Was tun bei Unternehmenskrisen?

Warum der Chef selbst die Weichen stellen muss

30.09.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Entscheidungskultur gefragt statt Harmoniestreben

In "guten Zeiten" neigen (Groß-)Unternehmen dazu, konfliktträchtige Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben, denn alle Unternehmen haben, bildhaft gesprochen, genug zu fressen. Also besteht für ihre Spitzenmanager kein Anlass

  • als Lenker ihrer Unternehmen deren Strategien und Strukturen zu hinterfragen,

  • als oberste Führungskräfte über die Effektivität der Führungskultur ihrer Unternehmen nachzudenken und

  • als oberste Entscheider sich offensiv den Konflikten zu stellen, die jede Kultur-, Struktur-, Strategieänderung mit sich bringt.

Die Folge:

In den Unternehmen entwickelt sich keine "Entscheidungskultur", in der Zukunftsfragen aktiv angegangen werden. Stattdessen macht sich eine "Harmoniekultur" breit, in der jeder versucht, (Interessen-)Konflikte zu vermeiden.

Übersehen wurde dabei:

  • Jede Entscheidung enthält ein Konfliktpotenzial, weil sie stets andere Lösungswege verwirft.

  • Jede unternehmerische Entscheidung ist eine Zukunftsentscheidung und somit mit Risiken verbunden.

  • Zukunftsentscheidungen können, weil sie die Zukunft gedanklich vorwegnehmen, meist nicht im Konsens, sondern nur mit Macht entschieden und umgesetzt werden.

  • Ein Nicht-Einscheiden ist oft folgenschwerer als ein partielles Fehl-Entscheiden, denn mit dem Nicht-Entscheiden geht ein Verzicht auf ein aktives Gestalten der Zukunft einher.

Weil in manchen Unternehmen in den zurückliegenden Jahren notwendige Zukunftsentscheidungen nicht getroffen wurden, gerieten sie in folgende fatale Situation: Ihre Mitarbeiter vergaßen, dass jeder "Organismus" auf Dauer nur überleben kann, wenn er sich kontinuierlich weiterentwickelt. In ihnen machte sich zudem eine Denk- und Verhaltensstruktur breit, die außer Acht lässt, dass Unternehmen Zweckgemeinschaften sind, deren oberstes Ziel es ist, Gewinn zu erwirtschaften. Diesem Ziel ordnen sich alle anderen Funktionen unter.

Dies verdrängten auch viele Führungskräfte. Deshalb mutierten sie von Orientierung bietenden Vorgesetzten zu "Coaches", die sich einseitig um die Entwicklung ihrer Mitarbeiter kümmerten. Sie vergaßen, dass ihre Hauptaufgabe darin besteht, sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter so (zusammen)arbeiten, dass die Aufgaben erfüllt und die gesteckten Ziele erreicht werden.