Was ist ein Hybrid-Rechner? Analoges Rechnen digital steuern

03.10.1975

MÜNCHEN - Bei großen technischen Projekte ist häufig ein "Hybrid-Rechner" im Eigenschaften, um die Eigenschaften des zu entwickelnden Systems zu untersuchen und gegebenenfalls zu optimieren. Bei Hybrid-Rechnern handelt es sich um eine Kombination von Analog und Digitalrechnern.

Während bei "diskontinuierlichem" Prozessen - das heißt solchen, die schrittweise ablaufen und bei denen zwischen den einzelnen Schritten jeweils Pausen entstehen - die Simulation auf Digitalrechnern mit speziell dafür entwickelten Sprachen möglich ist (siehe auch CW Nr. 27, "Simulation, ein Stiefkind kommt aus dem Eck"), eignen sich für die Untersuchung kontinuierlicher laufender technischer Prozesse Analogrechner besser.

Kontinuierliche Systeme, etwa das Koppelmanöver von Weltraumkapseln oder das Wärmeaustausch-Verhalten eines Kühlkreislaufs bei einem Reaktor lassen sich durch komplizierte mathematische Gleichungen nachbilden. Keineswegs Seltenheit sind dabei 40 Differenzial-Gleichungen, 50 algebraische Gleichungen und 20 nichtlineare Funktionen. Alle diese Gleichungen und Funktionell stehen in gegenseitiger Abhängigkeit, das heißt, sie müssen alle gleichzeitig berücksichtigt werden. Das geht auf einem Digitalrechner zwar auch. indem man eine Pseudo-Gleichzeitigkeit für mehrere Zeitpunkte hintereinander als Annäherung nimmt, doch selbst dann dauern auch auf Größtrechnern solche Berechnungen entschieden zu lange.

Bausteine für Spannungen

Dagegen lassen sich die einzelnen Gleichungen eines solchen Systems mit Hilfe eines Analogrechners nachbilden. Das geschieht, indem die einzelnen Bausteine - Integratoren, Summenglieder, Multiplikatoren, Vergleicher, Torschalter und Funktionsgeneratoren - mit Steckkabeln zusammengeschaltet werden. Mehrere Differenzialgleichungen belegen dann mehrere Gruppen dieser mathematischen Blöcke und sie sind wiederum verbunden. Die einzelnen Parameter lassen sich durch; Potentiometer am Frontpanel des Analogrechners einstellen.

Das manuelle Zusammenfügen der mathematisch en Blöcke und das Ein- . stellen der Parameter ist sehr aufwendig und dauert oft genug mehrere Tage, obwohl für die eigentliche Rechnung dagegen nur wenige Minuten benötigt werden.

Bereits 20 Jahre alt

Deswegen begannen schon in den 50er Jahren Versuche, Digitalrechner der zweiten Generation mit Analogrechnern zu Hybrid-Systemen zu koppeln. Mit Hilfe des Digitalrechners lassen sich dabei alle vorbereitenden Arbeiten - nämlich das Zusammenfügen der einzelnen Analog-Elemente und das Einstellen der Parameter programmieren und programmgesteuert variieren. Dafür stehen spezielle Sprachen zur Verfügung.

Nur für vollständige Modelle

Auch die gesamte Auswertung der Ergebnisse und deren Ausgabe kann jetzt über die zum Digitalrechner gehörenden Peripherie und Plotter erfolgen. Nachdem der Analog-Rechner die Ergebnisse in einen Speicher des Digital-Rechners übergeben hat. Freilich bleibt ein Hybrid-Rechner der Auswertung und Optimierung solcher Systeme vorbehalten, die sich durch mathematische Gleichungen beschreibei lassen. In vielen Fällen wird es möglich sein, geschlossene mathematische Modelle zu entwickeln, während manche Probleme wegen ihres stochastischen Charakters der digitalen Simulation vorbehalten bleiben. Eine Gegenüberstellung der Eigenschaften von Digital- und Hybrid-Rechnern erläutert das Bild.