Unix ist das Betriebssystem der Wahl

Web-Server zum Nulltarif beherrschen den Markt

21.06.1996

Bei der Untersuchung des britischen Internet-Service handelt es sich um eine automatisierte Umfrage, die Resultate in der Art sogenannter "Web-Crawler" sammelt. Ein entsprechendes Programm durchforstet das Web-Dickicht und erhält auf standardisierte Kommandos hin Auskunft über Fabrikat und Versionsnummer. Die Übersicht vom ersten Juni berücksichtigt insgesamt 252685 Web- Server.

Seit Ende 1995 baut der Neuling "Apache" mit seinem gleichnamigen Produkt seine Führungsposition kontinuierlich aus und liegt derzeit bei einem Anteil von 33 Prozent, gefolgt von NCSAs "httpd" mit 21,84 Prozent. Erst auf Platz drei und vier finden sich die bestverkauften kommerziellen Server, der Netscapes "Commerce- Server" und "Communications-Server" mit 8,24 beziehungsweise 6,95 Prozent. Auf den Plätzen folgen ein weite- res kostenloses Produkt, "Cern", vor "Website" von O'Reilly ( Listenpreis 295 Dollar) und Microsofts frei erhältlichem "Internet Information Server" mit 3,35 Prozent (entspricht 8459 Installationen).

Die Übersicht über Web-Einrichtungen von Firmen ergibt, daß dort kaum Abweichungen vom Gesamtergebnis festzustellen sind. Dies läßt den Schluß zu, daß die meisten Unternehmen ihre Web-Einrichtung noch nicht als kritischen Zweig ihres Geschäfts betrachten. Sie trauen sich daher auch bei Ausfällen zu, ohne die Unterstützung des Herstellers auszukommen.

Außerdem legt die Angebotssituation nahe, daß es sich bei HTTP- Servern mit ihrem derzeitigen Leistungsumfang um relativ einfache Software handelt. Darauf deutet die Unzahl von Produkten hin, die von Klein- und Kleinstherstellern angeboten werden. Allerdings kommen diese Web-Server zusammen auf nur wenige Prozent Marktanteil. Angesichts des gängigen Funktionsumfanges von HTTP- Servern scheinen Firmen mit den führenden Public-Domain-Servern gut bedient, da ihnen kommerzielle Produkte nur wenig voraus haben. Erst wenn Transaktionen über das Internet erfolgen sollen, scheint der Rückgriff auf kommerzielle Produkte angeraten. Aber selbst dort ziehen die Programmierer freier Software nach: Apache bietet inzwischen eine Version an, die Secure Sockets Layer (SSL) unterstützt. Bei geschäftlichem Einsatz des sicheren Web-Servers muß allerdings eine Lizenz erworben werden. Die Verbreitung einzelner Web-Server läßt nur bedingt Rückschlüsse auf die eingesetzen Betriebssysteme zu.

Unumstritten ist die Führungsposition von Unix: Apache und Cern gibt es nicht für Windows NT, der NSCA-Server läuft zumeist auf Unix-Rechnern.

Windows NT-Produkte spielen bislang mit elf Prozent kaum eine Rolle. Noch schwächer ist die Position von OS/2 und Netware: IBMs "Internet Connection Server" kommt nur auf 0,08 Prozent, der Netware-Web-Server schneidet mit 0,01 Prozent (32 Installationen) noch schlechter ab. Im Fall von OS/2 ist allerdings unklar, wie viele der Apache-Server unter dem IBM-System laufen.

Wenig Aufschluß gibt die Studie auch darüber, wie viele Lizenzen kommerzielle Anbieter insgesamt losschlagen konnten: Der größte Teil davon kommt nämlich hinter firmeneigenen Firewalls in Intranets zum Einsatz, wurde also von der Netcraft-Untersuchung nicht erfaßt.

Die Popularität des Web bewirkt nicht nur auf der Client-Seite die stürmische Weiterentwicklung von Browsern, sondern führt zu immer größerem Funktionsumfang bei Servern. Dies zeigt auch die Erweiterung des HTTP-Protokolls, dessen Entwurf für die Version 1.1 unter http://www.webcompare.com/draft-ietf-v11-spec-03 eingesehen werden kann. Dessen geplante neue Möglichkeiten werden zum Teil schon jetzt in verschiedenen Web-Servern berücksichtigt. Davon profitieren die kommerziellen Anbieter, denn die vielen kleinen Softwerker können mit den steigenden Anforderungen nicht mithalten.