Was ist Servant Leadership?

29.01.2024
Von 
Sarah K. White schreibt für CIO.com. Sie kümmert sich dort in erster Linie um alle Themen rund um IT-Karriere und Healthcare-IT. Ihre früheren beruflichen Stationen umfassten Tätigkeiten für die B2C-Plattform TechnologyGuide und das Jobportal Monster.com.
Servant Leadership ist eine Management-Philosophie, die auf Mitarbeiterentwicklung und empathischer Führung aufbaut.
Beim Servant-Leadership-Ansatz agieren Führungskräfte als empathische Enabler ihrer Mitarbeiter.
Beim Servant-Leadership-Ansatz agieren Führungskräfte als empathische Enabler ihrer Mitarbeiter.
Foto: Serghei Zadvornii - shutterstock.com

Der althergebrachte, hierarchische Führungsstil hat in modernen, datengetriebenen Unternehmen mit diverser Belegschaft immer öfter ausgedient. Servant Leadership bietet eine Alternative im Sinne der Mitarbeiter.

Servant Leadership - Definition & Historie

Servant Leadership bezeichnet einen Führungsstil, bei dem Wachstum, Wohlbefinden und die Befähigung der Mitarbeiter im Fokus stehen. Er soll ein integratives Umfeld schaffen, das es jedem Mitarbeiter ermöglicht, sich persönlich zu entfalten. Während sich die traditionelle Führung auf den Erfolg des Unternehmens oder der Organisation konzentriert, stellt Servant Leadership die Mitarbeiter an die erste Stelle. Deren Engagement und Einsatz sollen die Organisation wachsen lassen. Richtig umgesetzt, kann das Konzept der Servant Leadership dazu beitragen,

  • Vertrauen,

  • Verantwortlichkeit,

  • Wachstum und

  • Integration am Arbeitsplatz

    zu fördern.

Ihre Befürworter führen zudem an, dass Servant Leadership die emotionale Gesundheit der Mitarbeiter verbessert und diese so dazu befähigt, sich am Arbeitsplatz freier zu äußern. Die Mitarbeiter wiederum geben die gleiche Art der Unterstützung an ihre Kollegen weiter und schaffen so ein einladendes Umfeld, das Wachstum und Qualitätsarbeit fördert und ermöglicht.

Ein wichtiger Aspekt des Servant Leadership ist es, andere zu akzeptieren. So wird "psychologisch-ethisches Klima" erzeugt, das es den Mitarbeitern erlaubt, authentisch zu sein und dabei keine Angst vor der Beurteilung durch die Führung zu haben. Ebenso fördert die dienende Führung eine empathische Haltung, die es den Mitarbeitern erlaubt, Fehler zu machen, aus ihnen zu lernen und dies in persönliches und berufliches Wachstum umzuwandeln.

Die Theorie des Servant Leadership geht auf Robert K. Greenleaf zurück, der den Begriff in den 1970er Jahren mit seinem Aufsatz "The Servant as Leader" populär machte. Die Erzählung "Die Morgenlandfahrt" von Hermann Hesse hatte Greenleaf zur Idee inspiriert. Die Geschichte dreht sich um den Protagonisten Leo, einen Diener, der plötzlich von seiner Arbeitsstelle verschwindet. Danach brechen Produktivität und Effektivität der übrigen Mitarbeiter ein - es offenbart sich, dass Leo in Wirklichkeit ein Leader war.

So kam Greenleaf zur Überzeugung, dass das Konzept des Servant Leadership funktioniert, mehr Vertrauen und Autonomie schafft. Er testete seine Theorie erstmals im Rahmen einer Tätigkeit als Führungskraft bei AT&T - inzwischen hat sie sich über den Lauf der Jahrzehnte als wirksamer Führungsstil etabliert.

Servant Leadership - Modelle

Greenleafs ursprüngliche Prämisse der Servant Leadership war im Vergleich zu anderen Führungsansätzen und -modellen relativ vage. Das hat zu verschiedenen Interpretationen seiner ursprünglichen Idee geführt, um entweder das Konzept zu erweitern oder spezifischere Richtlinien dafür zu bieten, wie Servant Leadership in der Praxis aussehen kann.

Larry Spears, ehemaliger Präsident des Robert K. Greenleaf Center for Servant Leadership, umreißt in "Character and Servant Leadership: Ten Characteristics of Effective Caring Leaders" die Qualitäten, die effektive Servant Leader vorweisen müssen:

  • Emphatie,

  • Zuhören,

  • Healing,

  • Awareness,

  • Überzeugungskraft,

  • Konzeptionsfähigkeit,

  • Weitsicht,

  • Verantwortungsbewusstsein,

  • Commitment, Menschen Wachstum zu ermöglichen und

  • eine Gemeinschaft aufzubauen.

Zwei Forscher der Universität Nebraska (PDF) überführten diese zehn Eigenschaften von Spears in ein Framework namens "the natural desire to help others". Das führt zu fünf Dimensionen der Servant Leadership:

  1. altruistische Berufung,

  2. emotionale Heilung,

  3. Weisheit,

  4. überzeugende Darstellung und

  5. organisatorische Verantwortung.

