Personaler erzählen

Was Bewerber alles falsch machen

25.10.2012
Aalglatte Lebensläufe, Copy-Paste-Fehler in Anschreiben oder zu selbstbewusstes Auftreten im Vorstellungsgespräch sorgen für das schnelle Aus im Bewerbungs-prozess. Personalexperten berichten aus der Praxis und geben Bewerbern Tipps.

Und dann will ich noch ...

Das absurdeste Erlebnis aus den zahlreichen Vorstellungsgesprächen, die Gerhard Humbert von HSC Personalmanagement führte, ist schon ein paar Jahre her: Eine Dame bewarb sich aus ungekündigter Stellung auf eine Programmierstelle. "Von ihren Kenntnissen und Erfahrungen her passte sie ganz gut zu meinen Vorstellungen und ich lud sie zum Vorstellungsgespräch ein", erzählt der Personalvermittler. Nach ein paar Sätzen Smalltalk sei sie direkt zum Punkt gekommen: Sie wolle ein Einzelbüro, mindestens zwölf Quadratmeter groß, mit viel natürlichem Licht, im Sommer nicht zu warm und im Winter nicht zu kalt, keine Klimaanlage. Über alles Weitere sei sie bereit zu reden. "Dass das Gespräch nicht mehr lang dauerte, kann man sich ja vorstellen", kommentiert Humbert.

Tipp: Gehen Sie auf den Personaler zu!

Humbert rät: "Eine Bewerbung, ein Vorstellungsgespräch ist ein Kommunikationsprozess, den Sie zum Erfolg führen wollen. Daher müssen Sie sich so präsentieren, dass Sie es Ihrem Kommunikationspartner leicht machen, in Ihrem Interesse zu entscheiden. Überzeugen Sie ihn, gehen Sie auf ihn zu, setzen Sie nicht voraus, dass er Sie und Ihre Gedanken kennt! Dann sind Sie auf einem guten Weg!"

Aalglatt will niemand!

Häufiger beobachten Personaler, dass Bewerber Copy-Paste-Fehler machen, zu ausschweifende Anschreiben verfassen oder auch zu perfekte Lebensläufe abliefern. Michael May, Vorstand des IT-Beratungshauses Syngenio: "Ich lese in Bewerbungen immer wieder aalglatte Lebensläufe, aus denen ich mir kein authentisches Bild des Menschen machen kann." Da seien beispielsweise auch die Hobbys mit der ausgeschriebenen Stelle abgestimmt. Brüche in der Vita würden aber oft erst eine Persönlichkeit ausmachen. "Und wir brauchen in der IT-Beratung Persönlichkeiten", so May weiter.

Tipp: Seien Sie Sie selbst!

May rät: "Wir verstehen den Bewerbungsprozess als ein gegenseitiges Bewerben. Wir ‚Äörekrutieren` keine Leute, sondern wir versuchen zu ermitteln, ob unser Unternehmen zu der Bewerberin oder dem Bewerber passt und natürlich auch, ob der Mensch in unser Unternehmen passt. Es gibt immer wieder Leute, die eine Fassade aufbauen. Dies mindert die Wahrscheinlichkeit, dass man zusammenkommt. Mit Menschen, die ein wahres Bild von sich vermitteln können, ist es immer einfacher, eine passende Lösung zu finden - gemeinsam oder eventuell auch getrennt, aber hoffentlich immer zur langfristigen Zufriedenheit beider Seiten."

Das kann ich nicht!

Werden Bewerber im Vorstellungsgespräch auf Schwächen wie etwa fehlenden Vorkenntnissen im angestrebten Fachgebiet oder zu persönlichen Fähigkeiten angesprochen, geben sie häufig Antworten wie "Nein, diese Kenntnisse habe ich nicht", "Diese Themen wurden im Studium nicht behandelt" oder "Davon habe ich noch nichts gehört". Katrin Blume, Personalreferentin der Innobis AG, hält diese Reaktionen der Kandidaten für ungeschickt.

Tipp: Schwächen konstruktiv ansprechen!

Blume rät: "Ich empfehle natürlich, in Bewerbungsgesprächen authentisch sowie offen und ehrlich zu sein und Schwächen nicht schönzureden oder zu verschweigen." Allerdings sei es wichtig, sie plausibel zu erläutern und mit einer konstruktiven Einstellung anzusprechen. Der Bewerber sollte darstellen, wie er die Defizite im Rahmen der angestrebten Position abbauen oder welche Maßnahmen er sonst ergreifen möchte, um sich weiterzu- entwickeln. Für den Arbeitgeber sei es wichtig zu sehen, dass sich der Bewerber mit seinen Schwächen auseinandersetzt und bestrebt ist, sie in Angriff zu nehmen.

Das steht doch in meinen Unterlagen!

"Bewerber werden im Bewerbungsgespräch in der Regel nach Details ihres Lebenslaufs gefragt. Manche Bewerber antworten dann irritiert: ,Das steht doch in meinen Unterlagen`," erzählt Simone Leyser, Human Resources Managerin bei DV-Ratio. Sie erklärt, warum Personaler trotzdem nachfragen: "Natürlich lese ich vor einem Interview alle Bewerbungsinformationen. Aber jetzt möchte ich aus erster Hand und in der Gesprächssituation erfahren, wie sich der potenzielle Mitarbeiter nicht nur bei mir, sondern später auch beim Kunden ,verkauft`. Welche Punkte hebt er/sie besonders hervor, wie strukturiert antwortet er?"

Tipp: Nicht zu wortkarg!

Leyser rät: "Stellen Sie sich auf dieses Wissensbedürfnis ein und geben Sie bereitwillig Auskunft. Sehen Sie im Gespräch auch die Chance, individuelle Anforderungen des rekrutierenden Unternehmens herauszufinden, um dann auf diese konkret einzugehen."

Vorsicht beim Du!

"Gerade im IT-Bereich und insbesondere in Startup-Umgebungen wird in Vorstellungsgesprächen von vornherein oder sehr früh zur Du-Ansprache übergegangen", sagt Matthias Busold, Bereichsleiter/Principal bei Kienbaum Excecutive Consultants. Dies dürfe jedoch nicht mit einem lockeren Kaffeekränzchen unter Freunden verwechselt werden.

Tipp: Seien Sie sich stets der Situation bewusst!

"Angemessene Umgangsformen, gewählte Ausdrucksweise und konzentrierte Kommunikation ist stets vonnöten. Ein Abdriften in einen Gassen-Slang aufgrund falsch verstandener Nähe ist immer ein Ablehnungsgrund."

Von Karen Funk