Was ist Gamification?

12.03.2023
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Mit Gamification lässt sich das Engagement von Partnern, Kunden oder Mitarbeitern fördern. Das sollten Sie zum Thema wissen.
Gamification: Wer lässt sich nicht gerne durch digitale Schwerter und Goldmünzen bei seiner täglichen Arbeit motivieren?
Gamification: Wer lässt sich nicht gerne durch digitale Schwerter und Goldmünzen bei seiner täglichen Arbeit motivieren?
Foto: chuckchee - shutterstock.com

Wer jemals ein Videospiel gespielt hat, ist mit Dutzenden von Gamification-Mechanismen vertraut. Erledigt man zum Beispiel in einem Ego Shooter Gegner, wird man mit mehr Punkten, besseren Waffen und anderen Vorteilen belohnt. Diese Faktoren reichen häufig bereits aus, um über Stunden hinweg hochmotiviert und mit voller Begeisterung dieser Tätigkeit nachzugehen - ein Engagement, das viele Unternehmenslenker auch gerne bei ihren Mitarbeitern, Partnern oder Kunden sähen. Doch was versteht man unter Gamification, wie kann man den angeborenen menschlichen Spieltrieb für unternehmerische Zwecke nutzen und was gibt es dabei zu beachten?

Gamification - Definition

Gamification oder auch Gamifizierung ist die Anwendung von spielerischen Elementen und Mechanismen in einem nicht-spielerischen Kontext, um die Motivation zu steigern oder Verhaltensänderungen zu fördern. Im Gegensatz zu Serious Games, die häufig zur Vermittlung von Lerninhalten oder Simulationen von realen Situationen verwendet werden, handelt es sich dabei jedoch nicht um vollständige Spiele. Es kommen nur spielerische Elemente und Mechanismen zum Einsatz. Zu den Spielmechanismen, die bei Gamification verwendet werden, gehören etwa:

  • Aufgaben: Grundlage des Gamification-Ansatzes ist es, dass die Teilnehmer eine oder mehrere spielerische Aufgaben zu erledigen haben. Die Aufgaben sind häufig unterhaltsam und abwechslungsreich, um von dem eigentlichen Zwecks abzulenken.

  • Ziele: Wird eine Aufgabe erfüllt, erhalten die Spieler eine Belohnung, z. B. ein Abzeichen oder Punkte.

  • Status: Benutzer, die eine Aktivität zum Abschluss bringen, verbessern ihr Level oder ihren Rang. Der Erfüllungsgrad wird häufig über Fortschrittsanzeigen signalisiert und spornt die Teilnehmer an, härter zu arbeiten, um aufzusteigen. Oft zeigen Ranglisten auch, wer "gewinnt", um eine Wettbewerbssituation zu erzeugen.

  • Teamwork: Benutzer werden in Teams eingeteilt, um Probleme zu lösen, Aktivitäten abzuschließen oder auf andere Weise ein Ziel zu erreichen.

  • Lernen: Der Benutzer erhält während des gesamten Prozesses Tipps und Tricks oder muss Quizfragen beantworten.

  • Belohnungen: Neben Punkten und Abzeichen können den Spielern auch reale Rabatte, Gutscheine oder Geschenkkarten winken. Dies steigert die Motivation der Benutzer und hält das Engagement hoch.

Auch wenn der Begriff Gamification erst Anfang dieses Jahrtausends geprägt wurde, ist das zugrundeliegende Prinzip relativ alt und weit verbreitet: Spiele und spielähnliche Elemente werden schon seit geraumen Jahren zur Bildung, Unterhaltung und zum Engagement eingesetzt. Bekanntestes Beispiel dafür sind Bonusprogramme in ihrer unterschiedlichen Ausprägung, angefangen von "Fleißsternchen" etc. in der Schule bis hin zu Treuepunkten oder Flugmeilen bei der Nutzung bestimmter Güter oder Dienstleistungen. Und selbst der Fortschrittsbalken bei Umfragen oder Registrierungen stellt bereits eine Art von Gamification dar - wenn auch in stark vereinfachter Form.

