Anwender des Jahres 2001/DGZ Deka Bank

"Was dem Kunden nützt, hilft auch uns"

12.10.2001
In knapp fünf Monaten hat die in Frankfurt ansässige DGZ Deka Bank eine E-CRM-Lösung installiert. Damit schloss der zentrale Investment-Dienstleister der Sparkassenorganisation den zweiten Abschnitt seiner E-Banking-Strategie ab und balanciert nun zwischen dem Direktgeschäft mit Endkunden sowie seiner Vermittlerposition zu den Sparkassen.

Die DGZ Deka Bank, zum Jahresanfang 1999 aus der Fusion der beiden Institute Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank und der Deka-Bank GmbH hervorgegangen, ist als ein Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Bankgeschäft mit der öffentlichen Hand und Großunternehmen sowie im Investmentfondsgeschäft tätig. Wachstumsmotor war in den vergangenen Jahren vor allem der Fondsbereich, in dem das Institut zum zweitgrößten Anbieter Deutschlands avancieren konnte. Der Vertrieb erfolgt exklusiv über die Sparkassen und Landesbanken, die zu jeweils 50 Prozent Eigentümer der Bank sind. Bis vor kurzem wurden die Fonds fast ausschließlich über deren Filialen abgewickelt.

Im September vergangenen Jahres trat die DGZ Deka Bank mit einem eigenen Online-Vertrieb erstmals direkt an die Kunden der Sparkassen heran. Nicht zuletzt, um auch in diesem Segment konkurrenzfähig bleiben zu können, setzte die Bank das Thema "E-Commerce" auf den Plan. Zwar hatte sie bereits mit Deka.de einen Internet-Auftritt bewerkstelligt, dieser erfüllte jedoch bis dato in erster Linie Informationsaufgaben. Anfang 2000 begann das Geldinstitut mit der Umsetzung seiner E-Commerce-Pläne. In einem ersten Schritt erweiterte man den Internet-Auftritt um Transaktionsfunktionen, so dass die Kunden Handelsaufträge abgeben oder ihr Depot verwalten konnten. Auch das jetzt erst abgeschlossene CRM-Projekt wurde damals bereits ins Auge gefasst, jedoch nicht unmittelbar an den erweiterten Deka.de-Auftritt angeschlossen, da man zunächst die Reaktionen der Kunden auf das neue Internet-Angebot abwarten wollte.

Eines der zentralen Motive, die Installation eines CRM-Systems voranzutreiben, waren die mit dem Strategiewechsel gestiegenen Anforderungen an das Management der Kundenbeziehungen. Durch eine höhere Servicequalität sollten die Klienten vor allem bei der Stange gehalten werden. "Die Gewinnung von Neukunden stand erst an zweiter Stelle", so Projekt-Manager Matthias Fritz. Eine von einem CRM-System gestützte Kundenbetreuung konnte das Risiko, dass Kunden abwanderten, verringern. Um der beabsichtigten Verbesserung der Kundenbeziehung Rechnung zu tragen, veränderte die Bank parallel zum Ausbau der technischen Infrastruktur auch die Organisation ihres Vertriebs vom produktorientierten Verkauf (beispielsweise Produkte wie Fonds oder Kredite) hin zu einem kundenfokussierten Angebot.

Aus den neu gesteckten Zielen ergab sich zwangsläufig der Bedarf, zunächst Informationen über den Kunden zu erhalten, diese Daten an zentraler Stelle zu bündeln und in einem weiteren Verfahren analysieren zu können. Mit einem Profil der Zielgruppen eröffnete sich vor allem für neue Marketing-Strategien ein weites Feld. Bislang bestand die wesentliche Aufgabe der Werbeabteilung der Bank aus indirektem Marketing, genauer: Die Sparkassen wurden bei Kampagnen etwa durch die Bereitstellung von Informationen unterstützt. Wie sich im Nachhinein herausstellte, waren diese Maßnahmen nur wenig erfolgreich. Ein zu hoher Streuverlust war damit verbunden. Die Rate der Reaktionen (response rate) lag bei maximal zwei Prozent. Dagegen ließ sich diese Quote in Einzelfällen, in denen zielgruppenspezifisch geworben wurde, auf zehn Prozent erhöhen.

