Reality Check

Was vom SOA-Hype übrig bleibt

16.10.2008
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

SOA-Versprechen auf dem Prüfstand

Das sehen inzwischen auch andere Marktbeobachter so. Berichte über typische Fehler und Versäumnisse in SOA-Projekten häufen sich. Das amerikanische Marktforschungs- und Beratungshaus Gartner, eigentlich ein glühender Verfechter der SOA-Idee, veröffentlichte eine Liste mit den zwölf SOA-Todsünden. Ein kritischer Blick auf die Versprechen der SOA-Protagonisten offenbart, warum die Begeisterung nachgelassen hat.

Beispiel IT-Kosten: Laut einer Untersuchung von Saugatuck Technology erhoffen sich zwar 57 Prozent der Verantwortlichen sinkende Ausgaben als Ergebnis ihrer SOA-Bemühungen. Doch von konkreten Einsparungen in laufenden oder bereits abgeschlossenen Projekten ist kaum etwas zu hören. Angesichts der hohen Vorabinvestitionen scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein. "Das Kostenargument wurde als erstes ad acta gelegt", sagt Wolfgang Beinhauer, SOA-Experte beim Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation. Olaf Herbig, Vice President Operations Implementation & Management bei T-Systems, bestätigt diese Sicht: "In der praktischen Umsetzung hat sich gezeigt, dass Einsparungen viel später als angenommen zu realisieren sind." Im ersten Schritt müssten Unternehmen zunächst investieren (siehe auch: Wie sich SOA-Projekte rechnen).

Beispiel Wiederverwendung: Einmal erstellte Softwareservices mit standardisierten Schnittstellen lassen sich immer wieder benutzen und steigern so die Effizienz in der Softwareentwicklung, lautet ein anderes Versprechen. Eine Studie von Vanson Bourne, in Auftrag gegeben vom SOA-Anbieter Progress Software, relativiert diese Aussage. Demnach lassen sich im Durchschnitt nur etwa 30 Prozent der von Anwenderunternehmen entwickelten Services wiederverwenden. Bei 25 Prozent der Befragten liegt der Anteil mehrfach einsetzbarer Softwaremodule unter zehn Prozent. Dazu passt die Einschätzung des Braunschweiger SOA-Spezialisten Nicolai Josuttis. Nach seiner Erfahrung wird ein Softwareservice durchschnittlich nur von ein bis zwei Nutzern (Consumern) in Anspruch genommen. Von einer intensiven Mehrfachverwendung könne also kaum die Rede sein, erklärte Josuttis auf dem Münchner Entwicklerkongress OOP 2008 (siehe dazu: Entwicklertipps für die SOA).

Beispiel Agilität: SOA erlaubt es Unternehmen, ihre IT zu flexibilisieren und damit agiler zu werden, werben die Softwareanbieter. Das Problem hinter diesem Argument ist vielschichtig. Budgetverantwortliche können mit dem schwammigen Begriff oft nichts anfangen; sie verlangen konkrete Zielvorgaben und Ergebnisse. Hinzu kommt, dass sich Agilität schwer messen lässt und sich damit verbundene Effekte, wenn überhaupt, erst nach einer längeren Anlaufzeit einstellen.