Die Dimension „Information“ im Reifegradmodell von IDC:

Warum die Digitale Transformation einen gänzlich neuen Umgang mit Daten erfordert – der maßgeblich vom CIO getrieben werden muss

23.09.2016
Von 
Phil Carter ist Associate Vice President, IDC European Software
Anzeige  Aktuell sind viele Unternehmen zu beobachten, die ihre Geschäftsmodelle im Rahmen der Digitalen Transformation teils sehr massiv oder sogar disruptiv umgestalten wollen. Viele der damit verbundenen Initiativen sind direkt vom CEO getrieben. Nach Schätzungen von IDC werden bis Ende 2016 zwei Drittel der CEOs der 500 größten europäischen Unternehmen die Digitale Transformation ins Zentrum ihrer Unternehmensstrategie gerückt haben.

So hat beispielsweise der weltbekannte Landmaschinenhersteller John Deere eine neue Arbeitsgruppe (Intelligent Solutions Group) im Unternehmen verankert, um sich im Equipment-Geschäft mithilfe der Möglichkeiten des Internets der Dinge (IoT) von seinen Mitbewerbern zu differenzieren. BMW-CEO Harald Krüger wiederum möchte, dass sein Unternehmen "die Digitale Transformation in der Automobilindustrie in führender Position mitgestaltet". Doch nicht nur Industrieunternehmen setzen sich Ziele dieser Art. Auch der Vorstandsvorsitzende des spanischen Finanzdienstleisters Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA), Francisco Gonzalez, hat unlängst erklärt, sein Unternehmen müsse auf dem Weg zur "besten digitalen Bank des 21. Jahrhunderts" in gewisser Weise erst einmal ein "Software-Unternehmen" werden. Gonzales sieht in den "riesigen Mengen bereits gespeicherter Kundendaten einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil, wenn es gelingt, diese Informationen in echtes Wissen umzuwandeln - denn damit kann die Bank ihren Kunden Produkte und Services anbieten, die deren Bedürfnissen noch besser entsprechen." Aus diesem Grund hat die BBVA den spanischen Big-Data-Spezialisten Madiva erworben. Ganz ähnlich beschreibt die Barclays Bank in Großbritannien ihr Ziel, ein "Informationsbusiness" zu werden. Der Erfolg der Digitalen Transformation all dieser Unternehmen hängt weitgehend davon ab, wie sehr der (veränderte) Umgang mit den (neuen) Daten und Informationen im Kern ihrer digitalen Initiativen verankert ist.

Um Unternehmen aller Branchen und Größen dabei zu unterstützen, die mit der Digitalen Transformation gesetzten Ziele zu erreichen, hat IDC ein spezielles Reifegradmodell entwickelt, den IDC Digital Transformation MaturityScape. Das Modell soll Managern aus der IT und dem Business helfen, die Herausforderungen und Chancen der Digitalen Transformation zu erkennen und dem Unternehmen nutzbar zu machen. Das IDC Reifegradmodell setzt sich aus den fünf Dimensionen "Leadership", "Omni-Experience", "WorkSource", "Operating Model" und "Information" zusammen. Jede Dimension deckt dabei einen Schlüsselbereich in Bezug auf die Anforderungen und notwendigen Kompetenzen der Digitalen Transformation ab. IDC definiert Digitale Transformation als Herangehensweise, mit der Unternehmen durch den Einsatz digitaler Technologien und Kompetenzen Veränderungen in ihren Geschäftsmodellen und ihren geschäftlichen Ökosystemen vorantreiben.

Für den Erfolg der Digitalen Transformation kommt der Dimension "Information" eine zentrale Bedeutung zu - mit unmittelbarer Auswirkung auf die Rolle des CIOs. Denn nicht von ungefähr ist "Information" Hauptbestandteil seiner Funktionsbeschreibung. IDCs Standpunkt hierzu ist klar: Der CIO ist entscheidend für den Wandlungsprozess der Dimension "Information" - und wird somit automatisch zu einem der maßgeblichen Treiber der Digitalen Transformation insgesamt. Eine seiner Hauptaufgaben wird darin bestehen, unternehmensweit für korrekte, vollständige und konsistente Daten zu sorgen.

