Web-Clients für ERP haben Schwächen

14.11.2006
Von Michael Gottwald und Arno Schambach

An Browser gebunden

Web-Clients sind heute oftmals noch an bestimmte Plattformen und Browser (meist Microsoft) gekoppelt und bieten damit nicht den Vorteil der Plattformunabhängigkeit, was unter- nehmensübergreifende Kollaborationsansätze zusätzlich erschwert. Lediglich Web-Clients auf Java-Basis, die beispielsweise mit Servlets, Javaserver Pages und Enterprise Javabeans erstellt wurden, bieten Alternativen, sind aber viel aufwändiger in der Entwicklung als Microsoft-Lösungen.

Thin Client - Rich Client

Ein Thin Client ist ein Ein-Ausgabegerät, das mit einer Server-basierenden IT-Infrastruktur verbunden wird. In einer reinen Thin-Client-Umgebung laufen alle Anwendungen inklusive der Web-Browser auf dem Server, die Daten werden ebenso zentral abgelegt. Der Thin Client selbst übermittelt Tastatur- und Mouse-Events an die Server-seitigen Anwendungen und präsentiert deren Output auf dem Monitor.

Ein moderner Thin Client verfügt über genügend Grafikleistung zur Darstellung moderner Desktop-Oberflächen und kann auch die Ein- und Ausgabe von Audio per Mikrofon und Lautsprecher unterstützen. Je nach Typ, Konfiguration und Bedarf lassen sich Anwendungen auch direkt auf dem Thin Client ausführen. Praktisch alle verfügbaren Produkte kommen mit integrierten Clients für "Microsoft Terminal Server" (via RDP-Protokoll) und "Citrix Metaframe" (via ICA).

Mit einem Rich Client ist ein vollwertiges System gemeint. Synonym wird auch der Begriff Fat Client verwendet.

Zu bedenken ist auch, dass Web-Frontends das Netz mit datenintensiven Zugriffen auf Applikationen belasten. Verarbeiten müssen diese Anfragen die zentralen Systeme, da alle Programme auf wenigen Servern laufen statt auf zahlreichen Clients. Dies hat zur Folge, dass die Hardwareanforderungen an den Server im Gegensatz zu den Web-basierenden Systemen verhältnismäßig hoch sind. Ab einer bestimmten Anzahl von Thin Clients stellen sich aber auch hinsichtlich der Hardwarekosten, Lizenzgebühren und des Wartungsaufwands Skaleneffekte ein, die die zusätzlichen Anforderungen und Kosten mittelfristig überkompensieren.

Defizite bei Web-Services

Auch in Sachen Web-Services bieten die Web-Clients häufig nicht die notwendige Unterstützung. Dazu zählen Standards wie Soap (Simple Object Access Protocol), WSDL (Web Services Description Language) und XML, die eine Kommunikation und Integration von Anwendungen sowie Drittsystemen innerhalb und außerhalb der Unternehmensgrenzen gewährleisten.

Komponenten- und Web-basierende ERP-Systeme auf Basis einer SOA stellen unter anderem SoftM und Bison (auf Basis von Java) sowie der Schweizer ERP-Spezialist Ramco Systems her. Letzterer baut das "Ramco Enterprise Series" auf Grundlage der Anwendungs- und Entwicklungsumgebung "Virtualworks".

Ob Web-fähig oder Web-basierend, letztlich stehen eine Senkung der Betriebskosten, mehr Prozesseffizienz und Möglichkeiten zur Anwendungsintegration im Mittelpunkt der Entwicklungsbemühungen. Von Softselect innerhalb der vergangenen zwei Jahren befragte IT-Verantwortliche gaben im Rahmen von Software-Evaluationsprojekten diesbezüglich ebenfalls ein wachsendes Interesse an vertikaler und horizontaler Systemintegration, XML-Unterstützung, Java-basierenden Entwicklungen und Web-basierenden Systemarchitekturen (beispielsweise Portallösungen) an.

IT-Manager sind bereit, technische Entwicklungen hinsichtlich ihrer Praktikabilität zu prüfen. Sie achten jedoch mehr denn je auf die Kosten und den betriebswirtschaftlichen Nutzen. Hier stehen die Softwarehersteller in der Pflicht, sinnvolle Konzepte anzubieten. Und diese Konzepte werden im Wesentlichen auf den Web-basierenden Entwicklungen der jüngsten Generation aufsetzen.