Was macht ein Voice-User-Interface-Designer?

18.05.2006
VUI-Designer entwerfen automatisierte Dialoge zwischen Mensch und Maschine, haben ein gutes Sprachgefühl und können sich in die Lage des Anrufers versetzen.

Firmen greifen immer mehr auf automatisierte Module im Dialog mit Kunden zurück: Der klassische Call-Center-Agent bekommt bei Standardanfragen und außerhalb der Geschäftszeiten immer häufiger einen virtuellen Kollegen. Die große Herausforderung dieser Mensch-Maschine-Projekte besteht nicht in der Auswahl der Technik. Für den Geschäftsführer der auf Sprachportale spezialisierten dtms AG, Wendelin Meyer-Mölck, ist es wichtiger, sich in die Welt des kommunizierenden Menschen zu versetzen. Darum müssen sich seine Mitarbeiter mit Struktur und Logik von Dialogen, Frage- und Antwortverhalten, aber auch mit Sprachaufbau, Dialekten, Tönen und Geräuschen, die in einem natürlichen Gesprächsverlauf eine wesentliche Rolle spielen, befassen.

Hier lesen Sie …

Voice-User-Interface-Designer beschreiben das Dialogverhalten der Zielgruppe, für die das Sprachportal aufgebaut wird. Christian Pereira, Geschäftsführer der dtms Solutions, die Automatisierungsprojekte der dtms umsetzt, erklärt: "Das Voice-User-Interface (VUI) fragt nach den klassischen Lebenssituationen der potenziellen Portalnutzer, nach ihrem Sprachverhalten, nach Slang und Fachsprache und auch nach psychologischen Merkmalen wie Geduld, Humor, Interaktionsverhalten. "Manchmal besteht ein Zielkonflikt zwischen Marketing und dem Wunsch des Verbrauchers nach schnellem Service. Der VUI-Designer entwickelt in erster Linie das interaktive Drehbuch des geplanten Dialogs mit dem Anrufer, das beiden Anforderungen gerecht werden muss.

Ähnlich dem Web-Designer, der die grafische Benutzeroberfläche von Web-Seiten definiert, verantwortet der VUI-Designer die Anmutung der Sprachanwendung. Er muss die Qualitäten eines Hörspielregisseurs mit denen eines Web-Designers bündeln. Er ist verantwortlich für das Profil und die Auswahl der "Stimme", die Aufnahmen der im Tonstudio aufgenommenen Sätze und Wortfolgen sowie für die Dramaturgie der fertigen Anwendung.

Laut dtms-Chef Meyer-Mölck repräsentiert der Voice-User-Interface-Designer die Sicht des Anrufers. Er arbeitet mit Sprachexperten und dem Kunden zusammen, um den Dialogablauf und die damit verbundenen Interaktionen zu definieren. Diese Interaktionen verbessert er, um höchste Anruferakzeptanz und Erfolgsraten zu erreichen. Entsprechend sind VUI-Designer weniger Programmierer als vielmehr Quereinsteiger mit ausgesprochen kommunikativem Hintergrund. Ob Musiker, Germanisten, Regisseure, Psychologen oder Werbefachleute: "Der Voice-User-Interface-Designer hört hin und spürt nach." Kerstin Sehnert beispielsweise ist Phonetikerin. Mit der Mensch-Mensch-Maschine Kommunikation hatte sich die 29-Jährige bereits an der Universität beschäftigt und stieg gleich nach dem Studium bei der dtms Solutions ein.

Eine eigene Berufsausbildung existiert in diesem sehr jungen Betätigungsfeld noch nicht: Gefordert ist vielmehr das Lernen am und im Projekt selbst. Unternehmen, die Voice-User-Interface-Designer beschäftigen, sind in aller Regel in der Telekommunikationsbranche oder der Softwareprogrammierung im Bereich Spracherkennung anzutreffen: Beispiele sind die Deutsche Telekom oder amerikanische Firmen mit einer deutschen Niederlassung wie VoiceObjects in Bergisch-Gladbach.

Als wichtiges Hilfsmittel zur Überprüfung des VUI dienen so genannte Wizard-of-Oz-Tests: Dabei simuliert ein Mensch - der Wizard - im Labor oder auch im eingeschränkten Testumfeld bei einem Kunden das System, indem er die Reaktionen des Systems auf Äußerungen eines Anrufers gemäß dem erarbeiteten Design wiedergibt. (am)