Die Dimension „Information“ und deren Teilaspekte
Die Dimension „Information“ und deren Teilaspekte
  • Data Discovery - Digital ausgeprägte Unternehmen beobachten und bewerten proaktiv andere Branchen, um dort zu lernen und laufend neue "digitale" Maßnahmen zur Verbesserung/Ausweitung ihrer eigenen Information-Management-Strategie abzuleiten.

  • Value Development - Digital ausgerichtete Unternehmen sind in der Lage, kontinuierlich neue datenbasierte Geschäftsmodelle zu entwickeln - und richten zu diesem Zweck beispielsweise spezielle Data Innovation Labs ein.

  • Digital Value Realization - Digital transformierte Unternehmen können mithilfe neu geschaffener analysebasierter Anwendungsfälle neue Geschäftsmodelle identifizieren und hieraus Umsatz generieren - insbesondere im Kontext des Internets der Dinge.

  • Knowledge and Collaboration - Unternehmen mit einem ausgeprägten digitalen Geschäftsmodell setzen auf einen aktiven Austausch von Informationen, teamübergreifende Zusammenarbeit und das Teilen von Wissen. Sie etablieren ganz gezielt neue Rollen in ihrer Organisationsstruktur, etwa einen Chief Digital Officer.

  • Information Architecture - Digital transformierte Unternehmen haben eine einheitliche Plattform etabliert, die die gewachsene, traditionelle IT-Infrastruktur mit modernen, digitalen Prozessen und Technologien für Big Data, das Internet der Dinge und zunehmend auch Cognitive Computing zusammenführen kann.

Die meisten Unternehmen in Europa stehen - bewertet nach dem Reifegradmodell von IDC - mit ihrer Digitalen Transformation noch in den Anfängen. So zeigen die Untersuchungen von IDC beispielsweise, dass sich bezogen auf die Dimension "Information" 25 Prozent der Unternehmen noch auf der niedrigsten Stufe ("Ad hoc") befinden, die von einer stark fragmentierten Datenstrategie mit isolierten Informationssilos geprägt ist. Insgesamt ist in den Stufen 1, 2 und 3 mit 83 Prozent die große Mehrheit der Unternehmen versammelt.

IDC MaturityScape Digital Transformation: Dimension „Information“
IDC MaturityScape Digital Transformation: Dimension „Information“
Foto: IDC

Zwar haben eine ganze Reihe von Unternehmen neue digitale Anwendungsfälle geschaffen, die nun eine gewisse Wertschöpfung liefern - etwa mit neuen Einsichten in das Kundenverhalten, in Form von Internet-der-Dinge-Szenarien oder ganz allgemein mit einer Straffung der operativen Abläufe. Trotzdem sind viele dieser Unternehmen immer noch damit beschäftigt, diese digitalen Initiativen mit ihrer IT-Plattform, den vorhandenen Systemen und Kern-Prozessen zu verknüpfen. Oftmals sind diese Projekte zu "Innovationsinseln" geworden, die jetzt wieder in die zentralen digitalen Strategien und Initiativen eingebunden werden müssen.

Ein "disruptiver" CIO, der die Digitale Transformation des Gesamtunternehmens im Blick hat, muss daher zwangsläufig einen starken Fokus auf die Transformation der Dimension "Information" legen. Zwar werden auch andere "digitale" Führungskräfte - wie ein etwaiger Chief Digital Officer oder ein potenzieller Chief Data Officer - wichtige Rollen im digitalen Umwandlungsprozess spielen. Wenn es jedoch darum geht, digitale Anwendungsfälle und die vorhandene Kern-IT-Plattform auf einer neuen digitalen Plattform zusammenzuführen (hier zu sehen am Beispiel Lego), ist der CIO gefordert und muss die Initiativen zur Back-Office- und Front-Office-Integration vorantreiben. Die Digitale Transformation ist im Kontext des gesamten Unternehmens zu sehen. CIOs, die frühzeitig danach denken und handeln, werden dem Business und dem Vorstand jederzeit wichtige Impulse geben können, wenn es um die Erweiterung bestehender oder gar um völlig neue, "disruptive" Geschäftsmodelle für ihr Unternehmens geht.

Um den Unternehmen eine Möglichkeit zu geben, den eigenen digitalen Reifegrad in jeder der fünf Dimensionen abzuschätzen, haben IDC und SAP ein spezielles Bewertungstool entwickelt. Dieses Tool soll die Unternehmen zudem dabei unterstützen, sich in einem individuellen digitalen Transformationsprozess offensiv weiterzuentwickeln.