Web-Euphorie ist Pflicht

22.03.1996

Christoph Witte

Das DV-Grossereignis dieses Jahres ist vorbei, und die meisten Aussteller waren laut Veranstalter wie immer zufrieden. Einige Anbieter von professionellen IT-Loesungen klagen zwar darueber, dass ihnen mit dem Mittwoch ein vollwertiger Messetag verlorenging, waehrend das Wochenende fuer sie ohnehin noch nie etwas gebracht habe. Aber offenbar nehmen sie die CeBIT als Naturereignis, ueber das man sich zwar beschwert, dem zu entrinnen jedoch unmoeglich ist.

Obwohl die offizielle Hochrechnung der Messe AG - 650000 Besucher an sieben Tagen - bewundernswert genau den Erwartungen entspricht, wird bereits wieder offen ueber eine Acht-Tage-Veranstaltung spekuliert. Nach dem Vorsitzenden des Messebeirats, Joern-Peter Stielow, der bereits vor Beginn die Rueckkehr zur langen CeBIT nicht mehr ausschloss, erklaerte nun auch Messevorstand Hubert Lange, dass ihm eine Verlaengerung nicht ungelegen kaeme (siehe Seite 2).

Inhaltlich bot die CeBIT nicht viel Neues. Nette Kleinigkeiten waren zu sehen, die aber eher den Hintergrund einer Veranstaltung bildeten, auf der die Herstellerschaft dokumentieren wollte, dass sie geschlossen einem Trend folgt: Internet, Internet, Internet.

Neben den Hauptdarstellern der internationalen Buehne versuchten auch deutsche Unternehmen, Internet-Tauglichkeit nachzuweisen. So trat die Hamburger Star Division mit einer neuen, Web-faehigen Version ihrer Buerosuite "Star Office" an, die SNI und Apple zunaechst in Deutschland zusammen mit ihren Rechnern auszuliefern versprochen haben.

Bei der zweiten Kooperation handelt es sich um eine Zusammenarbeit zwischen Microsoft und der SAP (siehe Seite 1). Dabei geht es um ein gemeinsames, transaktionssicheres Programmier-Interface, das externen Mitarbeitern per Internet-Browser den Zugang zu Informationen ermoeglicht, die dynamisch aus SAP-Modulen erzeugt werden koennen.

Um diesen Zugang zu erlauben, ueber den sich auch Bestellungen erledigen lassen, ist neben dem R/3-Paket fuer die unternehmensinterne DV ein zweites, dediziertes Paket zu installieren, das als Auskunftei dienen und den elektronischen Handel erledigen soll. Die obligate Firewall und ein Web-Server kommen natuerlich noch dazu. Auf diese Weise duerften Internet- Marketing und Electronic Commerce fuer Anwenderunternehmen teuer werden.

Wahrscheinlich muss man nicht allzu lange suchen, um preiswertere Loesungen zu finden, die professionelles Marketing und Handel ueber das Internet ermoeglichen. Deshalb scheint es, als wollten sich die Walldorfer zum technologischen Vorreiter stilisieren, indem sie ihr Produkt noch einmal aufbohren, um Zukunftsfaehigkeit zu beweisen.

Es liessen sich etliche weitere Hersteller nennen, die die CeBIT benutzten, um auf den Internet-Zug aufzuspringen. Aber bislang hat noch keiner die Kardinalfragen eindeutig beantwortet: Wo helfen das Internet, die vielen Browser, Server und Applikationen dem Anwender konkret bei der Verbesserung seiner Geschaeftsprozesse, und wie laesst sich im Netz der Netze Geld verdienen?