Due Diligence im IT-Unternehmensverkauf

Was Sie über eine Due Diligence wissen sollten

18.07.2020
Von 
Oliver Wegner schreibt über gesundes Wachstum in IT-Unternehmen. Dabei werden vor allem die Perspektiven Mergers & Acquisition, IT-Lösungsvertrieb, Führungswandel und Vertriebssteuerung beleuchtet. Wegner verhilft seit knapp 25 Jahren Herstellern sowie IT-System- und Beratungshäusern gezielt den Unternehmenswert sowie Roherträge zu steigern. Er ist CEO der evolutionplan AG, Buchautor, Keynote-Sprecher und bringt sich in diversen Verbänden ein.
Sobald ein potenzieller Erwerber oder Investor ernsthaftes Interesse bekundet, ist der IT-Unternehmer aufgefordert, im Rahmen einer Due Diligence die Hüllen fallen zu lassen.

Eine Due Diligence ist eine wesentliche Phase im Unternehmensverkauf oder dem Verkauf von Geschäftsanteilen. Nach dem sich das Feld von interessierten Erwerbern verdichtet hat und wenige potentielle Käufer ihr ernsthaftes Kaufinteresse signalisiert haben, erhalten die Interessenten eine zeitlich befristete Möglichkeit, sich mit sehr detaillierten Informationen zum Kaufobjekt zu befassen. Voraussetzung dafür ist der Abschluss einer Absichtserklärung in Form eines Letter of Intent (LOI) und natürlich eine Vertraulichkeitserklärung, die in der Regel bis zu diesem Zeitpunkt auch schon vorliegt.

Für eine erfolgreiche Due Diigence braucht es einen strukturierten und gut moderierten Prozess.
Für eine erfolgreiche Due Diigence braucht es einen strukturierten und gut moderierten Prozess.
Foto: winui - shutterstock.com

Welche Daten und Informationen haben Relevanz?

Die Phase der Due Diligence gibt dem potentiellen Erwerber die Möglichkeit, vor allem eine strukturierte Risikoprüfung durchzuführen. Von Verkäuferseite sind dabei Dokumente und Informationen zu kaufmännischen, rechtlichen, organisatorischen und technischen Aspekten bereitzustellen.

Aus der Praxis empfiehlt es sich dabei, nicht "wahllos" Informationen zusammenzustellen, sondern vor Einrichtung eines so genannten Datenraumes (heute in der Regel auf elektronischer Basis), selbst oder besser über seinen M&A-Berater die konkreten Anforderungen zu dieser Phase von Käuferseite abzuholen. Neben den Pflichtteilen, wie die Einsicht in finanzielle und steuerrechtliche Aspekte, sind erfahrungsgemäß unterschiedliche Blickwinkel von Investorenseite gewünscht und entscheidend.

Während klassische Finanzinvestoren ihren Betrachtungsschwerpunkt in der Regel auf Zahlen und dabei vor allem auf die Entwicklung von Umsätzen, Kosten und Erträgen legen, werfen strategische Investoren einen anderen Blickwinkel auf das Vorhaben. Hier kann der Zukauf von Schlüsseltechnologien oder einem Personal- oder Kundenstamm der primäre Treiber sein. Im Verkauf von Hard- und Softwareunternehmen erfolgt beispielsweise im Rahmen der technischen Due Diligence gewöhnlich ein Code-Review. Interessierte Käufer und Investoren wollen dann auch sehen, wie der Grad der Dokumentation von Entwicklungsständen aussieht, da das Asset in der Regel - neben bestehenden Kunden und Mitarbeitern - vor allem in der Technologie selbst liegt. Aus diesem Grunde ist es so entscheidend, im Vorfeld mit dem potentiellen Erwerber abzustimmen, welche Informationen für eine fundierte Risikoprüfung notwendig sind.

