User-Umfrage in Deutschland und den USA:

Was vom Data Dictionary zu erwarten ist

02.11.1979

HAMBURG/ATLANTA (pi) - Als Propheten mußten sich über 200 Teilnehmer der Datamanager-User-Group-Konferenzen in Hamburg und Atlanta betätigen. Sie sollten nach 20 Beurteilungskriterien die wahrscheinliche Bedeutung von Data Dictionaries in den kommenden 15 Jahren schätzen.

Im groben stimmen dabei die zeitlichen Voraussagen für bestimmte Ereignisse überein, wobei im allgemeinen die Deutschen Neuerungen ein Jahr später ansetzten als die Amerikaner und auch in der Erwartung ihrer möglichen Realisierung vorsichtiger waren. Deshalb fällt auf, daß die Hamburger das Data Dictionary als Hilfsmittel für mathematische Programme schon wesentlich früher eingesetzt sehen als die Vergleichsgruppe in Atlanta.

Die MSP Software Products hat auf den genannten Anwender-Treffen den Teilnehmern je einen Katalog von Behauptungen vorgelegt; jeder einzelne sollte voraussagen, wann ein Ereignis - wenn überhaupt - eintreten würde. COMPUTERWOCHE hat die Ergebnisse beider Testgruppen einander gegenübergestellt - Gruppe Hamburg: schraffiert, Gruppe Atlanta: weiß -, wobei die Balken den Zeitraum darstellen, der von der jeweiligen Gruppe für das Eintreffen einer Behauptung angesetzt wurde. Um "Extrem-Meinungen" zu vermeiden, sind an den Ergebnisskalen vorne und hinten zehn Prozent eliminiert worden. Die Darstellung gibt also den Termin an zu dem die Gruppe frühestens das Eintreten eines Ereignisses für wahrscheinIich hält (Balkenanfang), wann sie dessen Realisation erwartet (schwarze Marke) und schließlich, wann sie spätestens mit dem Eintreffen des Ereignisses rechnet. Die Podeste demonstrieren den prozentualen Anteil der Gruppe, der die Behauptung für nicht realisierbar hält, und umreißt damit den Unsicherheitsfaktor für den Einsatz von Data Dictionaries zum genannten Kriterium. Die Befragungen fanden Ende des Jahres 1978 statt; trotzdem urteilte die Gruppe, könnten gewisse Entwicklungen bereits 1979 abgeschlossen sein.

Noch innerhalb der nächsten fünf Jahre wird mit der Verbreitung von Data Dictionaries auch außerhalb des Rechenzentrums gerechnet. Dabei übernimmt das Dictionary hauptsächlich Datenverwaltungs- und -kontrollfunktionen sowie die System-Generierung und Programmierhilfen. "Mathematische Programmüberprüfungen" damit vorzunehmen halten nur 80 Prozent der Befragten für überhaupt realisierbar, dabei glauben die Deutschen, über ein so konzipiertes Data Dictionary bereits 1986 verfügen zu können. Zweifelhaft ist, ob das Data Dictionary die EDV revolutionieren wird, das heißt, ob er andere Arbeitsmethoden auf einem bestimmten Gebiet ganz verdrängen wird. Voraussichtlich wird er sich zwar zur "einzigen Quelle aller Datendefinitionen" entwickeln; Dokumentation, Sicherheitskontrolle und Rechtsangelegenheiten glaubt man ihm aber nicht ganz überlassen zu können. Einigkeit scheint darüber zu bestehen, daß der Einsatz für immer umfangreichere Funktionen in Datenbanken zunehmende Bedeutung erlangen wird.