Tom Enders

Was Manager vom Airbus-Chef lernen können

12.10.2014
Von Rüdiger Kiani-Kreß und Karin Finkenzeller

Seine Überzeugungskraft bei den Airbus-Managern steigert Enders, indem er die Begeisterung für die Branche persönlich verkörpert. Der Ex-Offizier hat einen Pilotenschein für Hubschrauber und springt aus allem, was fliegt. Als er sich im Sommer 2012 beim Aufprall auf der Erde die Sehnen zerrt und den Arm in der Schlinge tragen muss, sagt er: "Ich bin halt härter, als alle glauben." Das erhöht sein Ansehen in der Belegschaft als volksnaher Anführer.

Dabei sucht er bewusst über alle Hierarchiestufen die Nähe zu den 144000 Beschäftigten. Er startet auf Halbmarathon-Läufen, die die Mitarbeiter organisieren. Wenn er Werke besucht, startet er mit einem Frühstück in Jeans und offenem Kragen. Im Airbus-Intranet meldet er sich mit Beiträgen in Tom's Blog.

Enders verwandelt Gegeneinander in Miteinander

Enders hat aus dem Milliardenfiasko zu Beginn des Super-Airbus A380 gelernt, als Probleme in der Produktion teure Verspätungen bei der Auslieferung verursachten. Seitdem weiß er, wie wichtig ungefilterte Rückmeldungen aus der Belegschaft anstelle von Pseudoerfolgsmeldungen des mittleren Managements sind. "Weil Probleme bei Airbus wenn überhaupt verspätet oder gefiltert zu den Chefs drangen, will Enders genau wissen, woran es hakt und wie es besser gehen könnte", sagt Shakeel Adam, Inhaber der Unternehmensberatung Aviado Partners aus Eschborn bei Frankfurt. Zu diesem Zweck ermuntert der Airbus-Chef Mitarbeiter sowie die Leser seines Blogs, ihm Kommentare und E-Mails zu schreiben. "Die beantwortet er, was viele erstaunt, sehr oft selbst sowie klar und deutlich, wie es seine Art ist", sagt Airbus-Strategiechef Lahoud.

Diese offene Diskussion praktiziert Enders bis in die Vorstandssitzungen. "Tom will vor einer Entscheidung alle Aspekte beleuchten und ruht erst, wenn er das geschafft hat", sagt Bernhard Gerwert, Leiter der Airbus-Rüstungs- und Raumfahrtsparte. Trotzdem dauern die Sitzungen nicht länger. "Früher wurde gerne eine Agenda voller vorab ausgetüftelter Kompromisse, Pro-forma-Wortmeldungen und langer Präsentationen abgearbeitet", sagt Airbus-Finanzchef Harald Wilhelm. "Jetzt wird wirklich diskutiert, bis wir eine Sache endgültig im Team entscheiden." Allerdings verlangt Enders, dass alle Teilnehmer Entscheidungen mit Leib und Seele mittragen.

Das frühere Gegeneinander verwandelte Enders in ein Miteinander, indem er seinen direkt Unterstellten (im Konzernjargon "minus 1s") mehr Verantwortung sowie Freiheit bei der Umsetzung von Projekten gibt. Auf diese Weise hat er zum Beispiel den Chef der Ziviljetsparte, Fabrice Brégier, für sich gewonnen. Der Franzose hätte sich laut Insidern vor zwei Jahren selbst die Konzernführung zugetraut. Um ihn zu halten, gab ihm Enders die Zuständigkeit für den neuen A350-Jet, der Airbus' Rolle im Langstreckengeschäft sichern soll. Unter Enders genössen Top-Manager "hohes Zutrauen", sagt Finanzchef Wilhelm. Stimme die Leistung nicht, sei das aber "auch schnell aufgebraucht", und der Betroffene könne sich einen neuen Job suchen.