Struktur und eine professionelle Moderation schaffen Überblick

Wenn mehrere Interessenten das Vorhaben gleichzeitig prüfen, sollten aus Vertraulichkeitsgründen auf jeden Fall separate, elektronische Datenräume bereitgestellt werden. Grundsätzlich hat der Verkäufer das Recht darauf, zu erfahren, wer von Erwerberseite Zugriff auf die doch teilweise sehr sensiblen Daten bekommt. Neben handelnden Personen vom Erwerber halten auch externe Berater der Käuferseite Zugang. Hier kann ebenfalls der M&A-Berater sinnvoll unterstützen, um eine vollständige Liste der Ansprechpartner mit Funktionen im Vorfeld einzuholen und den Prozess der Due Diligence über die gesamte Strecke unter allen Beteiligten professionell zu moderieren. Im Rahmen der Prüfung werden in der Regel sehr viele Detailfragen aufgeworfen, wo es sinnvoll ist, dass diese präzise aufgenommen und zügig beantwortet werden.

Nicht selten findet in dieser Phase ein intensiver Dialog zwischen dem Verkäufer und seinen Beratern, darunter auch Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer statt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die genannten Personen allesamt nur Berater des Verkäufers sind und ebenfalls gut gesteuert werden müssen, da auch diese primär nur aus ihrem inhaltlichen Blickwinkel auf das Vorhaben schauen.

Da eine Due Diligence (DD) sich über einen Zeitraum von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Wochen oder gar Monaten hinziehen kann, läuft in dieser Zeit natürlich das operative Geschäft des verkaufenden Unternehmers weiter. Deshalb ist der Verkäufer während dieser Phase in der Regel aufgefordert, potentielle Erwerber im Rahmen der DD über Änderungen, die über den normalen Geschäftsbetrieb hinausgehen, aktiv zu informieren. Eine Informationspflicht besteht zumeist für Veränderungen im Personalstamm - das gilt sowohl für Zu- als auch Abgänge - sowie Veränderungen auf Kundenseite, hier interessieren vor allem Kündigungen von Schlüsselkunden. Darüber hinaus sollte auch informiert werden, wenn sich Verhältnisse zu Geschäftspartnern ändern oder steuerliche Nachprüfungen und Feststellungen Änderungen in den kaufmännischen Unterlagen nach sich ziehen.

Alle Ergebnisse und Erkenntnisse dieser wichtigen Phase fließen später zum einen in die finale Beurteilung des Kaufpreises ein, der aus Verkäufersicht hoffentlich in seiner im Vorfeld besprochenen Höhe und den Zahlungsmodalitäten damit bestätigt wird. Zum anderen haben sie Einfluss auf zu vereinbarende Gewährleistungs- und Garantieforderungen des Käufers, die sich später im Kaufvertrag wiederfinden werden.

Verhalten bei kritischen Fragen

Je detaillierter die Prüfung vom Interessenten vorgenommen wird, umso mehr Spezialfragen können auftauchen. Zudem können Situationen und Sachverhalte im Rahmen der DD hochkommen, die ein Verkäufer gar nicht kennt (sollte die Ausnahme sein) oder nicht mehr bewusst auf dem Schirm hat.

Auch hier hilft es, gemeinsam mit einem M&A-Berater diese potentiellen kritischen Sachverhalte vor zu besprechen, um sich zu überlegen, wie diese an einen Erwerber kommuniziert werden sollten oder ob diese überhaupt kommuniziert werden müssen. Ein kritischer Sachverhalt, der auf jeden Fall mitgeteilt werden muss, könnte beispielsweise sein, dass es Kunden gibt, mit denen der Anbieter aktuell im Rechtsstreit liegt oder Mitarbeiter, die signalisiert haben, dass sie das Unternehmen verlassen wollen.

Da eine Due Diligence in jeder Transaktion durchgeführt wird, kann der Verkäufer sich rechtzeitig darauf vorbereiten. Er ist dabei gut beraten, wenn er seine Dokumente und Daten parallel zur Marktansprache von potentiellen Erwerbern auf Vollständigkeit prüft, aufbereitet und in diesem Zusammenhang auch digitalisiert, wenn noch einiges in Papierakten vorliegt. Damit wird sichergestellt, dass die Dauer des Transaktionsprozesses nicht künstlich in die Länge gezogen wird. Fehlende Jahresabschlüsse, Bilanzen oder Verträge könnten den Prozess schon mal leicht um 2-3 Monate verlängern.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass eine Due Diligence die Stärken eines Unternehmens bestätigen und mögliche Schwächen aufzeigen soll. Wenn diese entscheidende Phase mit allen Beteiligten erfolgreich gemeistert wurde, dann ist zumeist auch der Weg für eine erfolgreiche Transaktion geebnet.