In Stressphasen

Warum die Generation Y auf Pausen verzichtet

21.12.2014
Von 
Bettina Dobe war bis Dezember 2014 Autorin für cio.de.
Ist Work-Life-Balance für die Generation Y doch nicht so wichtig wie angeneommen? Die unter 30-Jährigen arbeiten in Stressphasen ohne Pausen und können auch abends nicht richtig abschalten, so eine aktuelle Studie.

Kaum Pausen und wenig echte Ruhephasen - so sieht die Arbeitswelt der 18- bis 29-Jährigen heute aus, wie eine Umfrage der Karriereberater von Rundstedt unter 665 Berufstätigen ergab. Das gilt nicht nur für die Jüngeren: Vor allem in Stresszeiten kommt Erholung für Deutschlands Arbeitnehmer viel zu kurz.

Mehr als jeder vierte Arbeitnehmer macht fast nie Pause, weil so viel zu tun ist. In Stressphasen verzichtet mehr als die Hälfte der Generation Y auf Pausen. Weder Mittagessen noch kurzes Abschalten sind für etliche drin - dabei sind gerade Pausen wichtig, um Batterien aufzuladen und Burnout vorzubeugen. Auszeiten und vor allem gemeinsame Mahlzeiten fördern außerdem die Kreativität.

Jeder zweite der unter 29-Jährigen kann bei hoher Arbeitsbelastung abends nicht abschalten.
Jeder zweite der unter 29-Jährigen kann bei hoher Arbeitsbelastung abends nicht abschalten.
Foto: kantver - Fotolia.com

Kein Feierabend

Genauso wichtig wie Pausen zwischendrin ist der Feierabend. Doch Abschalten klappt bei vielen auch jenseits des Büros nur selten. Selbst zuhause fällt es vielen Arbeitnehmern schwer, Projekte, Meetings und Co. wirklich loszulassen. In der Umfrage sagte jeder vierte Teilnehmer aus, generell nach Feierabend nicht abschalten zu können und häufig an die Arbeit zu denken. In Stressphasen steigt der Anteil rasant an: In diesen Zeiten geistert knapp der Hälfte der Befragten abends und am Wochenende die Arbeit im Kopf herum. Für die oft gescholtene Generation Y sind die Zahlen noch höher. Jeder zweite der unter 29-Jährigen kann bei hoher Arbeitsbelastung abends nicht abschalten.

Zudem nehmen sich 19 Prozent der Generation Y Arbeit aus dem Büro mit nach Hause. Faul und leistungsunwillig klingt irgendwie anders. Zum Vergleich: Nur etwas mehr als jeder zehnte der Älteren verlassen abends das Unternehmen mit Arbeit unterm Arm.

Die Zahlen scheinen dem gängigen Bild der Generation Y, die besessen ist von Work-Life-Balance, zu widersprechen. Die Jungen stehen im Ruf, hohe Ansprüche an das Arbeitsumfeld zu stellen und häufiger die Sinnfrage zu stellen als andere. Vor allem legen sie Wert darauf, dass sich Beruf und Freizeit vereinbaren lassen, wie eine Studie der Personalberatung Odgers Berndtson ergeben hat. Das widerspricht eindeutig diesen Umfrageergebnissen - oder? Nicht ganz.

Der wahre Grund für wenig Pausen

Zwar verzichten sehr viele Arbeitnehmer aus der Generation Y auf Pausen, wenn viel im Büro zu tun ist. Aber ein Teil der Jüngeren macht generell keine Pausen, auch wenn wenig Arbeit auf dem Schreibtisch liegt: Sie wollen schlicht nicht länger Zeit im Büro verbringen als nötig. Laut der Umfrage lässt jeder Vierte der 18- bis 29-Jährigen die Pausen ausfallen, um früher Feierabend machen zu können.

Das passt zu den Ergebnissen einer anderen Studie, für die 1000 18- bis 32-Jährige befragt wurden. Die Untersuchung der Unternehmensberatung Consulting Cum Laude hat ergeben: Für 62 Prozent der Generation Y ist das Privatleben das Wichtigste in ihrem Leben, nicht der Beruf. Umgekehrt war nur jeder zehnte der "Ypsiloner" der Meinung, dass der Beruf das Wichtigste im Leben sei. Und mehr als die Hälfte der Jüngeren ist der Ansicht, dass es für sie das Wichtigste sei, Beruf und Privatleben zu verbinden.

Konsequenzen für den Chef

Beide Studien machen deutlich: Wenn Führungskräfte Mitarbeiter der Generation Y unter sich haben, müssen sie sich wohl umgewöhnen. Auch an Chefs stellen die Jüngeren deutlich andere Anforderungen als etwa die Generation X. Ein kontrollierender Führungsstil war gestern, stattdessen wollen sie individuelle Förderung und Respekt und Lob für ihre Leistungen.

Die Generation Y setzt auf gegenseitige Fairness im Arbeitsklima, auf persönliche Wertschätzung und auf ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis. Herumkommandiert zu werden, das passt den Jüngeren gar nicht. Auf Druck reagieren einige der in Studie Befragten gerade zu allergisch, stattdessen setzen sie eher darauf, dass ihr Vorgesetzter sie anspornt und sie an der Lösung von Problemen beteiligt. Wenn das alles erfüllt ist, dann verzichtet die Generation Y auch mal auf Pausen in Stresszeiten und nimmt Arbeit mit nach Hause.