Was wird aus der IBM 38?

27.05.1983

Eine Leistungslücke klaffte bisher in der IBM-Produktpalette zwischen dem Bildschirmcomputersystem /34 und dem Datenbankcomputer /38. Der Marktführer würde sie mit einem mittleren Schrägstrichmodell schließen, dachte man vor der weltweiten NCC-Ankündigung. Die /36 ist da (CW Nr. 21 vom 20. Mai 1983, Seite 1). Ein Loch ist in der IBM-Produktpalette.

Aber alles schön der Reihe nach: Die /34 wurde 1977 als erster "Easy-to-use"-Computer des Mainframe-Giganten für unerfahrene Erstanwender auf den Markt gebracht. Was Big Blue mit deren Vorläuferin, der /32, anstellte, zwei Jahre zuvor ins First-time-user-Rennen geschickt, waren Fingerübungen eines MDT-Debütanten, zählte nicht. Der "Medikamentenschrank" (die Benutzer bekamen wegen der Back-up-Schwäche Rückenschmerzen, die IBM-Wettbewerber freuten sich) ist denn mittlerweile auch den Weg allen Bleches gegangen.

Der /34-Rubel rollte dagegen für die IBM von Anfang an. Heute sind weltweit mehr als 60000 Anlagen dieses Typs installiert. Architektur und Technologie der schrägen 34 haben freilich längst Gilb angesetzt; die Benutzer stießen immer öfter an Leistungsgrenzen. Die Konkurrenz im Bürocomputerbereich heizte zusätzlich dem Bildschirmcomputer gehörig ein, selbst konservative /34-Kunden kamen an dem attraktiven Replacement-Angebot nicht mehr vorbei. Außerdem hatte IBM, was Programmier- und Bedienungsfreundlichkeit betrifft, mit der Ankündigung des Systems /38 im Jahre 1978 ein Zeichen gesetzt, angedeutet, was Benutzerkomfort in der Datenverarbeitung heißen kann.

Neuralgischer Punkt bereits damals: Der Datenbankcomputer und das System /34 waren, schon durch die unterschiedlichen Programmiersprachen RPG II und RPG III, total inkompatibel. Einen bequemen Upgrade-Pfad gab es nicht. Wer alle Funktionen der DB-Maschine nutzen wollte, mußte, daraus machte IBM keinen Hehl, bei Null anfangen. So kamen die /38-Beginner häufig vom System /3 und auch aus dem unteren /370 Bereich (Modelle 115 und 125), seltener vom Wettbewerb.

Für die wachsende /34-Gemeinde gab es zunächst ausreichende Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der eigenen Systemgrenzen. Doch in den vergangenen Jahren wurde der Ruf nach einer RPG II-Upgrade-Reserve immer lauter. Vielen Anwendern erschien der Übergang zur /38 zu beschwerlich, die Wechseldistanz zur Serie 4300 zu groß. Den Aufstiegswilligen, sagt IBM, kann jetzt geholfen werden. Doch bietet der neue Rechner wirklich langfristige Wachstumsperspektiven? In seiner jetzigen Ausbauform wohl kaum. Von der Architektur her (mehrere Mikroprozessoren) bietet er wenig Neues. Und ein Leistungsplus von 20 bis 70 Prozent. Was IBM verspricht, ist wohl das Mindeste, was die Kunden erwarten konnten.

Immerhin: Auf der /34 entwickelte Anwendungen können, laut IBM, nach einer Neucompilierung auf der /36 laufen. Die Benutzer der /34 tun eh gut daran, an einen Austausch zu denken. Das System befindet sich zwar Big Blue zufolge noch in "limited production" (Originalton IBM), das heißt, es wird tröpfelnd weiter produziert. Doch irgendwann ist Sense. Also wird es mit Sicherheit weitere /36-Modelle geben, oben und unten - ob aber auch eine Brücke zur /38-Welt? Die DB-Maschine führt in der IBM-Produktpalette ein, wenn auch gesundes, Eigenleben; Fraglich bleibt, ob die /38-Entwicklung noch länger gefördert wird. Hier muß sich IBM, wenn die Kunden weiter auf Antworten drängen, etwas einfallen lassen.