vorhanden. Wir fordern daher von Herstellern wie Microsoft, IBM und Bea Systems, dass sie uns klar sagen, was sie unter Web-Services verstehen.

CW: Setzen Sie auch auf andere angehende XML-Standards?

McKinley: Wir sind vor allem an den mit Hilfe von XML-Schema entstehenden Vokabularen für Geschäftverkehr (Financial Information Exchange Language) und Forschung (Research Information Exchange Markup Language) interessiert. Wir wünschten uns aber, dass es hier bereits mehr Standards gäbe. Daneben werden wir uns nach und nach mit den Web-Services-Spezifikationen Simple Object Access Protocol (Soap), der Web Services Description Language (WSDL), dem Verzeichnis Registry Universal Description, Discovery and Integration (UDDI) sowie schließlich auch mit Microsofts .NET näher beschäftigen. Dabei werden wir einen pragmatischen Weg einschlagen und mit der Zeit sehen, was wir davon tatsächlich einsetzen können.

CW: Gibt es weitere Trends in Ihrer Abteilung?

McKinley: Wir nutzten bei Merill Lynch seit letztem Jahr vermehrt Linux als Standard-Betriebssystem für Hardware-Appliances: von den Firewalls über Web-Server (Apache) bis hin zu Speicher-Systemen. Derzeit überlegen wir, ob wir Linux nur auf Wintel-Rechnern und/oder auch auf IBM-Mainframes der z-Series betreiben sollten.

CW: Welchen Stellenwert wird die Offshore-Entwicklung in Ihrer Organisation einnehmen?

McKinley: Ich bin ein großer Fan der Offshore-Entwicklung. Anders als viele Leute meinen, geht es hierbei nicht nur um die Wartung, sondern vor allem um die Neuentwicklung von Software. Bereits heute arbeiten 600 Leute (von den insgesamt 6000 IT-Mitarbeitern in Global Technology and Services) in Offshore-Abteilungen, und es könnten schon bald doppelt so viele sein. Ich glaube, dass hierbei vor allem das Outsourcing von Geschäftsprozessen an Bedeutung gewinnen wird, da es in unserer Branche noch viele manuell gepflegte Prozesse gibt. (as)