Flash als Festplattenersatz

Was Sie schon immer über Solid State Drives wissen wollten

24.06.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Wie reagieren die klassischen Festplattenhersteller?

Die etablierten Festplattenanbieter stecken in einer Zwickmühle. Einerseits müssen sie aufpassen, in Sachen SSD nicht den technischen Anschluss zu verpassen. Andererseits sind Firmen wie Seagate und Western Digital gezwungen, ihr angestammtes Geschäftsfeld zu stützen, das nach wie vor für Milliarden-Umsätze steht. Die Hersteller spielen daher auf Zeit, um für einen möglichst reibungslosen Übergang zu sorgen und damit ihr Revier im weltweiten Speichergeschäft zu verteidigen.

Der maßgebliche Faktor im Storage-Geschäft ist der Preis, sagt Seagate-Chef Bill Watkins. Da könnten SSD-Speicher noch nicht mithalten.
Der maßgebliche Faktor im Storage-Geschäft ist der Preis, sagt Seagate-Chef Bill Watkins. Da könnten SSD-Speicher noch nicht mithalten.
Foto: Seagate

Flash-basierende Festplatten könnten nicht im Preiswettbewerb mithalten und eigneten sich nicht für den Consumer-Markt, behauptet derzeit Bill Watkins, CEO von Seagate Technology. Der maßgebliche Faktor im Storage-Markt sei der Preis pro GB. Erst wenn die SSD-Kosten in den Bereich von etwa 10 Cent pro GB kommen, werde das Geschäft auch für den Massenmarkt interessant. Außerdem suchten die Endanwender angesichts wachsender Video- und Fotodaten nach großvolumigen Speichern im TB-Bereich. Diese Kapazitäten könnten SSDs derzeit nur zu extrem hohen Kosten bieten. Die Seagate-Verantwortlichen haben bereits Festplatten mit einer Kapazität von 2 TB angekündigt, um die steigende Speichernachfrage zu bedienen. Zu Verfügbarkeit und Preisen liegen noch keine Informationen vor.

Trotz aller Vorbehalte will Seagate in Sachen SSD-Technik nicht im Abseits stehen. Ab 2009 will der Speicherspezialist auch SSD-Produkte anbieten. "Wir sehen langfristig durchaus einen Verdrängungswettbewerb der herkömmlichen Massenspeicher durch SSDs", sagt Bernd Breinbauer, Regional Sales Manager für Zentraleuropa bei Seagate. "Im Moment ist Flashspeicher jedoch nur eine Ergänzung." Wenn es darum gehe, große Datenmengen zu einem wirtschaftlich vernünftigen Preis zu speichern, seien Festplatten unersetzlich.

Die Verantwortlichen von Western Digital heben indes vor allem die technischen Limitierungen von SSDs hervor. Nach wie vor würden herkömmliche Festplatten die neue Technik in Sachen Speichereffizienz im Verhältnis zu den Kosten deutlich hinter sich lassen. Darüber hinaus seien die Vorteile von SSD-Produkten längst nicht so gravierend, wie es deren Anbieter oft darstellten. Beispielsweise seien die altbewährten Hard-Disks in mobilen Rechnern nur für einen kleinen Teil des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich. Der Einsatz von SSDs bedeute daher nur eine Verlängerung der Betriebsdauer von wenigen Minuten. Auch die Vorteile in Sachen Gewicht und Geräuschentwicklung seien minimal.

Western Digital gehe nicht davon aus, dass sich die Kosten-Nutzen-Relation, die derzeit für die herkömmliche Festplattentechnik spreche, in den kommenden Jahren drastisch ändern werde, sagte Unternehmenssprecher Steve Shattuck. Der Hersteller arbeite weiter daran, die Kapazität seiner Produkte zu erhöhen. Außerdem sei derzeit der Storage-Bedarf gerade angesichts der wachsenden Menge an Multimediadaten so hoch wie nie zuvor. Auch das spreche für die bewährten Hard-Disks.

Die Verantwortlichen von Western Digital wollen sich offenbar noch lange nicht von der Festplattentechnik verabschieden und kontern den SSD-Vorstoß. Bislang unbestätigten Berichten zufolge plant der Hersteller Hard Disks, die mit einer Drehzahl von 20 000 Umdrehungen pro Minute (UpM) arbeiten sollen. Bislang kommen Hochleistungsplatten auf 15 000 UpM. Damit sollen die Festplatten in Sachen Zugriffszeiten und Input-Output-Operationen gegenüber den SSDs aufholen. Experten warnen jedoch vor den mit einer höheren Drehzahl verbundenen Nachteilen. Die höhere Hitzeentwicklung sowie die Vibrationen erhöhten die Gefahr mechanischer Defekte. Es sei daher fraglich, ob Western Digital wirklich derart hochdrehende Platten plane, zweifelt Claus Egge, Program Director für den Bereich European Storage Systems Research von IDC.