Urteil des EuGH zur Kündigungsfrist hat enorme Tragweite

Was wird aus dem deutschen Arbeitsrecht?

21.01.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Die Entscheidung des höchsten europäischen Gerichts zu den Beschäftigungszeiten von Arbeitnehmern im Falle einer Kündigung hat weitreichende Folgen. Hier eine erste Stellungnahme.
(Foto: Forgiss/Fotolia.com)
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Beschäftigungszeiten von Arbeitnehmern, die vor der Vollendung ihres 25. Lebensjahres liegen, müssen bei der Berechnung der Kündigungsfrist berücksichtigt werden. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB stellt eine Diskriminierung wegen des Alters dar.

Darauf verweist der Düsseldorfer Fachanwalt für Arbeitsrecht Karsten Haase, Leiter des Fachausschusses "EU-Arbeitsrecht" des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf das ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19.01.2010, Az.: C-555/07.

Ab sofort dürfen deutsche Gerichte die seit 1926 geltende Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht mehr anwenden. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB besagt, dass bei der Berechnung von Kündigungsfristen die Beschäftigungszeiten eines Arbeitnehmers, die vor der Vollendung seines 25. Lebensjahres liegen, nicht berücksichtigt werden dürfen. Diese Regelung verstößt, wie der EuGH nunmehr entschieden hat, gegen das europarechtliche Verbot der Diskriminierung wegen Alters. Denn es stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, wenn Beschäftigungszeiten jüngerer Arbeitnehmer, die vor der Vollendung ihres 25. Lebensjahres liegen, anders - nämlich gar nicht - berücksichtigt werden, als Beschäftigungszeiten anderer Arbeitnehmern, die nach der Vollendung ihres 25. Lebensjahres ein Arbeitsverhältnis begründet haben. Nach § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB würden also Arbeitnehmer, die eine gleiche Betriebszugehörigkeit aufweisen, unterschiedlich behandelt, je nachdem, in welchem Lebensalter sie in den Betrieb eingetreten sind.