Karriere als Berater

Was zählt mehr - Projekterfahrung oder Prozesswissen?

15.05.2009
Von Gabi Visintin

Zertifizierungen sind hilfreich

Auch Zertifizierungen sind auf dem Qualifikations-Tableau nicht außer Acht zu lassen, auch wenn Anwenderfirmen wie Bayer weniger davon halten. "Eine Zertifizierung allein ist dünn", meint Bayer-Personaler Holländer. Bebit-Berater Fellger betont, dass sein Arbeitgeber Bewerber ohne SAP-Zertifizierung einstellt, solche Bescheinigungen hätten aber eher eine Testfunktion: Sie belegen das Weiterbildungs-Engagement eines Bewerbers. Und auf noch einen Gesichtspunkt weist Fellger hin: "Aus Kundensicht sind Zertifikate, die das Fachwissen unserer Berater auszeichnen, hilfreich, bei öffentlichen Ausschreibungen sind sie sogar vorgeschrieben."

Dagmar Schimansky-Geier, 1 a Zukunft: 'Beraterjobs beim Anwender können etwas gleichförmiger sein.'
Dagmar Schimansky-Geier, 1 a Zukunft: 'Beraterjobs beim Anwender können etwas gleichförmiger sein.'

Fakt ist, dass System- und Beratungshäuser mehr Berater suchen als Anwenderunternehmen. "Im Grunde genommen ist das keine Überraschung: Anwender konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft und versuchen, ihre IT-Mannschaften schlank zu halten", erläutert Personalberaterin Schimansky-Geier. Die Hauptaufgabe der Dienstleister sei das Gegenstück dazu: Sie bieten den Anwendern ihre Hilfe an und bauen ihre IT-Teams aus, je mehr Anwender nach Unterstützung fragen. "Heute spielt die IT in den Unternehmen eine zentrale Rolle, und der Stellenwert der IT-Abteilung und der CIOs ist gestiegen", betont sie. Das schmälere jedoch nicht die Rolle der externen Berater. Im Gegenteil: Weil die IT heute die meisten Betriebsprozesse unterstützt und sich kontinuierlich an den Unternehmenszielen ausrichten muss, so die Bonner Beraterin, habe mit dem IT-Wandel auch die Bedeutung der Beratungshäuser zugenommen. Externe Mannschaften leiteten internationale Rollouts oder Re-Engineering-Projekte für die Optimierung von Geschäftsprozessen, und wenn es sich anbietet, erarbeiten sie für ihre Kunden auch Outsourcing-Konzepte samt Umsetzungs- und Betreuungsplänen. Die besondere Rolle der externen Consultants für die Anwender gründet dabei auf ihrem Prozesswissen und ihren umfangreichen Erfahrungen aus unterschiedlichsten Projekten und Branchen, die sie in firmenspezifische IT-Konzepte einfließen lassen.

Tatsache ist aber auch, dass die Unterschiede zwischen den Beraterjobs in den Systemhäusern und ihren Kolleginnen und Kollegen bei den Anwendern kleiner geworden sind, wie Personalexperten feststellen. Auch die Gehälter, die Anwenderfirmen heute zahlen, sind deutlich gestiegen, "auch wenn das Salär bei den klassischen Beratungshäusern weiterhin die Hitliste anführt", wie Schimansky-Geier aus Erfahrung weiß.