Speichernetze/Formatvielfalt bei beschreibbaren DVDs

Was lange währt, wird endlich gut

14.06.2002
Die Digital Versatile Disk (DVD) sollte schon vor Jahren die CD als transportables Speichermedium abgelöst haben. Doch die Uneinigkeit der Hersteller über die "richtige" Technik und das Schutzbedürfnis der Filmindustrie verzögerten lange die Markteinführung. Jetzt konkurrieren verschiedene Formate mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen um die Gunst der Anwender. Von Marco Vögele*

Der steigende Absatz von DVD-Abspielgeräten wie DVD-Video-Player oder DVD-ROM-Laufwerken zeigt, dass sich die DVD in der Unterhaltungselektronik und in der IT als universelles Medium durchsetzt. Die hohe Kompatibilität zwischen den einzelnen Geräten wird durch die vom DVD-Forum definierten Standards für DVD-ROM, DVD-Video und DVD-Audio gewährleistet.

Dem wachsenden Wunsch nach einem beschreibbaren Speichermedium stand der Bedarf nach einem ausreichendem Schutz für Inhalte mit Copyrights gegenüber. Dies hat die Standardisierung von beschreibbaren DVD-Formaten stark verzögert und auch zu einer Formatvielfalt geführt. Neben den Formaten DVD-R, DVD-RW und DVD-RAM, die vom DVD-Forum standardisiert sind, hat ein weiterer Herstellerverbund, die DVD+RW Alliance, die Formate DVD+RW und DVD+R spezifiziert. In der DVD+RW Alliance sind etliche Hersteller vertreten, die, wie Sony, ebenfalls dem DVD-Forum angehören.

Welches der fünf DVD Formate für beschreibbare Medien eingesetzt werden sollte, hängt von den Anforderungen der einzelnen Anwendung ab.

Archiving

Für die Archivierung von Daten werden Medien mit einer hohen Lebensdauer (unter anderem wegen gesetzlich vorgeschriebener Mindestaufbewahrungszeiten) benötigt. In einigen Bereichen sind nur einmal beschreibbare Medien (Write Once Read Many = WORM) zugelassen. Ein Kopierschutz ist nicht notwendig, da das Erstellen von Sicherheitskopien sogar gewünscht ist und der Schutz der Daten bei Bedarf über das Archivierungssystem hergestellt werden kann. Somit ist die "DVD-R for General" mit einer Lebensdauer von etwa 100 Jahren das bevorzugte Format für die Archivierung und verdrängt zunehmend Systeme, in denen früher CD-R oder MO/WORM eingesetzt wurden. Für das DVD+R-Format liegen derzeit noch keine Aussagen über die Lebensdauer vor, und es wird noch nicht zum Archivieren verwendet.

Storage

Um Medien in Speichersystemen als "Nearline Storage" einzusetzen, werden ähnliche Eigenschaften wie bei Festplatten erwartet: oft überschreibbar, Defect Management und kurze Zugriffszeiten. Die DVD-RW verfügt über kein Fehler-Management und ist nur 1000-mal überschreibbar. Sie kann deshalb in professionellen Anwendungen nicht verwendet werden.

Bei der DVD+RW wird ein Defect-Management durch die Laufwerke zur Verfügung gestellt. Neben dem bei DVD-R/RW verwendeten Aufzeichnungsverfahren mit konstanter linearer Geschwindigkeit (Constant Linear Velocity = CLV) kann eine DVD+R/RW auch mit linearer Winkelgeschwindigkeit (Constant Angular Velocity = CAV)) beschrieben werden, was die Zugriffszeiten verbessert. Aber auch die DVD+RW lässt sich in ihrem jetzigen Aufbau nur 1000-mal überschreiben.

Das einzige DVD-Format, das alle Anforderungen an Nearline-Speicher erfüllt, ist DVD-RAM. Das Medium ist bis zu 100000-mal überschreibbar und besitzt ein Defect-Management. Es wird mit konstanter linearer Geschwindigkeit innerhalb bestimmter Zonen (zoned CLV) geschrieben und erfüllt damit die Anforderungen nach hohem Datendurchsatz und kurzer Zugriffszeit.

Video Recording

Im Bereich der Unterhaltungselektronik ist der digitale DVD-Videorekorder die wichtigste Anwendung für die wiederbeschreibbare DVD. Der Benutzer erwartet eine einfache Handhabung. Der Verbreitungsgrad von DVD-Videorekordern ist noch sehr gering, und eine Kompatibilität der beschriebenen Medien zu DVD-Lesegeräten steht auf der Wunschliste der Anwender ganz oben.

