FlexPod, VSPEX, HP CloudSystem und IBM PureSytems

Was bringen Referenzarchitekturen im Data Center?

21.04.2014
Von 
Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Referenzarchitekturen wie FlexPod, VSPEX, HP CloudSystem oder IBM PureSytems spielen in Rechenzentrum eine wachsende Rolle. Welche Vorteile die Systeme bringen können und was gegen einen Einsatz spricht, erläutert der Virtualisierungsexperte Roland König vom IT-Systemhaus Bechtle.

Wer seinem Kunden eine Referenzarchitektur für die Modernisierung des Rechenzentrums verkauft, kann an der Konfektionierung des Systems nichts mehr verdienen. Allerdings wächst der Beratungsaufwand. Warum Kunden zunehmend bereit sind, für diese Services auch zu bezahlen, erklärt Roland König, Geschäftsführer des Bechtle-IT-Systemhauses München/Regensburg und Leiter des Geschäftsfelds Virtualisierung, im Interview mit unserer Schwesterpublikation ChannelPartner.

Im Interview: Roland König, Geschäftsführer Bechtle IT-Systemhaus München/Regensburg und Leiter des Geschäftsfelds Virtualisierung bei Bechtle
Im Interview: Roland König, Geschäftsführer Bechtle IT-Systemhaus München/Regensburg und Leiter des Geschäftsfelds Virtualisierung bei Bechtle
Foto: Bechtle

Welche Rolle spielen integrierte Systeme aktuell und in Zukunft?

Roland König: Diese Referenzarchitekturen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Nicht nur aus technologischen Gründen, weil die Lösungen in einem Produkt integriert sind, sondern weil sie dem Kunden echte Mehrwerte liefern, insbesondere, wenn es darum geht, eine Basis für künftige Cloud-Architekturen zu legen. Immer mehr Kunden erwägen bei der Ersatzbeschaffung für ihre Infrastruktur deshalb den Einsatz dieser fertigen Out-of-the-Box-Lösungen, weil sie hier nicht mehr jede einzelne Komponente anpacken müssen.

Wie gehen Sie bei solchen Projekten vor?

König: Forrester hat hier ein sehr anschauliches Modell entworfen, dem wir folgen. Die Analysten empfehlen Anwendern, im ersten Schritt ein in sich geschlossenes Projekt zu definieren, sich einen Fürsprecher und Sponsor im Management zu suchen und quasi auf der grünen Wiese ein erstes Private-Cloud-Projekt aufzubauen. Anschließend sollte ein vergleichsweise einfacher Prozess ausgewählt und in einen echten Cloud-Prozess portiert werden. Die nächste Stufe kann dann der Weg in eine hybride Cloud sein. Die Referenzarchitekturen ermöglichen dem Kunden exakt dieses Vorgehen.

Weshalb sind Referenzarchitekturen so beliebt?

König: Sie bieten genau definierte, aufeinander abgestimmte Best-of-Breed-Lösungen, bestehend aus x86-Servern, Storage, Netzwerk, Management und Virtualisierung in einer sofort einsatzfertigen Lösung, mit verlässlicher Performance. Unser Build-Your-Own-Cloud-Konzept (BYOC) basiert auf einer solchen Referenzarchitektur. Einen Unterschied gibt es allerdings: Wir haben hier nicht nur den Basis-Hypervisor integriert, sondern die komplette Cloud-Software von VMware und Microsoft sowie die Portierung eines Prozesses.

Was umfasst bei Ihnen die Portierung auf einen realen Cloud-Prozess konkret?

König: Im Preis für das BYOC-Paket ist die Portierung eines definierten Prozesses mit eingeschlossen. Er steht dann im Self-Service-Portal des Unternehmens als echter Cloud-Service zur Verfügung, inklusive Service Level Agreements.

Cloud-Technologie koppelt unterschiedliche IT-Infrastrukturen

Der Start auf der "grünen Wiese" bedeutet aber, dass der Endkunde seine bisherige Infrastruktur komplett ausmustern muss. Nutzt er dagegen FlexPod oder VSPEX , könnte er seine Infrastruktur schrittweise durch die neuen Komponenten ersetzen und bereits getätigte Investitionen weiter nutzen.

König: Das können Sie mit jeder Referenzarchitektur. Denn die zentrale Komponente ist der Hypervisor, den die meisten Unternehmen bereits einsetzen. Auf dieser Hypervisor-Ebene - nicht auf Infrastrukturebene - lässt sich die alte Architektur mit der neuen koppeln und schrittweise umrüsten.

Das heißt, es wird quasi parallel zum Kern-Rechenzentrum ein zweites, kleines aufgebaut. Der gemeinsame Hypervisor stellt die durchgängige Verbindung zwischen beiden her, die Brücke, auf der sich alles bewegt?

König: Ja, der Kunde muss die alte Infrastruktur keineswegs auf einen Schlag ausmustern, er kann schrittweise migrieren. Zentraler Aspekt ist dabei die Migration von Prozessen. Die Cloud-Technologie basiert ja gerade auf der Veränderung von Prozessen, weg vom "Container-Denken" hin zum serviceorientierten Ansatz. Die Abläufe verändern sich dabei grundlegend.

Der wesentliche Schritt liegt darin, ein in sich geschlossenes Projekt auszuwählen, das sich für die Portierung eignet - zum Beispiel die Anbindung neuer Mobile-Device-Services. Dazu kann der Kunde eine komplett in sich geschlossene Referenzarchitektur einsetzen, auf dieser Infrastruktur wird ein SLA für diesen Service hinterlegt - und das Projekt kann starten. Alle restlichen Systeme und Prozesse laufen davon unberührt wie bisher weiter.

Inwiefern beobachten Sie nicht nur bei den Großkunden, sondern auch bei mittelständischen Unternehmen dieses wachsende Interesse?

König: Gerade für klassische Mittelstandskunden ist das ein ganz heißes Thema. Denn es gibt auch kleinere Referenzarchitekturen wie VSPEX, FlexPod oder den seit Kurzem verfügbaren, kostengünstigen und überall einsetzbaren ExpressPod. Diese Lösungen machen es dem Mittelstand sehr einfach, schrittweise neue Themenfelder und Architekturen einzuführen.

Aus dieser Perspektive betrachtet unterscheiden sich die einzelnen Referenz- und Integrated-Systems-Angebote nicht wesentlich?

König: Selbstverständlich hat jeder Hersteller Stärken, Schwächen und Schwerpunkte. Aber das Hauptthema ist ein anderes. Es geht vor allem um das Konzept, das dahintersteht. Der Vorteil ist, dass diese automatisierten und standardisierten Architekturen ein zentrales Management für Computer, Storage und Netzwerk bieten.

Alle Ansätze von VMware und Microsoft in Richtung Software Defined Datacenter zielen darauf ab, Funktionalitäten aus dem Netzwerk-, dem Storage- und Compute -Bereich bis zu einer gewissen Ebene in den virtuellen Layer zu integrieren. Denn wenn der Kunde eine virtuelle Maschine, einen Desktop etc. verschieben möchte, muss diese Funktionalität mitwandern.

Wir stehen hier am Anfang einer ganz neuen Entwicklung. Wir sind auf dem Weg ins Storage Defined Datacenter: Die Software ist in der Lage, diese Services mitzunehmen und verteilt bereitzustellen. Die Referenzarchitekturen unterstützen diesen Weg.