Was hätten Sie denn gern?

06.10.2006
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Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.
Es muss nicht immer eine Gehaltserhöhung sein: Auch Cafeteria-Systeme mit Vergünstigungen unterschiedlichster Couleur können die Mitarbeiter zum Bleiben veranlassen.

Von Winfried Gertz*

Hier lesen Sie …

• welche Alternativen es zur Gehaltserhöhung gibt;

• warum Nebenleistungen Mitarbeiter motivieren;

• warum viele Firmen Cafeteria-Systeme nicht einführen.

Wenn Marc Bruchhäuser beim Italiener die Pasta bezahlt, legt er einen Bon auf den Tisch. Denn in zahlreichen Restaurants zu Füßen der Frankfurter Bankentürme kann der Operations Manager der Vanco GmbH ebenso bargeldlos bezahlen wie in Neu-Isenburg, wo Vanco beheimatet ist. Die Gutscheine bekommt er von seiner Firma.

Wie viele andere Unternehmen setzt Vanco auf so genannte Cafeteria-Systeme, die Mitarbeitern Alternativen zu rein monetären Leistungen anbieten. Wie der Name sagt, stellen sich Mitarbeiter - im übertragenen Sinne - ihr "Menü" je nach Gusto zusammen. Was in die "Auslagen" kommt, entscheidet die Firma: Statt Gehalt, das der Mitarbeiter versteuern und der Arbeitgeber mit zusätzlichen Abgaben finanzieren muss, wählt man einen Englischkurs oder nimmt sich eine Auszeit.

Vanco hat einen Pool eröffnet, aus dem Leistungen individuell entnommen werden können. Jedem Mitarbeiter steht dafür ein jährlich festgelegtes Budget zur Verfügung; zusätzlich kann er in den Pool einzahlen. Vor allem junge Mitarbeiter investieren nicht genutzte Urlaubstage und erhalten im Gegenzug Gutscheine oder einen Sprachkurs. "Das System kommt bei IT-Fachkräften sehr gut an", sagt Bruchhäuser.

Der Wert des Mitarbeiters

Cafeteria-Systeme zeigen womöglich am deutlichsten, wie sich Unternehmen in der Beziehung zu ihren Beschäftigten umorientieren. Dem Mitarbeiter wird signalisiert: Wir entlohnen Dich nicht nur. Vielmehr wollen wir Dich für Deine Leistung belohnen und Dir zeigen, wie viel Du uns wert bist. Dieses Motto beherzigt auch die oberpfälzische Firma Zollner Elektronik AG. "Unser Cafeteria-System unterstützt die Mitarbeiter in mehrfacher Hinsicht", sagt Personal-Controller Josef Pielmeier. "Es hilft ihnen, sich fit zu halten, weiterzubilden und für die Zukunft abzusichern."

Zollner ist 2005 von der Initiative "Top Job" für eine mitarbeiterorientierte Firmenpolitik ausgezeichnet worden. Und als Arbeitgeber öffentlich dekoriert zu sein, spricht sich herum. Pro Jahr erhält das Unternehmen, das in den ersten Monaten dieses Jahres bereits über 400 neue Stellen geschaffen hat, rund 3500 Initiativbewerbungen. Die Sympathiewelle ist so groß, dass auf jegliche Personalwerbung verzichtet wird. Dasselbe gilt für die Kundschaft: Laut Pielmeier gibt es kaum Vertriebsmitarbeiter, weil Kunden von selbst anbandeln.

Hoher Verwaltungsaufwand

In der Firma duzt man sich, das Betriebsklima könnte besser nicht sein. Viele Mitarbeiter können sich laut Pielmeier gar nicht mehr vorstellen, woanders ihre Brötchen zu verdienen. Dabei spielt das Cafeteria-System, das für jeden internationalen Standort aufgesetzt wird, eine zentrale Rolle. Während ein Mitarbeiter Zuschüsse für die Weiterbildung bevorzugt, ist der andere an Statussymbolen wie einem Firmenwagen oder der Kreditkarte interessiert.

Sind Cafeteria-Systeme nun erste Wahl in einer strategischen Personalpolitik? Für Uwe Kloos zweifellos. Wie der Personalleiter des Münchner Unternehmens Softlab erläutert, wurde bei der Tochterfirma Nexolab jüngst ein Cafeteria-System eingeführt. "Die Mitarbeiter haben die Wahl zwischen einem Auto, einer Altersversorgung oder einer Weiterbildung." Wer will, kann sich den Gegenwert auch auszahlen lassen. Dabei können durchaus mehrere tausend Euro zusammenkommen.

Doch so positiv die Firmen ihre Erfahrungen auch beurteilen, es werden auch kritische Stimmen laut. Cafeteria-Systeme, sagen Marktbeobachter, hätten es in deutschen Firmen schwer, weil viele Nebenleistungen im Unterschied zu USA und Großbritannien bereits gesetzlich vorgeschrieben seien. Nirgendwo werde so viel Urlaub gewährt. Und gegen die Mitgliedschaft im Fitnessclub oder ein Jobticket spreche der hohe administrative Aufwand. "Eventuell ergibt sich bei fallenden Sozialleistungen neuer Spielraum für Cafeteria-Systeme", gibt Martin Hofferberth von der Frankfurter Unternehmensberatung Towers Perrin zu bedenken. "Derzeit würde ich Firmen aber abraten, dieses System einzuführen."

Diese betriebswirtschaftliche Kalkulation kann Softlab-Manager Kloos durchaus teilen. Allerdings greife sie zu kurz. "Wir wollen in unserer Branche den Ton angeben und überlegen, ob wir das Modell nicht auf die gesamte Firmengruppe ausweiten." Entschieden weist Zoller-Personaler Pielmeier die Vorbehalte zurück. "Angesichts hoher steuerlicher Belastung kommen die geldwerten Nebenleistungen unseren Mitarbeitern sehr gelegen. Wir können den Motivationsaspekt nicht hoch genug beziffern." (am)