Anwender versus Anbieter

Was den IT-Servicemarkt antreibt

14.10.2014
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Dank vieler Modernisierungsprojekte wird der IT-Service- und -Beratungsmarkt ordentlich wachsen. Im Jahr 2014 soll sich das Umsatzvolumen in Deutschland um 3,2 Prozent auf 36,8 Milliarden Euro erhöhen. Hinter diesen Zahlen verbergen zwei sehr unterschiedliche Märkte.
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Gemessen an der Prognose für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands (das Bruttoinlandsprodukt soll 2014 zwischen 1,4 und zwei Prozent verbessern) sind die Aussichten für die hiesige IT-Serviceindustrie blendend: Der gesamte IT-Dienstleistungsmarkt soll sich einer Erhebung des Branchenverbands Bitkom zufolge bis Jahresende um 3,2 Prozent auf 36,8 Milliarden Euro verbessern, also mehr als doppelt so schnell wie die Gesamtwirtschaft zulegen.

Anbieterbefragung: Projektnachfrage boomt, Betriebsgeschäft läuft

Die Marktforscher von Lünendonk haben sich den IT-Provider-Markt etwas genauer angesehen, beschränken sich in ihrer Analyse aber auf Angaben von rund 90 Anbietern. Deren kumulierter Jahresumsatz beläuft sich auf rund drei Viertel des vom Bitkom erhobenen gesamten Marktvolumens. Die Lünendonk-Auswertung ist also nicht repräsentativ, dürfte aber im Großen und Ganz die Entwicklung des gesamten IT-Servicegeschäfts wiederspiegeln.

IT-Beratung und Projektgeschäft: Demnach entwickelt sich insbesondere das Geschäft mit IT-Beratung und IT-Projekten mit einem Wachstum von 6,8 Prozent im laufenden Jahre blendend. Das Umsatzvolumen wird sich bis Jahresende auf 12,8 Milliarden Euro summieren. In diesem Geschäft profitieren die Anbieter davon, dass mehr und mehr Kunden in Innovationsvorhaben etwa zur Digitalisierung ihres Kerngeschäfts sowie in die IT-Modernisierung investieren. Die stürmische Entwicklung spiegelt sich auch in der Personalplanung wieder. Die Belegschaft wird sich bis Jahresende gegenüber 2013 um durchschnittlich 7,5 Prozent vergrößern.

Das kommende Jahr verspricht sogar eine noch bessere Entwicklung: Die befragten Anbieter kalkulieren mit einem durchschnittlichen Wachstum von 9,3 Prozent.

IT-Betriebsdienstleistungen: Etwas weniger rasant wächst das Geschäft mit Betriebsdienstleistungen wie Outsourcing, Hosting, Application Management usw. Hier haben die Marktforscher für das laufende Jahr eine Verbesserung von 4,2 Prozent auf 19,8 Milliarden Euro errechnet. In diesem Segment zeigen Automatisierungsanstrengungen klar erkennbare Wirkung: Die Zahl der Mitarbeiter wächst mit einem Plus von 2,1 Prozent erheblich langsamer als der Umsatz.

Mario Zillmann, Lünendonk: "Die vor Jahren angestoßenen Maßnahmen, die Effizienz der IT-Landschaft zu erhöhen und weniger Kapital in den IT-Prozessen zu binden, zeigen nun ihre Wirkung."
Mario Zillmann, Lünendonk: "Die vor Jahren angestoßenen Maßnahmen, die Effizienz der IT-Landschaft zu erhöhen und weniger Kapital in den IT-Prozessen zu binden, zeigen nun ihre Wirkung."
Foto: Lünendonk

Dass die Einnahmen mit Betriebsdienstleistungen weniger schnell zulegen als im Projektgeschäft, erklären die Marktforscher mit früheren Effizienzprojekten sowohl auf Anbieter- als auch auf Anwenderseite. Viele interne und ausgelagerte IT-Umgebungen wurden in den vergangenen Jahren bereits überarbeitet und modernisiert, so dass die Betriebskosten gesunken sind. "Die vor Jahren angestoßenen Maßnahmen, die Effizienz der IT-Landschaft durch Virtualisierung, Automatisierung und Standardisierung zu erhöhen und weniger Kapital in den IT-Prozessen zu binden, zeigen nun ihre Wirkung", erläuterte Mario Zillmann, Leiter Professional Services bei Lünendonk und Studienautor.