Das Kernelement zur Verbesserung der Kundenbeziehungen sowie der Sammlung von Daten sollte der Ausbau des bereits bestehenden Call-Centers zu einem "Customer Care Center" sein. Im Vordergrund stand dabei die Überlegung, dass die Kunden zunehmend über unterschiedliche Kanäle den Kontakt mit dem Geldinstitut pflegen. Sei es über E-Mail oder Telefon, "wenn wir die Beziehung zum Kunden weiterhin vernünftig managen wollen, dann müssen wir es auch schaffen, auf diesen Kanälen konsistent zu operieren", so der Bereichsleiter Organisation und Informatik der DGZ Deka Bank Wolfgang Rau. Die Bank brauchte ein Instrument, das beispielsweise Überblick über bisherige Kontakte zum Kunden gab. Den Call-Center-Mitarbeitern sollte dies durch die abteilungsübergreifende Arbeit an nur einer Oberfläche ermöglicht werden. Konkret bedeutet dies, dass jederzeit ersichtlich wird, wo ein Geschäftsvorfall bearbeitet wird und in welchem Status er sich befindet. Während der Mitarbeiter bislang zwischen verschiedenen Anwendungen hin- und herwechseln musste, sollten nun alle Informationen auf einer einzigen Oberfläche einsehbar sein.

Neben diesen bereits konkret formulierten Zielen für das Projekt unterwarfen sich die Verantwortlichen einem sehr eng gesteckten Zeitrahmen von fünf Monaten. Projektleiter Fritz: "Das Projekt hatte ein hohes Investitionsvolumen, hätten wir uns mehr Zeit genommen, hätten wir voraussichtlich auch mehr Geld ausgegeben." Neben solchen Überlegungen dürfte jedoch auch der Bedarf gestanden haben, den anfangs innerhalb des Konzerns diskutierten Ideen möglichst rasch mit erkennbaren Erfolgen die notwendige Akzeptanz zu verschaffen. Eine schnelle Umsetzung "verleiht dem gesamten Vorhaben Rückenwind und erweitert auch die Investitionsbereitschaft", so Bereichsleiter Rau.

Enger ZeitrahmenEbenfalls Rückenwind erhielt das Konzept durch den erfolgreichen Verlauf des Vorprojektes, der erwähnten Transaktionsfunktionalität von Delka.de. Gut sechs Monate nach dem Start konnten rund 170 000 Depoteröffnungen verzeichnet werden. Damit war der Startschuss für das Folgeprojekt gefallen, und die Verantwortlichen begannen im April dieses Jahres mit der Installation des Kunden-Management-Systems. Zu diesem Zeitpunkt waren sowohl der Geschäftsplan als auch die Anforderungen formuliert. Mit dem Beratungsunternehmen Accenture war auch die Auswahl des Integrationspartners abgeschlossen. Wichtig für Fritz und seine Kollegen war in der Evaluierungsphase, nicht nur Konzepte präsentiert zu bekommen, sondern auch die Menschen kennen zu lernen, mit denen man künftig zusammenarbeiten würde.

Um Zeit zu sparen und kein Geld an einen überforderten Partner zu verlieren, ging der Auftrag an ein großes Beratungshaus. Dieses wiederum empfahl eine CRM-Lösung von Siebel Systems. Weil man schnell vorankommen wollte, kam man außerdem überein, sich statt für eine Best-of-Breed-Lösung für eine Suite zu entscheiden.

Außerdem wollten die Projektbetreuer nicht die bereits bestehende ITInfrastruktur antasten. "Unser Großrechnersystem stammt von Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre", erklärt Rau. Um die Zusammenarbeit der alten Struktur mit modernen Funktionen zu gewährleisten, bediente man sich einer Middleware-Konstruktion, die dem Host vorgelagert wurde. Alles andere wäre auf Kosten des Tempos gegangen. "Die Alternative wäre gewesen, sich in den nächsten drei Jahren erst einmal mit der Modernisierung der vorhandenen Systeme zu beschäftigen", so Rau. Nach dem Motto "Lieber in Kürze eine 90-prozentige Lösung als nach zwei Jahren eine 100-prozentige", aber auch im Hinblick auf die künftige Weiterentwicklung des Systems entschied man sich daher bereits bei der Entwicklung von Deka.de auf Basis der Komponententechnik Enterprise Javabeans für eine hoch skalierbare Drei-Schichten-Architektur, in der die Web-Server-Technik des US-Unternehmens Bea Systems sowie die E-Business-Suite der Stuttgarter Abaxx Technology AG verwendet werden.