Für die Kompatibilität sind der Reflexionsgrad und der Spuraufbau wesentliche Eigenschaften. Bei RW- und +RW-Medien liegt der Reflexionsgrad bei 18 bis 30 Prozent. Sie können in den meisten DVD-Video- oder DVD-ROM-Laufwerken gelesen werden. Beschreibt ein konstanter Datenstrom die Silberscheiben, ist die Kompatibilität zu den Leselaufwerken beider Formate gleich gut.

Unterschiede zwischen DVD-RW und DVD+RW zeigen sich beim direkten Aufzeichnen von variablen Bit-Strömen, wie sie bei MPEG-kodierten Videoinformationen auftreten können. Das Spurformat "phase modulated wobbled groove" ermöglicht eine genaue Positionierung auf dem Medium. Der Schreibvorgang kann beliebig unterbrochen werden, ohne dass die Datenspur eine Lücke auf dem Medium frei lässt. Diese als "Lossless Linking" bezeichnete Eigenschaft, die für die Kompatibilität mit DVD-Leselaufwerken wichtig ist, hat die DVD-RW nicht.

Die DVD-RAM eignet sich wie oben beschrieben gut als Medium für Storage-Applikationen, aber sie ist inkompatibel zu den meisten DVD-Video- und DVD-ROM-Laufwerken, sodass sich dieses Medium für das Video-Recording weniger gut eignet als die DVD-RW oder DVD+RW.

Management-Software

Betrachtet man die verschiedenen Formate in Kombination zum Anwendungsgebiet, so wird die verwirrende Vielfalt zumindest teilweise transparent. Viele der heute angebotenen DVD-Rekorder unterstützen mehr als ein Format (etwa Panasonic: DVD-RAM, DVD-R; Pioneer: DVD-R/RW, CD-R/RW).

Ein wichtiger Baustein in einer kompletten Lösung ist die Software, die zum Beschreiben der Medien eingesetzt wird. Sie muss den Benutzer von der eigentlichen Technologie und den verwendeten Formaten unabhängig machen und eine einheitliche Schnittstelle zu allen Formaten bieten. Dies gilt insbesondere für Software Development Kits (SDK), die zur Integration optischer Speicher in eigene Applikationen genutzt werden können.

Werden optische Medien im professionellen Umfeld in Jukeboxen gelagert, muss die Management-Software die Brücke zwischen etablierten Lösungen wie CD oder MO, DVD-Systemen und zukünftigen Techniken schlagen: Zum Beispiel wird schon heute über die "Blu-Ray-Disc" als dem potenziellen Nachfolger der DVD gesprochen.

Letztendlich entscheidet der Benutzer, welches DVD-Format sich durchsetzen wird. (kk)

*Marco Vögele ist Manager Marketing & Sales bei der Point Software & Systems GmbH in Siegen.

DVD-Forum

Gegründet: 1995 als DVD Consortium

Ziel: Austausch und Verbreitung von Ideen und Informationen über das DVD-Format und seine technischen Möglichkeiten, Verbesserungen und Neuerungen.

Gründungsmitglieder: Hitachi Ltd., Matsushita Electronic Industrial Co. Ltd., Mitsubishi Electronic Corporation, Pioneer Electronic Corporation, Royal Philips Electronics N.V., Sony Corporation, Thomson Multimedia, Time Warner Inc., Toshiba Corporation, Victor Company of Japan Ltd. (JVC).

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DVD+RW Alliance

Gegründet: 2000

Ziel: Entwicklung und Förderung eines kompatiblen wiederbeschreibbaren DVD-Formats für PC und Konsumelektronik.

Gründungsmitglieder: Dell, Hewlett-Packard, MCC/Verbatim, Philips Electronics, Ricoh, Sony, Thomson Multimedia, Yamaha Corp.

www.dvdrw.org

DVD Application Group

Gegründet: 2001

Mission: die Akzeptanz der DVD als professionelles Speicher- und Archivierungsmedium fördern und vor allem Vertrauen in die langfristige Verfügbarkeit und Zukunftssicherheit der DVD-Technologie schaffen.

Vision: die DVD als Nachfolger der CD positionieren und sie gleichberechtigt zu bereits existierenden Speichertechnologien wie MO- und Band-Laufwerken etablieren.

Mitglieder: ASM, BDT, Disc, JVC, LSK, OTG, Pioneer, Plasmon, PoINT Software & Systems, Verbatim.

www.dvdapplicationgroup.org