Generationsexperiment Teamarbeit

Was ältere Arbeitslose und junge Entwickler voneinander lernen

08.05.2008
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.

Ältere haben häufig ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein

Die "Senioren" rekrutierte man aus der gesamten Wirtschaftsregion Ostwestfalen-Lippe (OWL), zusammen mit den lokalen Arbeitsagenturen. Acht Bewerber erhielten die Chance eines dreimonatigen Praktikums; geblieben sind schließlich die vier des heutigen Teams. So wurden die neuen "Alten" - wie jeder, der neu anfängt - zunächst in der hauseigenen Akademie geschult; daran schloss sich ein Coaching durch die Senior Professionals innerhalb des Teams an. Auf diese Weise wurden die Senioren zügig an die neue Materie herangeführt. Auch wenn die Erfahrungen mit ihnen naturgemäß individuell unterschiedlich ausgefallen sind - insgesamt ist man bei Itelligence zufrieden mit diesem Pilotprojekt.

Die Mitglieder des Teams haben sich schnell gefunden, so dass alle Seiten profitieren. "Ein Mittfünfziger kann einen Auszubildenden durch seine gewachsene Autorität zum Teil besser anleiten", nennt Blichenberg-Hansen einen Vorteil. Zudem hätten "Senioren" ein anderes Qualitätsbewusstsein, von dem die Jüngeren durchaus lernen könnten. "Bei Junioren fehlt anfangs manchmal das Gespür für die konkreten Auswirkungen in einem Unternehmen, wenn etwas am System verändert wird. Ein Mitarbeiter mit langjähriger Unternehmenserfahrung dagegen kennt die betriebswirtschaftlichen Abläufe und kann daher die Konsequenzen von Veränderungen besser einschätzen." Umgekehrt bringen die Jungen mehr Wissen über neue Technologien und Trends mit und sind häufig bereits vertraut mit neuesten Programmiersprachen.

Konflikte bleiben nicht aus

Bei aller Euphorie: Arbeitslosigkeit hinterlässt Spuren. Für manche ist es zunächst schwierig, wieder acht Stunden und länger hochkonzentriert zu arbeiten. Auch dass es bei den Bielefeldern für Berater und Entwickler so genannte "flexible Büros" gibt, also auch mal unterschiedliche Schreibtische, war zunächst ungewohnt.

Trotzdem hat sich das Experiment nach Einschätzung des Bielefelder Projektleiters gelohnt: "Die Älteren sind sehr motiviert, sich in die fremde Materie einzuarbeiten." Bei besonders zeitkritischen Projekten sitzen sie schon mal abends um acht oder neun noch am Schreibtisch. Im Übrigen decken sich die Erfahrungen bei Itelligence mit verschiedenen Studien. Eine aktuelle Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) widerlegt die Vorurteile, älteren Arbeitnehmern mangele es an Leistungsbereitschaft. So ist laut IW der Wille, durch eigenen Einsatz und Leistung im Leben etwas zu erreichen, für die Mehrheit der befragten Senioren wichtig bis sehr wichtig. Die Motivation sei damit ähnlich wie bei jüngeren Angestellten. Rund zwei Drittel der Über-50-Jährigen arbeitet zudem "mit richtiger Freude", und 55 Prozent seien ihrem Unternehmen "besonders verbunden". Auch die Personalverantwortlichen schätzen laut IW zumeist die Leistungen der Älteren - insbesondere deren Arbeitsmoral, das hohe Qualitätsbewusstsein, den Erfahrungsschatz und die Loyalität. Ohnehin sind sie nach ihrem 54. Geburtstag einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zufolge immer noch leistungsfähiger als die Generation bis 24.

Die Mannschaft von Blichenberg-Hansen ist mittlerweile eine echte Unterstützung im Unternehmen, wie der Teamchef versichert. An der "Naht" zwischen Entwicklung und Support entlastet sie das Projekt- und Inhouse-Geschäft gleichermaßen. Die Mitarbeiter übernehmen Kleinaufträge bei Bestandskunden (Anpassungen, Sonderprogrammierungen etc.) und arbeiten an der Optimierung der produktiven Systeme im eigenen Haus.