Anwenderbefragung: IT-Betrieb bindet Budgets, Fachbereiche starten IT-Projekte

Eine parallel zur Anbieterbefragung betriebene Erhebung unter 44 großen Anwenderunternehmen mit (zumeist) mehr als eine Milliarde Euro Jahresumsatz stützt im Wesentlichen die zuvor unter Anbietern erhobene Prognose, weist zudem aber auf unterschiedliche Erwartungen hin.

Die Mehrheit der Befragten plant, die Ausgaben für den IT-Budget zu reduzieren (hellblaue Balken). Wachsende Ausgabe sind für die Softwareentwicklung und für Beratungsprojekte reserviert.
Die Mehrheit der Befragten plant, die Ausgaben für den IT-Budget zu reduzieren (hellblaue Balken). Wachsende Ausgabe sind für die Softwareentwicklung und für Beratungsprojekte reserviert.
Foto: Lünendonk

IT-Betrieb: Die Hälfte der befragten Anwenderunternehmen plant 2015 mit rückläufigen Ausgaben im IT-Betrieb (siehe Grafik oben). Das geschieht auf hohem Niveau, immerhin investieren die CIO nach wie vor zwei Drittel ihres IT-Budgets in den Unterhalt ihrer IT-Anlagen.

Die Einsparungen der Anwender im IT-Betrieb auf der einen Seite, und die zeitgleichen Hoffnungen der Anbieter auf moderate Mehreinahmen in diesem Segment auf der anderen Seite, passen auf den ersten Blick nicht zusammen. Die Diskrepanz lässt sich darauf zurückzuführen, dass die Unternehmen künftig mehr Leistungen von externen Partnern beziehen werden, also größere Anteile ihre IT-Budgets dem externen Markt überlassen. Mit dem Auslagern von Services erhoffen sich IT-Leiter unterm Strich eine Entlastung für ihr IT-Budget.

Ob sich das immer so einstellt, ist keineswegs sicher. Viele Auslagerungsprojekte der Vergangenheit wurde aus vergleichbaren Beweggründen gestartet, konnten die Erwartungen oft nicht erfüllen. Mittlerweile verfügen Anwender und Anbieter aber umfangreiche Erfahrungen mit Auslagerungsprojekte, so dass frühere Fehler im Outsourcing vermeidbar sind.

In den meisten Unternehmen wachsen die IT-Budgets der Fachbereiche: Knapp über 50 Prozent der Befragten rechnen mit zum Teil stark steigenden Ausgaben in den Fachbereichen. 25 Prozent erwarten, dass die dort verfügbaren Mittel auf dem aktuellen Niveau verharren.
In den meisten Unternehmen wachsen die IT-Budgets der Fachbereiche: Knapp über 50 Prozent der Befragten rechnen mit zum Teil stark steigenden Ausgaben in den Fachbereichen. 25 Prozent erwarten, dass die dort verfügbaren Mittel auf dem aktuellen Niveau verharren.

IT-Beratungs- und -Projektgeschäft: Im Geschäft mit IT-Projekten stützt die Befragung der Anwender den schon oft diskutierten und beobachteten Trend, wonach Fachbereiche immer häufiger IT-Aufträge vergeben. Der Lünendonk-Erhebung zufolge erhöht die Mehrzahl der Unternehmen die IT-Ausgaben in den Fachbereichen (siehe Grafik). Die Entwicklung ist allerdings nicht durchgängig zu beobachten: Immerhin knapp jedes vierte Unternehmen plant mit schrumpfenden IT-Töpfen in den Geschäftseinheiten.