Guter Chef, böser Chef

Warum sich Freundlichkeit auszahlt

08.11.2007
Von Anja Dilk und Heike Littger

Freundliche Chefs machen mehr Umsatz

Für Chefs, die interessiert und aufrichtig sind, setzt sich ein Team doppelt ein. Einhorns Schlussfolgerung: "Freundlichkeit ist der wichtigste der unabhängigen Faktoren, die bestimmen, wie erfolgreich wir in unserem Leben sein werden. Das gilt auch für Gruppen, Organisationen und Gesellschaften, von denen dauerhaft nur die fürsorglichen überleben." Kürzlich verwies Einhorn in einem Interview auf eine Studie, in der 200.000 Chefs und Mitarbeiter befragt wurden. Ergebnis: Firmen, in denen die Angestellten sehr gut behandelt wurden und am Erfolg teilhatten, waren finanziell dreimal so erfolgreich wie Unternehmen, in denen Mitarbeiter als bloße Manövriermasse fungierten. Verwunderlich ist das nicht. Immer wieder zeigt uns die Neurobiologie, wie sehr das Bedürfnis nach Kooperation und Anerkennung im Menschen verankert ist, wie sehr unsere Gesellschaft auf Zusammenarbeit basiert. Aber gilt dieses Gesetz auch für die Wirtschaftswelt? Geht es Unternehmen tatsächlich besser, wenn sie nette Chefs haben? Lohnt es sich für Mitarbeiter mehr, sich für andere einzusetzen, als auf die eigenen Vorteile zu schielen? Die Skepsis scheint trotz aller Untersuchungen und Studien zu bleiben.

Heinrich Wottawa schmunzelt. "Natürlich ist es wichtig, dass ein Chef als freundlicher Mensch wahrgenommen wird." Aber man müsse aufpassen, nicht in allzu schlichte Polarisierung netter Trottel - eiskalter Macher zu rutschen, mahnt der Professor für Eignungsdiagnostik an der Ruhruniversität Bochum. Freundlichkeit sollte für alle Mitarbeiter selbstverständlich sein, denn sie hilft Reibungspunkte zu vermeiden, signalisiert Interesse und Respekt, manchmal sogar Sympathie. Wer das nicht könne, müsse es lernen. Keine Frage.

Michael Schellberg, Unternehmensberater: "Controller sind keine Erbsenzähler und Vertriebler keine Frontschweine.
Michael Schellberg, Unternehmensberater: "Controller sind keine Erbsenzähler und Vertriebler keine Frontschweine.

Sandra Kramer ist beim IT-Dienstleister Computacenter für das Talentprogramm der angehenden Führungskräfte verantwortlich. Einen Baustein der Ausbildung bildet das zweitägige Seminar bei Michael Schellberg und Moritz Freiherr Knigge. Bei den Unternehmensberatern lernen die zukünftigen Chefs nicht, richtig mit Buttermesser und Hummerzange zu hantieren. Auch wenn man das mit dem Namen Knigge fälschlicherweise assoziieren könnte. Stattdessen erfahren die Teilnehmer, wie Schellberg erzählt, in der unmittelbaren Begegnung, dass Controller keine "Erbsenzähler" und Vertriebler keine "Frontschweine" sind, sondern Menschen mit berechtigten Interessen und Zielen. Und dass Freundlichkeit, Höflichkeit und Respekt erst die Basis dafür schaffen, miteinander reden und arbeiten zu können.