Analyse der KundendatenGrundlage hierfür ist die über alle Kanäle integrierte E-CRM-Lösung von Siebel. Als analytische Basis für die Nutzung der E-CRM-Infrastruktur wurde das E-Business-Data-Warehouse von Siebel mit vorkonfigurierter Data Mart sowie integriertem Softwarepaket gewählt. Dieses setzt sich zusammen aus "Siebel Analytics", "E-Business Datamart" sowie "E-Intelligence Options". Um die im Data Mart gespeicherten Daten analysieren zu können, fiel die Wahl auf "DD-Expert" und "DD-Marketeer" der Firma Data Distilleries. Mit Hilfe dieser Tools lassen sich die Kunden anhand ihrer Daten analysieren. Ein Vorteil dieser Anwendung war, dass die Softwarehersteller sie bereits im Vorfeld mit "Siebel Marketing", dem für das Kampagnen-Management ausgewählten Modul, integriert hatten. Mit der Marketing-Lösung von Siebel können nun Werbekampagnen auf Basis der analysierten Daten grafisch am Bildschirm entwickelt, ausgeführt und kontrolliert werden. Gleichzeitig wird jedem Call-Center-Mitarbeiter mit "Siebel Campaigns" eine Oberfläche zur Verfügung gestellt, über die er Informationen zu den laufenden Marketing-Aktionen erhält. Ein weiteres Kernstück der technischen Infrastruktur stellt das Call-Center-Modul von Siebel dar. In die Oberfläche dieser Lösung wurden andere Anwendungen, beispielsweise Deka.de, integriert. Über eine Schnittstelle konnte das System an die bereits bestehende Call-Center-Telefonanlage integriert werden, so dass der Berater die Call-Center-Funktionen auch für den Kunden nutzen kann.

Diese Zentralisierung, die mit einer gleichzeitigen Automatisierung einhergeht, hat Effekte, die sowohl nach außen als auch intern spürbar sind. Nicht nur, dass die Kundenanfragen kompetenter bearbeitet werden können und der Kunde zufriedener sein dürfte, sondern auch die Prozesse innerhalb der Bank werden schneller und transparenter. Beispielsweise lassen sich Serviceanfragen, etwa Reklamationen, elektronisch an die Fachabteilung weiterleiten. So geht nichts mehr auf dem manchmal langsamen internen Postweg verloren. Die Projektverantwortlichen legten auch gleich fest, wie schnell Kundenanfragen nun bearbeitet werden sollen. Der Eskalationsplan etwa für Beschwerden sieht vor, dass man nicht bearbeitete Anfragen nach zwei Tagen direkt an den nächsthöheren Vorgesetzten weiterleitet.

Stolpersteine vermeidenAuch wenn es dem insgesamt 100-köpfigen Team gelang, den gesteckten Zeitrahmen einzuhalten, verlief das Projekt nicht ganz reibungslos. In einer Zusammenfassung führt Fritz einige Stolpersteine auf, die zumindest theoretisch bereits im Vorfeld hätten vermieden werden können. Beispielsweise stellte sich erst im Lauf der Zeit heraus, dass einige Softwarekomponenten eines Herstellers nicht zusammenpassten. Dies erforderte eine aufwändige Migration. Um solch einem Problem vorzubeugen, empfiehlt Fritz, sich einen Prototypen der Software vorführen zu lassen. Zudem sollte die bereits vorhandene Infrastruktur zu Projektbeginn überprüft werden. Im konkreten Fall stimmten die Informationen zur Infrastruktur des Call-Centers nicht mit der Realität überein, so dass im Nachhinein noch ein zusätzlicher Adapter in Auftrag gegeben werden musste. Und last, but not least sollte - gerade bei einem zeitlich knapp gehaltenen Projekt - die Bestellung der Hardware frühzeitig erfolgen. Durch eine Verzögerung sowohl im eigenen Haus als auch bei den Lieferanten seien zeitweise die Zwischentermine gefährdet gewesen.

Gute Erfahrungen machte Fritz hingegen mit der Entscheidung, mit dem ersten offenen Call-Center-Tag an einem Samstag zu beginnen. Probleme, die trotz vorheriger Tests während der Produkteinführung auftraten, konnten wegen der geringen Auslastung des Call-Centers bequem gelöst werden.

Riem Sarsam