Kolumne

Was hat Sun mit Storagetek vor?

06.06.2005

Mit über vier Milliarden Dollar hat Sun Microsystems mehr als die Hälfte seiner liquiden Mittel von 7,4 Milliarden Dollar ausgegeben, um den Bandspeicher-Spezialisten Storagetek (siehe Seite 8) zu kaufen. Damit hat kaum jemand gerechnet. Wenn Sun sich durch einen Zukauf verstärken will, so vermuteten die meisten Analysten, dann eher im wachstumsträchtigen Software-Segment. Auf das biedere Geschäft mit Bandspeichern hat niemand gesetzt. Die Übernahme von Storagetek klingt denn auch nicht nach einem großen Coup. Hätte Sun sich einen Softwarehersteller unter den Nagel gerissen, der zu Java, Grid-Computing oder der On-Demand-Initiative N1 etwas beitragen könnte, wäre die Zustimmung der Experten einhellig positiv ausgefallen und rosige Zukunftsphantasien hätten den Aktienkurs beflügelt.

Aber so? Storagetek erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 2,22 Milliarden Dollar. 40 Prozent davon stammen aus Serviceeinnahmen und rund 60 Prozent aus dem Produktbereich. Mit 77 Prozent erzielt Storagetek den Großteil des Produktumsatzes mit Bandlaufwerken und Bandbibliotheken - eine Technologie, die ungefähr so neu ist wie Mischbatterien in Badamaturen. Die restlichen 23 Prozent generiert der Speicher-Spezialist mit Disk- und Networking-Produkten. Klingt alles nicht gerade sexy, klingt alles schwer nach Hardware.

Auf der anderen Seite hört sich das aber auch solide an. Schließlich erfreuen sich Speichersysteme nach wie vor guter Nachfrage, und das Interesse dürfte aufgrund weiter ansteigender E-Mail-Flut und gesetzlicher Vorschriften zur Archivierung und Verwaltung von Daten noch ein paar Jahre anhalten. Ob Sun allerdings mit Storagetek eine "Lizenz zum Serververkauf" in bisher von IBM-dominierten Rechenzentren erworben hat, bleibt zunächst abzuwarten. Aber immerhin ist Storagetek profitabel. Das Unternehmen erwirtschaftete 2004 einen Überschuss von 191 Millionen Dollar. Wenn Sun jetzt noch weiteres Geld in die Hand nähme und zum Beispiel in einen Anbieter von Dokumenten-Management-Software investierte, dann könnte sich die eher langweilige Übernahme durch den Ausbau der Wertschöpfungkette in Richtung Information Lifecycle Management auszahlen. EMC hat das mit Documentum bereits erfolgreich vorexerziert. Zugegeben alles Spekulation, aber ein solcher Schritt würde Sun einen Pfad ins lösungsorientierte Softwaregeschäft eröffnen, den sie mit ihrem heutigen Portfolio nicht beschreiten können.