Warum die Commerzbank ihre IT behält

27.10.2004
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Mehr als Vertrags-Management

Für Annuscheit ist das viel beschworene Kostenargument ohnehin schwer nachzuvollziehen. "Wenn man die Mehrwertsteuer bedenkt, nicht vergisst, dass der Dienstleister auch etwas verdienen will, und die Kosten einer Retained Organization in den Business Case einrechnet, dann stellt man fest, dass die eingekaufte Leistung um mindestens 20, wenn nicht 25 Prozent günstiger erbracht werden muss, als dies mit internen Kräften möglich wäre."

Unternehmen, die sich dennoch für das Outsourcing entscheiden, rät der studierte Betriebswirtschaftler, besonderes Augenmerk auf die Retained Organization zu haben: Die inhouse verbleibende IT-Mannschaft sei nicht nur für das Vertrags-Management wichtig. Vielmehr bilde sie im Falle eines Falles die Keimzelle für eine neue IT-Abteilung: "Vielleicht will man das Ganze ja wieder zurückholen." Unter diesem Aspekt müsse die Rumpfmannschaft allerdings mit den Prozessen und der Technik so weit vertraut bleiben, dass sie ohne größere Umschweife wieder eingreifen könnte, falls das erforderlich wäre. Ein weiterer Stolperstein auf dem Weg zum erfolgreichen Outsourcing!

Allerdings hält Annuscheit auch nichts davon, die Flinte zu schnell ins Korn zu werfen, wenn man sich erst einmal für die Auslagerung entschieden habe. Jedes Outsourcing habe zunächst eine "Delle in Bezug auf Qualität und Verfügbarkeit" im Schlepptau. Darauf sollten die Kundenunternehmen vorbereitet sein: "Und dann muss man auch mal die Kraft haben, die ersten zwei oder drei schwierigen Jahre zu überstehen."

Erst mal sehen, was intern geht

Angesichts all dieser Barrieren und Eventualitäten beschloss der Commerzbank-CIO, zunächst die internen Optimierungspotenziale auszuschöpfen gemäß dem Motto: "Die Fertigungstiefe zu verringern ist auch kein Allheilmittel." Mit Unterstützung des Beinahe-Outsourcing-Partners IBM klopft er die eigene Organisation nach Möglichkeiten für kostengünstigere und effizientere Prozesse ab. "Wer das versäumt, hat seine Hausaufgaben nicht gemacht", lautet Annuscheits Credo, "denn wenn er die eigene Kostenbasis nicht kennt, kann er auch das Einsparungspotenzial nicht abschätzen."