Joe Iarocci, Autor von "Servant Leadership in the Workplace", definiert drei Hauptprioritäten (Menschen entwickeln, ein vertrauensvolles Team aufbauen, Ergebnisse erzielen), drei Schlüsselprinzipien (zuerst dienen, überzeugen, befähigen) und drei Schlüsselpraktiken (zuhören, delegieren, Anhänger mit der Mission verbinden), um zu beschreiben, wie Servant Leadership am Arbeitsplatz aussieht.

Experten der American Psychological Association entwickelten neun "funktionale Attribute der Servant Leadership":

  • Vision,

  • Ehrlichkeit,

  • Integrität,

  • Vertrauen,

  • Dienst,

  • Vorbildfunktion,

  • Pionierarbeit,

  • Wertschätzung anderer und

  • Befähigung.

Darüber hinaus haben sie elf "begleitende Attribute" entwickelt:

  • Kommunikation,

  • Glaubwürdigkeit,

  • Kompetenz,

  • Verantwortlichkeit,

  • Sichtbarkeit,

  • Einfluss,

  • Überzeugung,

  • Zuhören,

  • Ermutigung,

  • Lehre und

  • Delegation.

Servant Leadership - Merkmale

Greenleaf zufolge besteht die wichtigste Eigenschaft eines Servant Leaders darin, vorrangig dienen und nicht führen zu wollen. Dienende Führungskräfte sind mehr daran interessiert, den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht zu werden und diese dabei zu unterstützen, sich im Unternehmen weiterzuentwickeln. Das steht im Gegensatz zu einem Führungsstil, der vor allem gewinnorientiert und befehlsfokussiert ist. Greenleaf hat nicht genau umrissen, welche Charaktereigenschaften ein starkes Servant Leadership ausmachen. Allerdings haben sich die Forscher James Sipe und Don Frick mit seiner Arbeit beschäftigt und sieben Säulen der Servant Leadership skizziert, die in die Grenzen von Greenleafs ursprünglicher Theorie fallen.

  • Person mit Charakter: Eine dienende Führungskraft bewahrt Integrität, trifft Entscheidungen auf der Grundlage von Ethik und Prinzipien, zeigt sich bescheiden und dient einem höheren Zweck in der Organisation.

  • Menschen an erster Stelle: Ein Servant Leader hilft den Mitarbeitern, ihre Ziele zu erreichen und innerhalb der Organisation zu wachsen.

  • Geschickter Kommunikator: Kommunikationsfähigkeiten sind ein wesentlicher Bestandteil der Servant Leadership. Dabei gilt es sicherzustellen, den Mitarbeitern effektiv zuzuhören und auch um Feedback bitten zu können.

  • Mitfühlender Kollaborateur: Um eine starke dienende Führungskraft zu sein, muss ein Servant Leader konsequent mit anderen zusammenarbeiten und Beziehungen stärken, Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration fördern sowie Konflikte am Arbeitsplatz bewältigen.

  • Vorausschauend agieren: Ein Servant Leader muss die Zukunft im Auge behalten und vorhersehen, was sich wie auf die Organisation auswirken könnte. Außerdem braucht er eine starke Vision für die Organisation und muss entschlossen handeln können.

  • Systemdenker: Dienende Führungskräfte müssen sich in komplexen Umgebungen zurechtfinden und in der Lage sein, sich an Veränderungen anzupassen. Diese Art der Führung erfordert strategisches Denken und die Fähigkeit, Veränderungen in der Organisation effektiv zu leiten.

  • Moralische Autorität: Servant Leader schaffen Vertrauen innerhalb der Belegschaft, indem sie Qualitätsstandards festlegen, Verantwortung übernehmen, delegieren und eine Kultur fördern, die Verantwortlichkeit zulässt.

Servant Leadership - Beispiele

In der Tech-Branche findet man das Konzept der Servant Leadership oft in agilen Entwicklungsumgebungen - genauer gesagt in Scrum Teams. Der Scrum Master ist nicht unbedingt eine Führungskraft - eher ein Teammitglied, das eng mit anderen agilen Mitarbeitern zusammenarbeitet und die Verantwortung für die Definition der Anforderungen, die Erstellung von Sprint-Plänen und die Beseitigung von Hindernissen auf dem Weg dorthin übernimmt.

Zu den bekanntesten Servant-Leadership-Anhängern der Unternehmenswelt zählen zum Beispiel:

  • Alan Mulally, ehemaliger CEO von Ford Motor Co.,

  • Susan Wojcicki, ehemalige CEO von YouTube,

  • Paul Polman, ehemaliger CEO von Unilever,

  • Howard Schultz, ehemaliger CEO von Starbucks, und

  • Tim Cook, CEO von Apple.

Diese Führungspersönlichkeiten zeichnen sich beispielsweise dadurch aus, dass sie risikofreudig und mitarbeiterorientiert agieren und sich mehr am Erfolg als am Gewinn orientieren.

Servant Leadership - Training & Schulung

Trainings- und Schulungsangebote zum Thema Servant Leadership finden Sie unter anderem bei den folgenden Anbietern:

(fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.