Gamification im Unternehmen

Im Business-Umfeld kann Gamification in einem breiten Spektrum von Situationen angewandt werden, in denen Menschen zu bestimmten Handlungen oder Aktivitäten motiviert werden müssen. Gamification am Arbeitsplatz kann etwa dazu dienen, die Mitarbeiter zu bewegen, "spontan" bestimmte bewährte Praktiken zu befolgen, die das Unternehmen als strategisch identifiziert. Dadurch lernen sie neue Fähigkeiten oder korrigieren als negativ bewertete Arbeitsgewohnheiten, ohne dass der Arbeitgeber auf Sanktionen, Disziplinarmaßnahmen etc. zurückgreifen muss. Weit verbreitet ist daher die Verwendung von Gamification-Elementen, um mehr Pep in Mitarbeiterschulungen und -fortbildungen zu bringen.

Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass mit spielähnlichen Funktionen nur Ziele gefördert werden können, die von den Teilnehmern selbst als sinnvoll bewertet werden und die sie selbst erreichen wollen. Auf Informations- und Überzeugungsarbeit kann daher nicht verzichtet werden. Spielerische Elemente können aber auch ganz einfach dazu beitragen, das Engagement der Mitarbeiter bei der Arbeit zu erhöhen, um so die Leistung des Unternehmens zu steigern. Indem dieselben Suchtmechanismen genutzt werden, auf denen Videospiele basieren, wird so mit dem Erreichen von Belohnungen auch die Bindung und Motivation der Mitarbeiter gestärkt.

Dass in diesem Bereich Handlungsbedarf besteht, belegt unter anderem eine Umfrage des Gallup Institute von 2022, wonach nur 21 Prozent der Mitarbeiter weltweit ihrer Tätigkeit engagiert nachgehen, in Deutschland spricht nicht einmal jede/r Sechste von einem engen Zugehörigkeitsgefühl zum Arbeitgeber (16 Prozent). Oder anders ausgedrückt, die Mehrheit der Arbeitskräfte auf der ganzen Welt bewertet ihren Arbeitsplatz entweder negativ oder tut nur das Nötigste, um den Tag zu überstehen - mit wenig bis keiner emotionalen Bindung.

Gamification - Beispiele

Ein bekanntes Beispiel dafür, wie mit Hilfe von Gamification Mitarbeiter trotz extrem monotoner und schlecht bezahlter Tätigkeiten motiviert werden sollen, ist Amazon. Berichten zufolge bietet der E-Commerce-Riese seinen Lagerarbeitern in einigen US-Fulfillment-Zentren seit 2017 eine Reihe von Spielen an, die ihr tägliches Arbeitspensum in einen virtuellen Wettbewerb verwandeln. Berichten zufolge wird Gamification mittlerweile in Amazon-Lagerhäusern von mindestens 20 US-Bundesstaaten praktiziert.

Demnach treten etwa im Rahmen des Gamification-Programms FC Games Logistikmitarbeiter gegeneinander an, indem sie etwa durch ihre Arbeit virtuelle Drachen (Dragon Duel) oder Rennautos (Mission Racer) um die Wette bewegen oder Paket für Paket Schlösser in die Höhe (Castle Crafter) bauen. Der Fortschritt des Spiels können sie dabei auf dem Bildschirm ihrer Workstation verfolgen. Siegern winkt eine Belohnung in Form von digitaler Währung, die zum Kauf von virtuellen Haustieren und ähnlichem verwendet werden kann.

Häufiger in hiesigen Unternehmen gebräuchlich, wenn auch ebenfalls nicht unproblematisch, ist der Einsatz von Gamification in Form von Bonuspunkten und Ranglisten für den Arbeitserfolg. Zum einen ist eine derartige Leistungskontrolle und -beurteilung in Verbindung mit Belohnungssystemen zwingend mitbestimmungspflichtig und muss vom Betriebsrat abgesegnet werden.

Zum anderen erfordert ein derartiges Vorgehen in der Regel die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung einer großen Menge personenbezogener Daten und kann zu Konflikten mit der DSGVO und anderen Regularien führen, wenn Informationen wie ein Ranking der Sales-Mitarbeiter von einer breiteren Öffentlichkeit einsehbar sind.

Wie so oft bei neuen Technologien, ist Gamification an sich aber nicht generell schlecht oder eben gut - es hängt vielmehr davon ab, wie und in welchem Umfang es am Arbeitsplatz eingesetzt wird. Wichtige Punkte sind sicher, dass die Privatsphäre und die persönlichen Daten der Mitarbeiter geschützt sind. außerdem sollten die Arbeitnehmer einen Großteil ihrer Autonomie beibehalten und das Gefühl haben, dass ihre Tätigkeit neben dem Sammeln von Bonuspunkten auch einen tieferen realen Zweck erfüllt.