OutSystems-Umfrage

Was Entwickler motiviert oder frustriert

24.11.2022
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Wie lassen sich Unzufriedenheit und hohe Fluktuation bei Entwicklern in Zeiten des anhaltenden Fachkräftemangels vermeiden? Eine Umfrage des Low-Code-Anbieters OutSystems gibt Anhaltspunkte.
Softwareentwickler lieben ihren Beruf, aber hassen das Alltagsgeschäft. Kann Low-Code helfen?
Softwareentwickler lieben ihren Beruf, aber hassen das Alltagsgeschäft. Kann Low-Code helfen?
Foto: Andrey_Popov - shutterstock.com

Während Entwickler generell ihren Beruf lieben, ist es nicht selten das konkrete Tagesgeschäft, das die Fachkräfte frustriert und deren ohnehin hohe Wechselbereitschaft weiter nährt. Zu diesem zentralen Ergebnis kommt eine weltweite Umfrage, die die Evans Data Corp im Auftrag von OutSystems durchgeführt hat. Die Ergebnisse der Studie basieren auf Antworten von 860 Entwicklern aus verschiedenen Ländern und Branchen und geben Anhaltspunkte, wie Unternehmen talentierte Entwickler in einem wachsenden Wettbewerbsumfeld halten, beziehungsweise neue Fachkräfte anwerben können.

"Wirft man einen Blick auf den derzeitigen Arbeitsmarkt, stellt man fest, dass weltweit mehr als eine Million qualifizierter Entwickler fehlen", erklärt Christoph Volkmer, Regional Vice President EMEA Central von OutSystems. Entsprechend könnten IT-Verantwortliche nicht mehr allein durch Neueinstellungen lösen. Es bedarf Technologien, die Ressourcen optimieren, die Arbeitsbelastung verringern und die Produktivität der Entwickler steigern, um Frustrationen im Tagesgeschäft zu vermeiden und qualifizierte Fachkräfte langfristig im Unternehmen zu halten. "In Zeiten des chronischen Entwicklermangels ist der bessere Job oft nur einen Anruf entfernt", konstatiert der OutSystems-Manager.

Latent auf Jobsuche

Die gute Nachricht der Studie: Die meisten Entwickler lieben ihren Beruf. In der Umfrage gaben weltweit 64 Prozent der Befragten an, ihren Beruf zu "lieben" - ein Wert, der sich mit dem für die deutschen Developer deckt. Mit 43 Prozent sind diese sind jedoch etwas weniger mit dem Tagesgeschäft zufrieden als der weltweite Durchschnitt (46 Prozent).

Das Interesse an einen neuen Job ist bei deutschen Entwicklern hoch, tatsächlich gewechselt wird aber seltener.
Das Interesse an einen neuen Job ist bei deutschen Entwicklern hoch, tatsächlich gewechselt wird aber seltener.
Foto: OutSystems

Die Konsequenz ist absehbar: Jeder Zweite informiert sich zu anderen Jobs. Während jedoch im globalen Kontext nur 39 Prozent der Befragten angaben, kürzlich nach neuen Jobangeboten Ausschau gehalten, sich dann aber wieder umentschieden zu haben, sind es unter den deutschen Entwicklern die Hälfte. 39 Prozent der Befragten aus Deutschland stimmen sogar der Aussage "Ich denke ernsthaft darüber nach, meinen Arbeitgeber zu wechseln" zu - im weltweiten Durchschnitt beträgt der Wert nur 31 Prozent.

Wenig überraschend ist es daher auch um die Mitarbeiterbindung nicht gut bestellt: Weltweit geht nicht einmal ein Drittel der Entwickler (29 Prozent) davon aus, in zwei Jahren noch beim aktuellen Unternehmen zu arbeiten. Deutsche Developer sind beim tatsächlichen Wechsel des Arbeitgebers etwas zögerlicher. Wenngleich sie häufiger als der internationale Durchschnitt nach einem anderen Job Ausschau halten, sehen sich immerhin noch 38 Prozent in zwei Jahren noch in ihrem aktuellen Unternehmen.

Was deutsche Entwickler lieben - und was nicht

Die Befragung gab auch einige Hinweise darauf, welche Aspekte ihrer Arbeit Entwickler in Deutschland bereits heute schätzen - und in welchen Bereichen Nachholbedarf besteht. So sind 56 Prozent der deutschen Developer "sehr zufrieden" mit ihrer Autonomie beziehungsweise Unabhängigkeit, während dies im globalen Kontext nur 42 Prozent der Entwickler angaben.

