Was kommt nach der Gründungseuphorie?

09.08.2001
Von Gabriele Müller
Interview mit Dr. Rolf-D. Volmerig, Geschäftsführer der Technologiezentrum Wuppertal W-tec GmbH Das Technologiezentrum Wuppertal (www.w-tec.de) versteht sich als Serviceunternehmen für mehr als 30 junge Firmen, die dort ansässig sind. Die Gesellschaft, an der öffentliche und private Unternehmen beteiligt sind, bietet darüber hinaus Dienstleistungen für Existenzgründer und technologieorientierte Wachstumsunternehmen in allen Fragen rund um das Thema Gründung an.

Young Professional: Kommt mit dem Absturz der New Economy auch die gerade boomende Gründungswelle in der IT ins Stocken?

Volmerig: Diejenigen, die geglaubt haben, mit dem Internet das schnelle Geld machen zu können, sind sicher weniger geworden. Diejenigen, die realistisch und bodenständig geblieben sind, und das ist die große Masse aller Gründungen, werden davon nicht berührt.

Rolf-D. Volmerig
Rolf-D. Volmerig

Young Professional: In welchem Marktsegment sehen Sie denn noch Chancen für junge Firmen?

 Volmerig: Ich bin davon überzeugt, dass das so genannte IT-Handwerk weiter florieren wird. Das sind alle die technischen Dienstleistungen, die die Voraussetzungen für das E-Business erst schaffen. Also zum Beispiel die Programmierung von B2B-Anwendungen oder die notwendigen firmeninternen Hard- und Softwareanpassungen.

Young Professional: Was hat sich bei den Gründungen und den Gründern verändert?

Volmerig: Wer jetzt, trotz eines relativ guten Arbeitsmarktes in der IT, den Schritt zur Selbständigkeit tut, ist bestens vorbereitet und hat sich das Ziel gründlich überlegt. Wer dann in der heutigen Situation noch Geld bekommt, um seine Ideen zu finanzieren, der hat auch ein solides Konzept. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.

Young Professional: Also weniger Quantität, mehr Qualität?

Volmerig: Ja, hinter vielen der heutigen Neugründungen steckt oft eine ganz andere Firmenphilosophie. Die Absicht ist eben nicht, mit einem neuen Internet-Portal möglichst viel Traffic auf eine Website zu locken und über Werbung Geld zu machen. Das Ziel ist eher, den Kunden einen konkreten Mehrwert zu bieten und sich zu einem IT-Dienstleister zu entwickeln.

Young Professional: Was macht diese zweite Gründergeneration anders und besser?

Volmerig: Viele haben schon eine gewisse berufliche Erfahrung, bringen Know-how oder Kunden mit, entscheiden sich ganz bewusst für das Unternehmertum. Sie setzen teilweise auf Partnerschaften mit etablierten Unternehmen. Sei es als Spinoff oder in anderen Kooperationsformen.

Young Professional: Was sind die häufigsten Fehler bei der Gründung eines neuen Unternehmens?

Volmerig: Wenn eine Idee scheitert, dann oft, weil sie nicht mit harten Zahlen gestützt werden kann. Auch große Visionen brauchen eine realistische Basis und eine saubere Markt- und Wettbewerbsanalyse, um erfolgreich verwirklicht zu werden. Sicherlich gibt es immer wieder Fälle, in denen sich Ideen, denen die Berater keine Chance gegeben haben, phantastisch entwickeln. Aber ein vernünftiger Business-Plan reduziert die Gefahr des Scheiterns ganz erheblich.

Young Professional: Viele Gründer hoffen auf eine große Erfindung, völlig neue Produkte oder Dienstleistungen, um so einen neuen Markt zu schaffen. Was raten Sie in einem solchen Fall?

 Volmerig: Der Glaube an die ganz große Innovation beflügelt natürlich viele Existenzgründer. Ein ganz neues Produkt wirklich erfolgreich auf dem Markt einzuführen, erfordert jedoch einen erheblichen Zeit- und Kapitalaufwand. Dazu muss ein starker Partner mit der nötigen Kompetenz und Erfahrung her. Der kann helfen, die unweigerlichen Durststrecken zu überstehen.

Young Professional: In welche Phase scheitern die meisten Gründungen?

Volmerig: Häufig im zweiten und dritten Jahr des Bestehens. Dann geht es in die neuen Finanzierungsrunden und spätestens dann beweist sich, ob das Konzept erfolgreich ist.

Young Professional: Welchen Rat halten Sie denn für einen Unternehmer in spe ganz generell parat?

 Volmerig: Wir raten dazu, erst einige Jahre Berufserfahrung und Praxis zu sammeln und dann den Schritt zum eigenen Unternehmen zu tun. Außerdem ist es immer gut, sich mit möglichst vielen Interessenten über das eigene Konzept auseinander zu setzen. Geheimniskrämerei ist oftmals der falsche Weg. Im Gespräch mit Freunden, mit potenziellen Kunden und Beratern kommen neue Ideen und Bausteine hinzu, die eine Gründungsidee zu einem in sich geschlossenen Konzept reifen lassen. Hierbei ist jedoch zu überlegen, ob man nicht im Vorfeld über Patente oder andere Schutzrechte verhindern kann, dass andere die Idee nicht kopieren können.