Warum sich Vertrauen letztlich auszahlt

03.12.2002
Von Bettina Wirth

Pommesbude oder Kernkraftwerk?

Ein vertrauensvolles Firmenklima könnten die Manager selbst erzeugen, indem sie den „Sprung ins Vertrauen“ wagen: „Machen Sie sich verwundbar“, fordert Sprenger. Weniger Kontrolle verbessere die Bedingungen für Selbstverantwortung und unternehmerisches Handeln. Sprenger erteilt Kontrollmechanismen keine generelle Absage, sondern fordert die Verhältnismäßigkeit von Kontrolle und Freiraum: „Man muss eine Pommesbude nicht führen wie ein Kernkraftwerk.“

Den Punkt nutzt Sprenger für einen Ausflug ins „große Ganze“ und mahnt, dass wir alle empfindsamer gegen die genommene Freiheit werden sollten, sei es bei Sicherheits-Checks in Flughäfen oder beim Zaun um das eigene Grundstück: „Mauern, die andere ausgrenzen, schließen Sie ein.“ Sprenger argumentiert, dass Vertrauen früher auf Langfristigkeit und Gemeinschaft beruhte. Heute, konstatiert er, komme der Mechanismus von gegenseitigem Vertrauen nicht in Gang, weil keine Vertrautheit mehr existiere.

Niemand arbeite mehr in einem bekannten Umfeld; Geschäfts- oder auch persönliche Beziehungen bauten sich in der schnelllebigen Zeit nicht mehr über Jahre auf. Daher sei Vertrauen heute eine aktive Entscheidung. Eine Entscheidung, die durchaus wirtschaftlichen Nutzen mit sich bringt. Denn Vertrauen beschleunigt Prozesse in großen Organisationen, macht flexibler. Es taugt als Führungsinstrument, so Sprengers These, weil es wie Kontrolle funktioniert, ja sogar eine Form der Manipulation ist. Wem vertraut wird, der kann sich dem Verpflichtungssog kaum entziehen. Er wird alles tun, um zu bestätigen, dass ihm zu Recht vertraut wird.

Sprengers These basiert dabei auf der Überzeugung, dass niemand absichtlich Fehler begeht, sondern jeder sein Bestes gibt. Eine Annahme, mit der sich mancher Manager, der überall Böswillen und Unfähigkeit wittert, erst anfreunden muss.

Misstrauen hat System