Auch um die Work-Life-Balance scheint es bei deutschen Entwickler insgesamt deutlich besser zu stehen als bei ihren europäischen Kollegen: Während sich 63 Prozent der EU-Befragten ein besseres Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatleben wünschen, meinten dies nur 48 Prozent der deutschen Entwickler. Besser bestellt ist es hierzulande offenbar auch um die Ausstattung der Developer. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) der deutschen Entwickler sind mit der Qualität der ihnen zur Verfügung stehenden Tools und Technologien sehr zufrieden, während dies im weltweiten Vergleich nicht einmal jeder Zweite (44 Prozent) ist.

Die Kehrseite der Medaille: In Deutschland sind nur 30 Prozent der Developer über die Art der entwickelten Anwendungen glücklich - verglichen mit 43 Prozent im EU-Durchschnitt. Außerdem sind nur 39 Prozent mit der eigenen Produktivität zufrieden - damit ist Deutschland europäisches Schlusslicht. Im EU-Durchschnitt beträgt der Wert 51 Prozent. Und während europaweit 53 Prozent der befragten Entwickler mit der Kommunikation und dem Informationsaustausch innerhalb ihrer Teams zufrieden sind, sind es in Deutschland nur 45 Prozent.

Foto: OutSystems

Deutsche Entwickler sind erfahren, aber älter

Wenngleich sich die Situation der deutschen Entwickler auf den ersten Blick nicht so schlecht darstellt - mittelfristig könnte es deutlich anders aussehen, warnt OutSystems. Grund ist der viel schnellere und spürbarere demographische Wandel, der die Unternehmen in Deutschland unter einen besonders hohen Anpassungsdruck setzt. So zeichnen sich deutsche Entwickler im globalen Vergleich zwar durch ihre gute Ausbildung und hohe Erfahrung aus:

  • Mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der befragten Entwickler verfügen mindestens über einen Masterabschluss, während dies weltweit nur für gut die Hälfte (52 Prozent) zutrifft.

  • Zudem finden sich unter den deutschen Entwicklern weniger Quereinsteiger: 51 Prozent verfügen über einen Abschluss in den Bereichen Computer Science oder Computer Engineering (international 29 Prozent) Vielmehr ist in Deutschland über die Hälfte der Befragten (57 Prozent) bereits seit mehr als zehn Jahren in der Softwareentwicklung tätig (weltweit: 34 Prozent).

Dieses Mehr an Erfahrung schlägt sich jedoch auch in der Altersstruktur der deutschen Entwickler nieder: Beinahe die Hälfte der Entwickler fällt in die Altersgruppe der Babyboomer (Jahrgänge 1946-1964) oder Generation X (Jahrgänge 1965-1980), weltweit sind dies nur 35 Prozent.

Daraus ergibt sich, dass mehr und mehr Entwickler ihre Arbeitgeber in den kommenden Jahren durch den Wechsel in den Ruhestand verlassen werden. Es gilt daher umso dringender, Teams durch junge Entwickler zu verstärken, deren anders gelagerte Erwartungen zu erfüllen und sie dadurch langfristig an das Unternehmen zu binden.

Low-Code als Zufriedenheitsfaktor

Eine entscheidende Rolle können dabei auch die eingesetzten Entwicklungs-Tools spielen, schlägt OutSystems vor und bringt dazu - Überraschung - Low-Code ins Spiel. So zeigten die Ergebnisse der Umfrage, dass sich Low-Code-Nutzer - von denen die meisten jedoch auch traditionelle Programmiersprachen verwenden - durch eine höhere Zufriedenheit mit ihrer Arbeitsbelastung, der Arbeitszeit und ihren Karrierechancen auszeichnen:

  • Mehr als die Hälfte der Low-Code-Entwickler sind sowohl mit der Produktivität ihrer Teams als auch mit der Qualität der ihnen zur Verfügung stehenden Tools "sehr zufrieden", während dies bei den Nutzern von traditionellem Code jeweils nur auf weniger als die Hälfte zutrifft.

  • Mehr als 71 Prozent der Low-Code-Nutzer gaben an, dass sie die typische 40-Stunden-Woche einhalten können, verglichen mit nur 44 Prozent der traditionellen Entwickler. Außerdem gaben 63 Prozent der Low-Code-Developer an, dass sie mit ihrem Gehalt und den betrieblichen Zusatzleistungen zufrieden sind. Unter den traditionellen Entwicklern sind dies lediglich 40 Prozent.

  • Low-Code-Entwickler wurden in ihrem aktuellen Unternehmen durchschnittlich 3,5-mal befördert, traditionelle Entwickler dagegen nur zweimal.